Erinnerung an die Suezkrise 1956


Gisela Blau

BErn (Weltexpresso) - Im Windschatten der blutigen Ereignisse in Ungarn lancierten Israel sowie England und Frankreich einen Feldzug zum Suezkanal. Die Geschichtsschreibung spricht daher von einer «Doppelkrise». Im Juli 1956 verstaatlichte der ägyptische Diktator General Gamal Abdel Nasser die anglo-französische Suezkanalgesellschaft. Das bedeutete das Ende der kolonialen Weltanschauung dieser Mächte, aber auch das vorläufige Ende der freien Schifffahrt für Israel.

Ausserdem wollte Israel die Angriffe aus dem ägyptisch beherrschten Gazastreifen beenden. Die Franzosen sahen einen Kriegsgrund, weil Ägypten die algerische Freiheitsbewegung FLN unterstützte, und die Briten sahen ihre Ölversorgung gefährdet. England und Frankreich hatten ihre Nato-Partner nicht konsultiert und nicht informiert, was besonders die USA unter Präsident Dwight D. Eisenhower, dem Oberkommandierenden der alliierten Truppen im Kampf gegen Nazideutschland, verärgerte.

Am 31. Oktober 1956 bombardierten die beiden Alliierten ägyptische Flughäfen. Israelische Fallschirmjäger unter Ariel Sharon besetzten den strategisch wichtigen Mitla-Pass im Sinai. Am 5. und 6. November, als in Ungarn russische Panzer den Freiheitskampf zerschossen, landeten französische und britische Expeditionskorps in Ägypten, stiessen aber auf erbitterten Widerstand.

Die Rechnung ging nicht auf. Während keine Regierung die Sowjetunion ernsthaft für ihr Vorgehen in Ungarn kritisierte, schritt nun die Uno ein. Eine Waffenruhe wurde angeordnet, und zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinten Nationen installierten sich Blauhelm-Truppen, um die freie Fahrt durch den Suezkanal zu garantieren.

In der Datenbank der schweizerischen Forschungsgruppe Dodis befinden sich Dokumente, die zeigen, dass zum Beispiel die deutsche Regierung das Ende des westlichen Bündnisses befürchtete. Der schweizerische Aussenminister Max Petitpierre sprach im Januar 1957 vor den Aussenpolitischen Kommissionen des Parlaments sehr ausführlich über eine desolate Weltlage. Algerien, meinte er, könne geregelt werden. Aber im Nahen Osten sei der Konflikt der arabischen Länder mit dem Staat Israel kaum lösbar, vor allem, weil sich die beiden Grossmächte nicht einigen könnten. Den britischen Premierminister Anthony Eden kostete das Suez-Debakel den Job.

Foto: (c) wikidpedia

Info:

Abdruck aus tachles, dem jüdischen Wochenmagazin vom 21. Oktober 2016