Zur Genese des Donald Trump aus Kallstadt
Ernst Hilmer
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - „Ich werde eine große Mauer bauen, und keiner baut bessere Mauern als ich …“ (1989).
„Black guy counting my money, I hate it“. (1989). Der dies sagt, ist Donald Trump, gewählter Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Donald Trump sieht Farbige und Einwanderer als Wurzel allen Übels, wie das der Arbeitslosigkeit und Kriminalität. Donald Trump, mit dem sich gut die Hälfte der politisch „aktiven“ Bevölkerung identifiziert, stammt keineswegs aus einer armen Familie. Wohl aber aus einer Einwanderfamilie.
Der Großvater, Friedrich Trump, ist 1885, unmittelbar nach seiner Ausbildung zum Friseur, in die USA eingewandert. Aus dem kleinen pfälzischen Dorf Kallstadt, in dem der 16-Jährige keine Lebensperspektive erkennen konnte. Nachdem er es in der „Neuen Welt“ durch zweifelhafte Geschäfte zu einem kleinen Vermögen gebracht hat, kehrt er zurück und hält um die Hand seiner Nachbarstochter an. Mit dem Versprechen an die Schwiegereltern, wieder zurückzukommen, geht Friedrich abermals in die USA, zusammen mit seiner jungen Frau, um sich dort das Kapital für eine Existenzgründung in der Heimat anzusparen. 1904 löst Friedrich sein Versprechen ein und kommt mit Frau Elisabeth und Töchterchen Elizabeth zurück, sie wollen sich in Kallstadt niederlassen. Die Pfalz gehört in dieser Zeit zu Bayern. Die bayerischen Behörden lehnen den Antrag Friedrichs auf Wiedereingliederung ab. Man hatte ihm während seiner Abwesenheit die bayerische – und damit die deutsche - Staatsbürgerschaft aberkannt, mit der Begründung, er hätte sich durch seine Ausreise der Wehrpflicht entzogen. Fahnenflucht.
Friedrich muss zurück in ein Land, das er nicht schätzt. Das Heimatrecht in dem Land, das er liebt, wird ihm verwehrt. Die Verletzung, die ihm widerfährt, wird sich tief im Bewusstsein der Familie eingraben. Bis in die dritte Generation werden die Trumps fürderhin all jene hassen, die keine Heimat haben, sie wird all jene verachten, die es nicht zu Grund und Boden gebracht haben. Friedrich bringt es zu einem ansehnlichen Vermögen im Immobiliengeschäft. Noch nicht fünfzigjährig stirbt er an Spanischer Grippe.
Die Geschäfte – und die Familientradition – werden von seinem Sohn Fred weitergeführt. Aus dem mittelständischen Familienunternehmen wird einer der großen „Player“ auf dem Immobiliensektor. Fred herrscht in der Firma als auch in der Familie nach dem Grundsatz: Entweder du bist „Killer“ oder „Looser“. Mitgefühl und Solidarität haben selbst in der Familie keinen Platz. Der ältere Sohn hält diesem Druck nicht stand, er stirbt frühzeitig. Den jüngeren, den widerspenstigen, steckt der Vater in die renommierteste Militärschule der USA. Donald blüht auf – und nutzt seine Erfahrungen später als Firmenerbe. Mit Härte, Rücksichtslosigkeit bis zum Betrug baut er sein Imperium auf.
Doch Geschäftserfolg ist für Donald zweitrangig, nur Mittel zum Zweck. Waghalsige Prestige-Objekte bringen ihn bisweilen bis an den Bankrott. Die Währung, auf die es ihm ankommt, ist Ansehen.
Donald Trump genießt sich in seiner Rolle der grundsätzlichen Opposition gegenüber dem Staat und gegenüber dem Establishment. Es ist, als würde ihm die späte Rache Genugtuung geben, die Vergeltung gegenüber dem „Staat“, der seinen Großvater so tief gedemütigt hat. Dieses Gefühl der Hilflosigkeit, der Demütigung durch eine omnipotente Macht kann nur aufgehoben werden, indem man sich selbst diese Macht aneignet. Die Macht, über Mitmenschen aus und in aller Welt zu verfügen.
Das Geheimnis des Erfolges Donald Trump liegt in seinem Familienerbe. Es ist der sichere Instinkt, die Gabe, den Menschen, den sozial Ausgegrenzten, den Zurückgewiesenen und den von sozialem Abstieg Bedrohten, das Gefühl zu geben, sie könnten Teil sein dieser Macht, als „American“. Das Gefühl über den Schwächsten der Gesellschaft zu stehen, den „Blacks“, und den „Latinos“, das befriedigende Gefühl des Verachtenden. Und das Gefühl, dass dieser omnipotente Staat in der Lage sei, sie vor dem von diesem selbst geschaffenen Bedrohungspopanz der weltweiten „islamistischen Gefahr“ zu schützen. Aus (realer) Ohnmacht wird (virtuelle) Macht.
Für Donald Trump ist die Macht real. Er hat die Wahl gewonnen. Ihm und seiner Familie wurde in der dritten Generation Genugtuung zuteil. Das Ressentiment hat gesiegt.
P.S. "Biederkeit" bezieht sich auf einen Vers im "Pfalzlied":
"Ja, schön bist du, o Fleckchen Erde am deutschen Strom, am grünen Rhein,
du Land voll Biederkeit und Treue, du Land im Frühlingssonnenschein!"
Fotos: (c) -Kallstadt--Trump, DIE-WELT
Info:
Dies ist der Vorabdruck eines Artikels, der Ende November in der digitalen Frankfurter Literatur- und Kulturzeitschrift „BRÜCKE unter dem MAIN“ erscheint, die vom Verein PRO LESEN in Frankfurt-Sachsenhausen herausgegeben wird.