Die aktuelle Fortsetzung eines Limburger Skandals
Klaus Philipp Mertens
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - In Limburg an der Lahn verliert die Demokratie offenbar endgültig ihre Glaubwürdigkeit.
Zur Erinnerung: Es geht (immer noch) um die Anti-Naziaufkleber-Aktion des Sozialpädagogen Ralf Bender vom April 2013. Und obwohl die Tatsachenlage eindeutig ist, relativieren die Mehrheit der Stadtverordneten und der Magistrat in Limburg die tatsächlichen Ereignisse und drücken sich vor einer ehrlichen Stellungnahme. Statt zuzugeben, dass die seinerzeit Verantwortlichen juristisch und politisch zweifelhaft gehandelt hatten, als sie Ralf Bender in einen Schadensersatzprozess zwangen, gegen die Verursacher der Nazi-Schmierereien jedoch keine Strafanzeige stellten. Zudem lassen die Abrechnungen über Arbeitsstunden und Material, welche die Stadt im Zivilprozess gegen Ralf Bender vorlegte, mutmaßen, dass es die Behörde bei kommunalen Leistungen nicht allzu genau nimmt. WELTEXPRESSO hatte darüber zuletzt am 7. Dezember 2016 detailliert berichtet („Limburger Legenden“).
Die Fraktion der Linken in der Stadtverordnetenversammlung hatte im September vergangenen Jahres vor dem Hintergrund des „Falls Bender“ beantragt, bürgerlich-demokratisches Engagement zu würdigen und fremdenfeindliche, rassistische und neofaschistische Propaganda unmissverständlich zu verurteilen. Mit diesem Antrag sollte dem Eindruck entgegengewirkt werden, dass in Limburg nicht NS-Propaganda verfolgt wird, sondern jene Bürger, die dergleichen entfernen oder unkenntlich machen. Doch der Haupt- und Finanzausschuss der Stadtverordnetenversammlung lehnte nach Beschäftigung mit den entsprechenden Akten ein solches Ansinnen ab. Deswegen steht im März auf Betreiben der CDU ein Gegenantrag zu Abstimmung, der sich „gegen jeden Extremismus“ ausspricht.
Mit Heinrich Heine könnte man antworten: „Ich kenne die Weise, ich kenne den Text, ich kenn auch die Herren Verfasser; ich weiß, sie tranken heimlich Wein und predigten öffentlich Wasser.“ Denn es handelt sich um den sattsam bekannten Versuch, Links und Rechts gleichzusetzen. Und an die unterschwellige Feindseligkeit des Spießbürgers gegen die kritische Intelligenz zu appellieren.
Das „Bündnis Courage gegen rechts“ in Diez und Limburg hat daraufhin einen Flyer in Umlauf gebracht, aus dem ich zwei Kernsätze zitiere:
„Ob nun Linke „Refugees Welcome“ oder Rechte „Ausländer raus“ an die Wand sprühen, ist doch alles das Gleiche - oder? Ja, für die Wand vielleicht.“ Und an anderer Stelle: „Linke eint, dass sie von der Gleichheit der Menschen ausgehen, aber die Rechten befürworten oder akzeptieren eine gesellschaftliche Hierarchie“.
Deswegen sei an dieser Stelle noch einmal nachgefragt: Wer ist eigentlich ein Extremist?
Die Christen frage ich: Wem wird diese Äußerung zugeschrieben: „Ich bin gekommen, dass ich ein Feuer anzünde auf Erden, was wollte ich lieber, als es brennete schon....Meinet ihr, dass ich hergekommen bin, Frieden zu bringen auf Erden? Ich sage: Nein, sondern Zwietracht“?
Napoleon? Karl Marx? Lenin? Jesus? Letzterer war’s (siehe Lukas 12, Verse 49 und 51). Nach den Kategorien, die von der Mehrheit in der Limburger Stadtverordnetenversammlung für zutreffend erachtet werden, muss er eindeutig ein Extremist gewesen sein.
Die Sozialdemokraten frage ich: Warum distanzieren Sie sich nicht eindeutig von allen Versuchen, dem Hakenkreuz einen Heiligenschein zu verleihen? Ihr Parteigenosse Martin Schulz ist in diesem Punkt eindeutig und verurteilt jeden Kompromiss gegenüber Rechtsradikalen. Wollen Sie Ihren Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten an der Lahn zu Fall bringen?
Warten wir also ab, ob die erschreckende Ahnungslosigkeit mancher Limburger Parlamentarier dazu beiträgt, Links und Rechts in einen Topf zu werfen und die deutsche Geschichte zu verfälschen.