Was Josef Schwejk und Donald Trump miteinander zu tun haben

Kurt Nelhiebel

Bremen (Weltexpresso) - So schnell kann es gehen: Gestern noch der schlimme Taugenichts, heute der mutige Kämpfer für Recht und Gerechtigkeit, und alles nur, weil er zornig auf den Boden gestampft und Baschar al Assad zu verstehen gegeben hat: Bis hierher und nicht weiter.

 

Was für eine befreiende Tat, vergleichbar dem Heldenmut des Hundefängers Josef Schwejk, der im Rollstuhl seinem Kaiser dienen wollte und dabei immer wieder rief: „Auf nach Belgrad. Auf nach Belgrad!“, was ihm, folgt man Jaroslav Hašek, einen Artikel mit der Überschrift „Patriotismus eines Krüppels“ in der „Prager Amtszeitung“, eintrug. Aber die Rede soll hier von Donald Trump sein, der über Nacht sämtliche Schlacken eines pöbelnden Witzboldes hinter sich gelassen hat und seither als strahlender Held auf der Bühne des großen Welttheaters agiert.

 

Alle scharen sich jetzt um ihn, etwas unsicher noch, weil keiner so recht weiß, in welchem Gewand der Kriegsheld von heute morgen auftreten wird, mit einem leichten Schauder der Bewunderung für den Großen Bruder von jenseits des Atlantiks, der mit dem Raketenangriff auf eine Syrische Luftwaffenbasis auch die Last von den europäischen Verbündeten genommen hat, heimlich im Bunde mit Wladimir Putin zu sein, dem Schutzpatron jenes Baschar al Assad, der seit 2011 wie es heißt Krieg gegen das eigene Volk führt. Auch mit Giftgas, aber das weiß man nicht so genau. Egal. Wenn Trump mit dem Raketenangriff die russische Vormacht in Syrien herausfordere,“ schreibt Stefan Kornelius in der „Süddeutschen Zeitung“, dann belege er damit einerseits seine Unerschrockenheit oder gar Wurstigkeit, andererseits müsse man Trump zumindest zugestehen, „dass sein Instinkt stimmt“. Der Weg zu einer Lösung des Syrienkrieges führe nun mal zunächst über Moskau.

 

Ja, dort sitzt der Feind, um den es in Wirklichkeit geht. Ihm ist es nach westlicher Logik zuzuschreiben, dass die Vereinten Nationen dem vom syrischen Volk gewählten Präsidenten mit der falschen, weil sunnitischen und nicht schiitischen, Religion nicht schon längst einen Riegel vorgeschoben haben. Alles wäre eitel Sonnenschein, würde Syrien so regiert wie Saudi-Arabien. Nicht weniger als 123 mal hat Moskau seit Bestehen der UNO im Sicherheitsrat von seinem Vetorecht Gebrauch gemacht, ein Spitzenwert wenn man darüber hinwegsieht, dass die drei Westmächte USA, Großbritannien und Frankreich zusammen 132 mal politisch unliebsame Beschlüsse durch ein Veto blockiert haben. Dagegen fallen die sechs Einsprüche der kommunistischen Weltmacht China kaum ins Gewicht.

 

Der Versuch, Russland für die Giftgasopfer in Syrien verantwortlich zu machen, ist ebenso durchsichtig wie kurzsichtig. Alle Beteiligten wissen, dass der Syrienkonflikt nur mit und nicht gegen Russland beigelegt werden kann Was es mit dem vermeintlichen Giftgasangriff auf sich hat, wird die Welt möglicherweise niemals erfahren. Andererseits ist nichts so fein gesponnen, „es kommt doch ans Licht der Sonnen“. Die Nazimachthaber haben auch nicht geglaubt, dass sie einst vor aller Welt als Drahtzieher des Überfalls auf den Sender Gleiwitz bloßgestellt würden, der als Vorwand für den Überfall auf Polen herhalten musste. Ebenso wenig hat die amerikanische Regierung damit gerechnet, dass die von ihr präsentierten Luftaufnahmen von angeblichen irakischen Massenvernichtungswaffen, die sie zum Anlass nahm, die Brandfackel in das nahöstliche Pulverfass zu werfen, eines Tages als billiges Täuschungsmanöver entlarvt würden. Schwejks „Auf nach Belgrad“ war als Satire auf die Feindschaft der Habsburgermonarchie gegenüber den slawischen Serben gedacht; diese Feindschaft hatte den Ersten Weltkrieg zur Folge. Was ein „Auf nach Damaskus“ nach sich zöge – wer möchte sich das wohl vorstellen.

 

Foto: Das ist die Zeichnung, die Josef Lada zu "Auf nach Belgrad" gezeichnet hat. Sie ist aus dem ersten Band der Abenteuer des braven Soldaten Schwejk abfotografiert. Das Buch stammt aus dem Jahr 1955, erschienen beim (c) Dietz Verlag Berlin.