Wie weiter mit der SPD?

Kurt Nelhiebel

Bremen (Weltexpresso) - Nur eine Partei die so verunsichert ist wie die SPD, konnte sich in die Illusion flüchten, mit einem Wechsel an der Spitze ließe sich alles zum Besseren wenden. Ein Grashalm wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht, besagt ein chinesisches Sprichwort.
Zerknirscht meinte der SPD-Vorsitzende Martin Schulz am Abend der Wahlniederlage seiner Partei in Nordrhein-Westfalen, er sei schließlich kein Zauberer. Wussten das die Beteiligten nicht?

Alles Analysieren wird nichts daran ändern, dass die SPD niemals zu alter Größe zurückkehren wird, wenn sie nur die bessere CDU sein will. Die überwiegende Mehrheit der Wähler empfindet die Sozialdemokratische Partei seit langem nicht mehr als Alternative zu den „Schwarzen“, sondern als deren Schildknappen, mit dem sich bequem regieren lässt. Neun Vorsitzende hat die SPD in den vergangenen 20 Jahren verschlissen, ohne an ihrer Grundmisere etwas ändern zu können – ihrer schwindenden Glaubwürdigkeit als Vertreterin der sozial Schwachen und Benachteiligten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Partei 44 Jahre lang mit insgesamt drei Vorsitzenden aus, Kurt Schumacher, Erich Ollenhauer und Willy Brandt. Was danach kam war Durchschnitt, gekrönt von Gerhard Schröder, der um des Beifalls der Wirtschaft wegen deren Drecksarbeit beim Abbau sozialer Errungenschaften verrichtete und seiner Partei damit jenen Klotz ans Bein band, den sie nicht mehr los wird. Da nutzt es wenig, sich wieder einmal eines Vorsitzenden zu entledigen und einen Nachfolger mit dem Heiligenschein neu entdeckter Gerechtigkeit zu präsentieren. Wer dieses Thema Jahrzehnte lang so sträflich vernachlässigt hat, darf nicht davon ausgehen, das dumme Wahlvolk werde die dahinter steckende Absicht schon übersehen.

Nach Meinung der Wahlforscher wurde das Thema soziale Gerechtigkeit zwar angenommen, aber die Menschen haben sehr wohl registriert, dass die SPD nie genau gesagt hat, wie sie das Versprechen umsetzen will. Viele bezeichnen ihre eigene Situation und die des Landes als gut; soziale Verbesserungen halten sie nicht für dringlich. Die Schulmisere beschäftigt sie viel stärker. Da geht es nicht bloß um marode Gebäude und versiffte Toiletten, sondern auch um fehlende Lehrer. (O-Ton Gerhard Schröder: „Faule Säcke“). Klassen, die von Kindern islamisch geprägter Eltern dominiert werden, erfordern mehr Betreuung als üblich. Behinderte Kinder gemeinsam mit anderen zu unterrichten verlangt nach entsprechender personeller Vorsorge.

Als zweitwichtigsten Grund haben die Forscher die Verunsicherung der Menschen durch die veränderte Weltsituation nach der Wahl Donald Trumps ausgemacht, eine Thema, das die SPD vernachlässigt hat. Als Trump in der Woche vor Ostern in der Manier eines Halbstarken die stärkste nichtnuklearer Bombe der USA auf ein, wie es hieß, Tunnelsystem der Terroristen in einer einsamen Berggegend Afghanistans abwerfen ließ, blieb es einem Sozialdemokraten vorbehalten, die Wahnsinnstat als militärisch gerechtfertigt hinzustellen. Die anderen schwiegen betreten. Was den drittwichtigsten Grund angeht, die innere Sicherheit, bläst die SPD prinzipiell ins selbe Horn wie die CDU, von gelegentlich abweichenden Tönen abgesehen, etwa beim Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Das Kernproblem, die durch die Zuwanderer aus islamischen Ländern entstandene Unsicherheit bei Teilen der deutschen Bevölkerung, wird nicht ernst genommen und der AfD oder der CSU für wohlfeile Propagandazwecke überlassen, Thomas de Maiziere nicht zu vergessen, der mit der Idee von der deutschen Leitkultur die Integrationsdebatte wieder einmal ins Abseits geführt hat.


Warum hier nur von der SPD die Rede ist? Weil sich am Schicksal dieser traditionsreichen Partei wie an keiner anderen das Schicksal eines ganzen Volkes ablesen lässt. Der Niedergang der SPD, der ja auch bei den Landtagswahlen im Saarland und in Schleswig-Holstein zu beobachten war, kennzeichnet einen Rechtstrend, wie er auch in anderen europäischen Ländern zu beobachten ist. Dass eine Partei wie die Alternative für Deutschland in ihrem Höhenflug gebremst zu sein scheint, rührt wohl daher, dass Donald Trumps Wüten vielen die Augen dafür geöffnet hat, was von Rechtspopulisten zu erwarten ist. Das Abschneiden der AfD bei der Bundestagswahl wird die Gemüter längst nicht so bewegen, wie das noch vor einem Jahr zu erwarten war. Das der SPD hingegen wohl. Nur sollte die wissen: Ein Grashalm wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht.

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