Solidaritätsfest für Deniz Yücel in Fulda
Hanswerner Kruse
Fulda (Weltexpresso) - Das Fuldaer Duo Marianne Blum & Guido Rohm lud zu einem Abend für den in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel ein. Wenn solche Künstler andere Kreative, Journalisten, Politiker und weiter Interessierte einladen, dann ist klar, das wird keine langweilige Veranstaltung.
„...meine Gedanken / zerreißen die Schranken / und Mauern entzwei / die Gedanken sind frei!“ rief Blum zu Beginn des Abends mit cooler Bluesstimme in das Museums-Café, begleitet von der Slide-Gitarre André Barthelmes. Im Anschluss las Rohm eine eigene bitterböse Satire, wie ein Journalist in einem hessischen Dorf als „Volksverräter“ fast gelyncht wird, weil er Kritisches über die regionale Fußballmannschaft („Arbeitsverweigerer“) schrieb. Vertreter aller demokratischen Parteien in Fulda lasen Texte zur Situation der Menschenrechte in der Türkei und Briefe von Gefangenen. Zwischendurch spielten deutsche mit einem geflüchteten syrischen Musiker dynamisch-rockige Klänge. Es kamen keine Abgesandten von türkischen Verbänden - trotz Einladung „stellen die sich tot“, hieß es.
Als Blum irgendwann ihr Mikrofon wegwarf und unplugged „...Freedom's just another word for nothin' left to lose...“ (Freiheit ist ein anderes Wort, nichts zu verlieren zu haben) röhrte, sangen und klatschten viele Besucher begeistert mit. Deniz hatte ja auch sarkastisch mitgeteilt, er könne hier im Knast ungestört schreiben, weil er keine Angst mehr habe, verhaftet zu werden. Mehrere eingesperrte Journalisten und Künstler hatten ähnlich ironisch über ihre Lage berichtet.
Der zweite Teil des Abends begann mit ausführlichen Informationen des Fuldaer Bundestagabgeordneten Michael Brand (CDU), der sich intensiv um Deniz kümmert: „Mir läuft das Herz über bei diesem Thema!“ Brand gehört zur Gruppe „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ im Deutschen Bundestag, die nicht nur verfolgten Politikern hilft, sondern sich auch um andere Opfer politischer Willkür kümmert. Die meisten seien nicht so prominent wie Deniz, meinte Brand, aber gerade die Unterstützung im Ausland mache es vielen leichter, „ihre Sache durchzustehen.“
Es gab schon Parteifreunde, die überrascht waren, dass Brand sich gerade für den linken Deniz engagiert, der nicht nur in der Türkei als Nestbeschmutzer geächtet wird. Einige vorgelesene Texte des Inhaftierten machten schnell deutlich, dass Deniz - ähnlich wie Jan Böhmermann - oft recht bissig und gerne politisch inkorrekt provoziert. Aber gerade das müsse die Pressefreiheit aushalten, darin waren sich Brand, die Veranstalter und das Publikum einig.
Insgesamt war dieses Treffen, mit knapp einhundert Besuchern, kein Jammerabend. Sondern eine höchst lebendige und vielfältige Antwort auf die „Arschlochisierung“, so Blum, die nicht nur in der Türkei immer stärker um sich greife.
Deniz erfuhr in der Haft von dieser Solidaritätsveranstaltung und bedankte sich, über seine Anwälte und Brand, ausdrücklich bei den Fuldaern („schreibt man das so?“): „Es tut gut zu wissen, dass ich, dass wir, nicht alleine und von der Welt vergessen sind!“
Foto: (c) Hanswerner Kruse
Titel: MdB Brand, Marianne Blum und Guido Rohm
Text: Marianne Blum singt „König von Deutschland“ mit „Gündi“ (F-Tuba) und André (Gitarre)