Aus dem Corona-Newsletter des hr
Sven-Oliver Schibat
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Falls Sie die "Harry Potter"-Bücher gelesen haben, werden Sie meine Anspielung im Betreff dieser E-Mail verstanden haben, aber für alle anderen: Lord Voldemort ist der Ober-Bösewicht in diesen Büchern und alle haben so viel Angst vor ihm, dass sein Name nie genannt wird. Stattdessen ist immer die Rede von "dem, dessen Name nicht genannt werden darf". Daran musste ich denken, als ich gerade gelesen habe, dass sich wegen des Impfstoffs von Astrazeneca inzwischen sogar die Kassenärztliche Vereinigung (KV) und der Städte- und der Landkreistag in Hessen streiten: Weder die Hausärzte, noch die Impfzentren wollen den Impfstoff im Sortiment haben, weil er so oft von den Impfwilligen abgelehnt wird.
"Eine Frage der Fairness und der Solidarität"
Vor allen Dingen über 60-Jährige, für die der Impfstoff empfohlen wird, wollen lieber einen mRNA-Impfstoff von Biontech oder Moderna haben. Der fehlt dann aber für die Jüngeren, die entsprechend länger auf ihre Impfung warten müssen. "Astrazeneca verimpfen wir daher paradoxerweise fast nur an Jüngere", sagt der Wiesbadener Hausarzt Christian Sommerbrodt. Die Impfung wird für viele zu einer Frage der Fairness und der Solidarität.
Abstand zur zweiten Impfung verkürzen?
Neben der Angst vor einer sehr seltenen Hirnvenenthrombose schreckt viele auch der große Abstand zwischen der ersten und zweiten Impfung mit Astrazeneca ab. Vor allen Dingen jetzt, wo für Menschen mit der zweiten Impfung ganz konkrete Lockerungen winken. Nach der Freigabe des Impfstoffs von Astrazeneca will die KV Hessen nach Pfingsten nun eine Impfaktion mit Blick auf die Sommerferien starten. Die Erst- und Zweitimpfung erfolge innerhalb von vier Wochen, nach weiteren zwei Wochen werde der digitale Impfpass zugesandt, teilte die KV in Frankfurt am Dienstag mit. Wer da jetzt aufhorcht, sollte aber nicht vergessen, dass die zwölf Wochen nicht ohne Grund gewählt wurden: Wird der Abstand verkürzt, sinkt der Impfschutz. Nach 12 Wochen liegt der Impfschutz ungefähr bei über 81 Prozent, nach vier bis sechs Wochen sind es nur etwa 55 Prozent. Kann man auch nochmal in dieser Grafik von Quarks bei Instagram sehen.
Es geht voran
Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) hat sich dennoch optimistisch über den Fortschritt der Corona-Impfungen geäußert. Beuth sagte, er gehe davon aus, dass bis zum Ende des Sommers die bis zu vier Millionen Impfwilligen in Hessen zweimal geimpft werden können. Alleine in Wiesbaden wurden bis jetzt schon über 100.000 Spritzen gesetzt.
Alle Kreise unter 200er-Marke
Noch mehr gute Nachrichten gibt es mit Blick auf die Inzidenzen: Inzwischen sind alle Kreise unter der 200er-Marke zu finden und in mehreren Kreisen gibt es bereits wieder "Click & Meet" und weitere Lockerungen. Wie das Land künftig in der Pandemie plant, erklärt Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) gemeinsam mit Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) heute (Mittwoch, 12.5.) in einer Pressekonferenz. Wir werden natürlich auf hessenschau.de darüber berichten. Zudem sendet das hr-fernsehen ab 20.15 Uhr ein "hessen extra" zum Thema.
Kinderärzte warnen vor seelischen Corona-Schäden
Die meisten Erwachsenen dürften Lockerungen geradezu entgegenfiebern - für Kinder und Jugendliche, die gerade eine Menge Dinge verpassen, die man zum Teil nur einmal im Leben mitmachen kann (Einschulungen, Abi-Party, Klassenfahrten, Konfirmation,...) und die sich auch nicht verschieben oder wiederholen lassen, ist Corona aber nochmal ein ganz anderes Thema. Die Marburger Kinderärzte Stephan Nolte und Natascha Gärtner zeigen sich besorgt über den Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie. Gefährlicher als Covid-19 seien für sie die seelischen Schäden. Nolte gibt zu bedenken: "Für ein zweijähriges Kind ist die Pandemie praktisch das ganze Leben." Manche Kinder hätten bisher kaum jemanden außer ihren Eltern ohne Maske gesehen. Kinderärztin Gärtner appelliert vor allem an ängstliche Eltern, dass ihre Kinder wenigstens einen Freund oder eine Freundin treffen sollten. Freunde nicht treffen zu können, belaste auch Jugendliche, so Nolte: "Wir haben Jugendliche hier sitzen, die uns sagen: Wenn ich meine Freunde nicht sehen darf, dann will ich nicht mehr leben."
"Bühne frei!" in der ARD-Mediathek
Jetzt habe ich noch einen Kultur-Tipp für Sie: In der ARD-Mediathek gibt es seit dieser Woche die ersten Videos unserer Aktion "Bühne frei!" zu sehen. Um Künstlerinnen und Künstlern aus Hessen einen Lichtblick zu geben, hat der Hessische Rundfunk Ensembles, Bands und Solisten aller Genres in den Sendesaal des hr in Frankfurt eingeladen, wo diese ein 30-minütiges Konzert geben durften. Die ersten drei Bands und eine Solo-Künstlerin ("Bazu:ka" aus Marburg, Claire Huangci aus Frankfurt, Elda aus Frankfurt und das "Mikail Aslan Ensemble" aus Flörsheim) gibt es jetzt online zu sehen und zu hören. Und die Mischung könnte bunter kaum sein: In der ersten Runde erwarten Sie Rock, Klassik, Weltmusik und Indie-Pop. In den nächsten fünf Wochen gibt es jede Woche vier neue Bands aus ganz Hessen. Reinschauen lohnt sich!
In Hessen hilft der Hessische Rundunk Musikerinnen und Musikern, in Berlin helfen Musikerinnen und Musiker dem Berliner Zoo: Corona hat ein zweistelliges Millionenloch in dessen Haushalt gerissen und um darauf aufmerksam zu machen, haben die Berliner Symphoniker ein Konzert gegeben, das an einem wirklich ungewöhnlichen Ort stattgefunden hat. Wer Klassik und Tiere mag, wird hier auf seine oder ihre Kosten kommen! Übrigens: Auch hessische Zoos haben es dank Corona nicht leicht und so manches finanzielle Polster ist ganz schön geschrumpft. Falls Sie Ihrem Lieblingszoo helfen möchten: Da würde man sich bestimmt über eine kleine Spende freuen.
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