Veröffentlichungen des Paritätischen Gesamtverbandes, Berlin, Teil 303
Der Paritätische
Berlin (Weltexpresso) - Aus dem Hilfsfonds des Bundes für Rehabilitation und Teilhabe können über einen einmaligen Zuschuss gestiegene Energiekosten in Teilen refinanziert werden. Der Zuschuss beträgt i.d.R. 95 % der Differenz zwischen den entstandenen Energiekosten des Jahres 2022 und denen des Jahres 2021. Das Antragsverfahren wird in einer Rechtsverordnung durch die Bundesregierung geregelt. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) hat nun zum Verordnungsentwurf Stellung genommen.
Der Hilfsfonds wurde durch Artikel 3 des Gesetzes zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 20. Dezember 2022 eingeführt und durch den neuen § 36a SGB IX gesetzlich verankert.
Grundsätzlich antragsberechtigt sind demnach
- medizinische Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 15 Absatz 2 SGB VI in Verbindung mit § 38 SGB IX oder nach den §§ 33 und 34 SGB VII besteht oder mit denen ein Versorgungsvertrag nach § 111 Absatz 2, § 111a Absatz 1 oder § 111c Absatz 1 SGB V besteht oder die von der gesetzlichen Rentenversicherung oder der gesetzlichen Unfallversicherung selbst betrieben werden,
- Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation nach § 51 SGB IX (u. a. Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke, Berufliche Trainingszentren),
- Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) sowie
- andere Leistungsanbieter nach § 60 SGB IX, soweit sie Leistungen nach § 57 SGB IX (Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich) erbringen.
Der Zuschuss für WfbM beträgt 95 % eines Fünftels der Kostendifferenz. Weitere Informationen zum Hilfsfonds hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hier zusammengestellt.
In ihrer Stellungnahme begrüßt die BAGFW den Verordnungsentwurf im Grundsatz, weist jedoch insbesondere auf die nachfolgenden Konfliktfelder hin:
- Durch die alleinige Betrachtung der Energiekosten der Jahre 2021 und 2022 greift der Hilfsfonds aus Sicht der BAGFW zu kurz. Auch die Gas-Wärme-Kommission hatte umfassende Hilfen bis mind. April 2024 empfohlen. Mit einem einmaligen Zuschuss für die Energiemehrkosten im Jahr 2022 adressiert der Hilfsfonds jene Kostensteigerungen, die erst und insbesondere in den Folgejahren wirksam werden, nicht. Zudem geht die durch den Gesetzgeber geäußerte Annahme, dass entsprechende Kostensteigerungen ab dem Jahr 2023 und damit eventuell einhergehende Finanzierungslücken durch die Sozialversicherungsträger im Rahmen anstehender Vergütungsneuverhandlungen gedeckt würden, aus Sicht der BAGFW fehl. Die Leistungsträger, hier insbesondere die Gesetzlichen Krankenversicherungen, verweisen auf staatliche Hilfen und negieren Kostenkalkulationen, die die realen Steigerungswerte abbilden. Sofern der Bund keine zeitliche Ausweitung des Hilfsfonds anstrebt, plädiert die BAGFW für eine gesetzlich normierte Verpflichtung zu Neuverhandlungen mit dem Ziel, die Vergütungsvereinbarungen an reale, inflations- und krisenbedingte Kostensteigerungen anzupassen.
- Ein völliger Ausschluss von einem Zuschuss für Einrichtungen und Dienste mit Betriebsbeginn nach dem 31. Dezember 2021 ist aus Sicht der BAGFW unverhältnismäßig. Wie obenstehend bereits ausgeführt wurde, sind die Leistungsträger weder im Rahmen von prospektiven noch im Rahmen von Nachverhandlungen bereit, den Preiserhöhungen angemessen Rechnung zu tragen. Diese dem § 3 Absatz 3 zugrunde liegende Annahme des Verordnungsgebers, die eine generelle Ausschlussklausel für Einrichtungen mit Betriebsbeginn ab 2022 vorsieht, ist demnach anzupassen. Anstelle der Energiekosten aus dem Jahr 2021 sind für Einrichtungen mit Betriebsbeginn ab dem Jahr 2022 aus Sicht der BAGFW stattdessen durchschnittliche Verbrauchswerte heranzuziehen.
- Die BAGFW weist zudem darauf hin, dass Frühförderangebote für Kinder mit Behinderungen und ihre Familien, Einrichtungen und Angebote der Rehabilitation psychisch kranker Menschen sowie ambulante Rehabilitations- und Nachsorgeangebote für von Sucht betroffene Menschen grundsätzlich ebenfalls akut gefährdet sind. Für sie besteht nicht die Möglichkeit, Mittel aus dem Hilfsfonds zu beantragen, obwohl auch hier die Finanzierung, zumindest teilweise, über die Sozialversicherungen erfolgt. Hier bedarf es aus Sicht der BAGFW im weiteren Prozess dringender gesetzlicher Nachjustierungen.
Der Bundesrat hat dem Verordnungsentwurf bereits zugestimmt. Nach Auskunft des BMAS soll die Rechtsverordnung im April 2023 in Kraft treten. Die Stellungnahme der BAGFW sowie das Gesetz zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme sind der Fachinformation als Anlagen beigefügt.