Rassismus 4867Podiumsdiskussion zu Rassismus und Antisemitismus 


Hanswerner Kruse

Steinau a.d. Straße (Weltexpresso) - „Haben wir wirklich ein Problem mit Rassismus und Antisemitismus?“ Zu dieser Diskussion lud die Ahmadiyya-Gemeinde Interessierte ins Theatrium.


Zur Einführung erklärte Steinaus Bürgermeister Christian Zimmermann (parteiunabhängig), dass die Frage, wer in unserem Land bleiben dürfe, „menschenunwürdig“ sei. Probleme und Konflikte mit Migranten in seiner engagierten Rede klammerte er nicht aus, verwies aber darauf: „Es ist traurig, wenn Probleme des Zusammenlebens pauschalisiert werden. Wir haben keine einfachen Zeiten, dennoch müssen wir verhindern, dass erneut Minderheiten dafür verantwortlich gemacht werden.“

Vor dem Podiumsgespräch stellte sich die Ahmadiyya-Gemeinde vor und bekannte deutlich: „Es gibt in der Welt keinen Raum für Diskriminierung... Liebe für alle, Hass für keinen!“ Die Runde begann mit der Frage, wie man der AfD begegnen könne, die in Steinau bei der letzten Wahl teils 30 bis 40% der Stimmen erhielt. Der ehemalige MdL Heinz Lotz mahnte auf dem Podium, sich zu engagieren und mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, um sie für die demokratischen Parteien zurückzugewinnen.

Im Gespräch mit dem Publikum wurde deutlich, dass Bildung, Bildung, Bildung unglaublich wichtig sei. Da aber auch junge gebildete Menschen in den sozialen Medien, der AfD und anderen Verschwörungserzählern alle Fakenews glaubten, sei die Entwicklung von Medienkompetenz und Debattenkultur notwendig. Um 18:40 Uhr wurde eine Schale mit Datteln herumgereicht, die bei Muslimen (wie den Ahmadiyyas) im Ramadan bei Sonnenuntergang das tägliche Fasten beendet.

Die leitende Kriminaldirektorin der Polizeidirektion Main-Kinzig, Ute Jacobs, antwortete auf die entsprechende Frage, es gebe im Main-Kinzig-Kreis zunehmend mehr „populistische Delikte“ wie rassistische oder antisemitische Schmierereien und Graffitis. Und im Internet würden viel mehr Hassbotschaften verbreitet. Aber direkte Beleidigungen oder tätliche Angriffe seien eher gering. Gegen Rassismus in der Polizei werde auf vielen Ebenen „gute Arbeit“ geleistet. Das bekräftigte auch Steffen Behme (Partnerschaft für Demokratie) aus dem Publikum: Die Polizei sei heute sehr gut ausgebildet und sensibilisiert, wahrscheinlich gebe es dort weniger Rassisten als in der Bevölkerung.

Müssen Juden oder Muslime in Fulda oder im Bergwinkel Angst haben? Die beiden geistlichen Männer auf dem Podium, Imam Ijaz Janjua (Ahmadiyya Bergwinkel/Fulda) und Wolfgang Hengstler (Jüdische Gemeinde Fulda), verneinten die direkte Bedrohung. Allerdings hätten jüdische Eltern durchaus Angst, ihre Kinder in die Synagoge zu schicken. Ansonsten arbeiteten beide intensiv am Dialog und Brückenbau zwischen den Religionen. Allgegenwärtig war die Forderung nach Begegnung und Bildung in vielen Redebeiträgen, auch aus dem Auditorium. „Widersprecht offen und laut, wenn Lügen und Schauermärchen verbreitet werden“, hieß es am Ende.

Danach gab es ein festliches Buffet, zu dem viele Leute blieben und weiter eifrig diskutierten. Hier wurden auch kritische Stimmen laut, warum dieses Treffen der Ahmadiyyas nicht in Schlüchtern stattfand? Oder ob die friedliche Ahmadiyya-Gemeinde eigentlich repräsentativ für Muslime sei? Bedauert wurde von einigen, dass die Zuhörerschaft so großen Raum erhielt, Podiumsmitglieder dagegen eher zu wenig.

Foto:
©  Hanswerner Kruse
v.l.n.r. auf dem Podium: Moderator Steffen Eckel (Theatrium), Ijaz Janjua, Wolfgang Hengstler, Ute Jacobs, Heinz Lotz.