1unVeröffentlichungen des Paritätischen Gesamtverbandes, Teil 921

Redaktion

Berlin (Weltexpresso)  - Zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit zur Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes hat die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) eine Stellungnahme abgegeben.


Hintergrund zum Gesetzesvorhaben:

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis (CanG) am 1. April 2024 wurde der medizinische Gebrauch von Cannabis im Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) neu geregelt. Auf Grund dessen ist die Einstufung als Betäubungsmittel entfallen. Cannabis zu medizinischen Zwecken ist seit Inkrafttreten dieses Gesetzes ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel. Seit Inkrafttreten des CanG ist zu beobachten, dass die Importe von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken über das zu erwartende Maß hinaus ansteigen. Nach den Daten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte hat sich der Import von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken vom ersten Halbjahr 2024 zum zweiten Halbjahr 2024 um 170 Prozent gesteigert.

Gleichzeitig werden vermehrt telemedizinische Plattformen auf dem Markt aktiv, über die Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken bezogen werden können. Erfolgt die Verschreibung nach Ausfüllen eines online-Fragebogens auf einer Telemedizinplattform und die Versendung der Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken über kooperierende Versandapotheken, so haben Patient*innen weder persönlichen Kontakt zu einem Arzt oder einer Ärztin noch zum pharmazeutischen Personal der Apotheke. Ziel dieses Gesetzes ist daher die Korrektur der beschriebenen Fehlentwicklung bei gleichzeitiger Sicherstellung der Versorgung von Patient*innen mit schwerwiegenden Erkrankungen.

Gesetzliche Regelungsvorschläge:

1. Verschreibung ausschließlich nach persönlichen Arztkontakt

Es soll geregelt werden, dass die Verschreibung von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken nur nach persönlichem Kontakt zwischen Ärztin oder Arzt und Patient* in der Arztpraxis oder im Rahmen eines ärztlichen Hausbesuches erfolgen darf. Damit wird eine ausschließliche Behandlung im Rahmen der Videosprechstunde ausgeschlossen. Bei Folgeverschreibungen ist eine Konsultation pro vier Quartale vorgesehen.

Aufgrund der Suchtgefahr sowie weiterer Gesundheitsrisiken, Nebenwirkungen und unerwünschter Arzneimittelwirkungen erachtet der Gesetzgeber einen persönlichen ärztlichen Kontakt mit der zu behandelnden Person für sinnvoll und geboten.

2. Verbot von Versandhandel

Es soll geregelt werden, dass Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken nicht im Wege des Versandes an die Endverbraucherin oder den Endverbraucher abgegeben werden dürfen. Der Gesetzgeber begründet das Verbot von Versandhandel mit den umfassende Aufklärungs- und Beratungspflichten, die im Rahmen einer persönlichen Beratung in der Apotheke erfolgen müssen. Wegen der Risiken und Gefahren ist das Inverkehrbringen auf dem Wege des Versandes mit Blick auf die Patientensicherheit nicht sachgerecht.

Die DHS spricht sich in ihrer Stellungnahme dafür aus, dass für alle Medikamente mit einem Abhängigkeitspotenzial ein persönlicher Arztkontakt bei der Erstverschreibung verpflichtend sein sollte. Diese Regelung erachtet die DHS für Medizinal-Cannabis genauso für erforderlich wie für die Verschreibung von z. B. Schlaf- und Beruhigungsmitteln oder Schmerzmitteln mit Abhängigkeitspotenzial. Im weiteren Verlauf der Behandlung solle es in der Verantwortung der behandelnden Ärzt*innen liegen, wie oft und in welchen Zeitabständen ein persönlicher Arztkontakt erforderlich sei. Die DHS spricht sich bei fahrlässigem Fehlverhalten bei der Verschreibung für eine effektive Kontrolle und Sanktionierung aus.

Unter Berücksichtigung der genannten Vorschläge hält die DHS eine Beibehaltung der Versandmöglichkeit von Medizinal-Cannabis durchaus für möglich. Wichtig sei jedoch, dass der Gesetzgeber aktuellen Entwicklungen im Bereich der eigentlich verbotenen Werbung entschiedener entgegentritt. Die DHS sieht hier Hinweise auf ein mögliches Ausweichverhalten und fordert deshalb auch eine Weiterentwicklung des Konsum-Cannabisgesetzes unter Gesundheits-, Verbraucher- und Jugendschutzaspekten.

Erneut spricht sich die DHS  für eine deutliche Stärkung der Prävention, Beratung, Behandlung und Sucht-Selbsthilfe aus, die auf allen politischen Ebenen (Bund, Ländern und Kommunen) erfolgen muss.

Der Paritätische ist Mitglied der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Ziel der DHS-Mitgliedsverbände ist es, ihre Fachkompetenz zu Fragen und Problemen der Suchtprävention und der Suchthilfe organisatorisch zu bündeln. Insofern steht die DHS für die Suchthilfe in Deutschland. Die Information und Hilfe für Konsumenten*innen, Missbraucher*innen, Abhängige und deren Angehörige wird in den unterschiedlichen Einrichtungen der Mitgliedsverbände und im Kontakt mit deren Mitarbeiter*innen angeboten und umgesetzt. Direkt zum Internetangebot der DHS.

 

Dokumente zum Download

Hier lesen Sie den Ref-Entwurf zur Änderung des MedCanG. (202 KB)

Hier lesen Sie die Stellungnahme der DHS. (94 KB)

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