Niedersächsischer LandkreistagVeröffentlichungen des Paritätischen Gesamtverbandes, Teil 923

Redaktion

Berlin (Weltexpresso)  - Anfang Juli hat Gesundheitsministerin Nina Warken angedeutet, den erst im Mai 2024 online gegangenen Bundes-Klinik-Atlas möglicherweise nicht fortführen zu wollen und begründete dies mit teuren und bürokratischen Doppelstrukturen. Ein Ende des Klinik-Atlas‘ wäre aus Sicht von Patient*innenvertretungen jedoch ein klarer Rückschritt, gäbe das BMG damit doch die eigene Verantwortung für einen transparenten und unabhängigen Informationszugang zur Krankenhausversorgung aus der Hand.


Der Bundes-Klinik-Atlas: Unabhängigkeit und Einfachheit im Vordergrund

Der Bundes-Klinik-Atlas und das Deutsche Krankenhaus Verzeichnis sind derzeit die zwei wichtigsten konkurrierenden Internetportale, mit denen sich Patient*innen über die Krankenhauslandschaft in Deutschland informieren und das für ihre Behandlung am besten geeignete Krankenhaus finden können. Dabei gibt es konzeptionelle und inhaltliche Unterschiede zwischen den beiden Angeboten.

Der Bundes-Klinik-Atlas ist ein Onlineangebot des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) in Kooperation mit dem Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) und dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK). Seine Einführung wurde im Zusammenhang mit dem im März 2023 in Kraft getretenen Krankenhaustransparenzgesetz beschlossen, das die Krankenhäuser verpflichtet, die erforderlichen Daten zu erheben und zu liefern. Der Bundes-Klinik-Atlas verfolgt dabei das Ziel, die Ergebnisse der gesetzlichen Qualitätsberichterstattungen unabhängig und nutzer*innenfreundlich aufzubereiten: „Die Information der Bevölkerung über die Qualität von Krankenhausbehandlungen muss frei von interessengeleiteten, einseitigen oder für den medizinischen Laien unverständlichen Mitteilungen sein“ schreibt das BMG dazu auf seiner Homepage.

Nutzer*innen können im Portal nach einer derzeit noch begrenzten Zahl von Diagnosen oder Eingriffen suchen und erhalten eine Rangfolge passender Kliniken dazu angezeigt. Bewertungskriterien sind dabei unter anderem Fallzahlen zu den gesuchten Diagnosen und Schlüsselzahlen zum eingesetzten Pflegepersonal. Die Suchergebnisse sind in einem übersichtlichen und leicht verständlichen „Tacho-System“ visualisiert und lassen sich zudem filtern und miteinander vergleichen. Auch lassen sich Zertifizierungen und der Umfang der Notfallversorgung in der jeweiligen Klinik in die Suche einbeziehen. Das Portal soll dabei regelmäßig um weitere Suchkriterien ergänzt werden, etwa die Komplikationsrate oder Anzahl der Ärzte, die beschäftigt werden. Seit dem Start wurde von Fachgesellschaften und Verbänden kritisiert, dass die verfügbaren Daten anfangs fehlerbehaftet oder unvollständig seien. Seitdem ist eine Verbesserung der Datenqualität erfolgt, der Ausbau der Funktionen kommt jedoch nur langsam voran. Die grundsätzlich zu begrüßende Zielsetzung des Angebotes wird dadurch noch nicht vollständig erreicht.

Deutsches Krankenhaus Verzeichnis: Aktualität und Detailschärfe

Das Deutsche Krankenhaus Verzeichnis wird seit mehr als 20 Jahren von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und den 16 Landes-Krankenhausgesellschaften bereitgestellt und hat sich als reichweitenstarkes und breit aufgestelltes Suchportal bewährt, das eine deutlich größere Tiefenschärfe in den verfügbaren Daten aufweist. Dies betrifft sowohl die Anzahl der zur Verfügung stehenden Diagnosen als auch die vielfältigen Filtermöglichkeiten.

So lassen sich zu einer Vielzahl an Diagnosen und ICD- und OPS-Schlüssel suchen und damit eine sehr detailreiche Übersicht erlangen. Auch lassen sich Suchkriterien wie etwa Ausstattungsmerkmale von Kliniken oder zusätzliche medizinisch-pflegerische Angebote einbeziehen.

Die wesentlichen zugrundeliegenden Daten beruhen auf der gesetzlich vorgeschriebenen Qualitätsberichterstattung nach §137 SGB V der Kliniken, Teile der Daten wie Kontaktangaben oder Übersichten über Ansprechpersonen und weitere Angaben können dabei jedoch durch die Kliniken tagesaktuell ergänzt werden.

Die Komplexität der Daten ist allerdings weniger intuitiv aufbereitet und setzt eine höhere Gesundheitskompetenz voraus, um eine Einordnung der Ergebnisse vornehmen zu können. Auch fehlt die leistungserbringerunabhängige neutrale Bewertungsinstanz, die beim Bundes-Klinik-Atlas als zentrales Momentum vorgesehen ist.

Qualität und Transparenz?

Beide Angebote haben Stärken, die im Sinne der Patient*innen weiterentwickelt werden sollten. Das Deutsche Krankenhaus Verzeichnis ist methodisch ausgereifter und inhaltlich verlässlicher, der Bundes-Klinik-Atlas wiederum folgt dem Anspruch, eine transparente und unabhängige Informationsquelle auch für medizinische Laien zu sein.

Eine Zusammenführung der beiden Informationsangebote mit hinreichender Anbindung an das Bundesministerium für Gesundheit könnte dabei einer Verbesserung der Versorgung der Patient*innen dienen, für Orientierung sorgen und zugleich eine objektive Bewertung und Vergleichbarkeit der medizinischen und pflegerischen Qualität einzelner Kliniken ermöglichen. Auch die vielkritisierte Doppelstruktur auf Kosten des Steuerzahlers ließe sich damit auflösen. Mit Blick auf die derzeitigen strukturellen Herausforderungen der Krankenhäuser und des Gesundheitssystems insgesamt spricht einiges für diesen Ansatz.

Hier geht es zum Bundes-Klinik-Atlas und zum Deutschen Krankenhaus Verzeichnis.

Weiterführende Links

Bundes-Klinik-Atlas

Deutsches Krankenhaus Verzeichnis

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