Nicht immer die allerneuesten, aber richtig gute Bücher verschiedener Genres und Themen, Teil 12/30

 

 

Manfred Schröder

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Da waren wir zu vorschnell mit dem Lob für den Dichter Bert Brecht und seinen Komponisten Kurt Weil für das gemeinsame Ballett DIE SIEBEN TODSÜNDEN, denn das damit im Zusammenhang stehende Buch kommt erst jetzt. Sie aber sollten sich dieses auf die Kleinbürger bezogene Singspiel anhören. Köstlich und unter die Haut gehend, weil wahr.

 

WIE UNS DER TEUFEL REITET

 

So heißt der Titel des Buches von Heiko Ernst, das den Untertitel VON DER AKTUALITÄT DER 7 TODSÜNDEN trägt und im Ullstein Verlag erschienen ist. Fragen Sie einmal herum, welches die sieben Todsünden sind. Die wenigstens bekommen sie original zusammen, denn die erwähnten sieben sind seit Jahrhunderten, ja Jahrtausenden 'in Mode', sie haben aber heute Konkurrenzen bekommen - als Beispiel ist 'Selbstsucht' keine spezifische Todsünde - , wie auch andererseits klassische Todsünden wie die Habgier, die Grundlage eines gesamten Wirtschaftssystems wurde, in dem wir seit Jahrhunderten leben: dem Kapitalismus.

 

So könnte man die Ausgangslage beschreiben, die Heiko Ernst in seinem Vorwort sehr viel detaillierter und umfassender gleichzeitig beschreibt. In der Tat wird umgangssprachlich schnell der Teufel für Fehlverhalten herangezogen. Denn die heutige Zeit hat einen gewaltigen Unterschied geschaffen zwischen dem normativen Vorgaben und dem allgemeinen Verhalten. Insofern sind die sieben Todsünden heute als negatives Verhalten durchaus akzeptiert, will sagen, ihre Relevanz als etwas Schlechtes, was man nicht tun sollte, ist übereinstimmend bejaht, sogenannte political correctness, aber es wird ständig dagegen verstoßen, was man der eigenen Schwäche verdankt oder halt dem Teufel in die Schuhe schiebt.

 

Und welche sind die 7 Hauptsünden?

 

„In der Beschäftigung mit den sieben Hauptsünden im Lauf der Zeit entstand allmählich ein sinnreiches Raster, um menschliche Bedürfnisse und Handlungsweisen im Spannungsfeld von Religion, Moral und Gesellschaft, von Biologie und Psychologie zu beschreiben und zu erklären.“, heißt es auf Seite 10. Wir haben uns den Spaß erlaubt und haben einmal herumgefragt, welche die sieben Todsünden seien. Ein breites Spektrum an Sünden wurde uns aufgetischt, die meist aus den Folgen einer Todsünde bestanden, wie 'lügen' oder 'betrügen', 'töten' oder 'schlecht über einen reden'.

 

Nein, die sieben Todsünden sind seit dem 5. Jahrhundert n. Chr. festgeschrieben und sind: HOCHMUT, HABGIER, NEID, ZORN, TRÄGHEIT, VÖLLEREI UND WOLLUST und wurden auf den spätmittelalterlichen Fresken und auch Bildern personifiziert und mit ihren lateinischen Bezeichnungen verwandt.

 

Was Heiko Ernst in seinem Buch leistet, das ist, alle heutigen Unsitten oder auch Todsünden, eben wie die Selbstsucht, die mangelnde Empathie, die Fremdenfeindlichkeit und den Haß, den Geiz und das Gefühl, daß es langt, wenn es einem selbst gut geht, oder auch seinem Land gut geht, diese menschlichen Gefühle und Handlungsweisen alle in den herkömmlichen Todsünden unterzubringen und mit psychoanalytischen Hilfestellungen uns selbst zu erklären, weshalb wir immer wieder anders handeln als wir selbst wollen. Denn tatsächlich ist es eine Kulturleistung, daß diese sieben Todsünden zumindest offiziell als negativen Verhalten verpönt sind.

 

LIEBE UND TOD

 

Einen Rundumschlag bringt das kleine feine graue Buch LIEBE UND TOD, das BRENNPUNKTE MENSCHLICHEN DASEINS in den Blick nimmt. Tobias Trappe hat es herausgegeben und viele haben daran mitgewirkt. Ein Hauptteil der Beiträge entstammt einer Tagung mit dem gleichen Titel an einer katholischen Akademie. Der Radius geht aber weit über den religiösen Aspekt hinaus, weil alle Wissenschaften und Verhaltenslehren sowie Künste mit dazu beitragen, die Weite des Feldes zu sondieren: Todesangst und Todesverdrängung, Sexualität und Tod, das Wagnis der Liebe, Tod aus Liebe?, was auf unsere aktuelle Diskussion der Sterbehilfe schon sehr früh eingeht.

 

Am Besten die Kapitel nicht hintereinander weglesen, sondern immer wieder zum Buch greifen und einen Essay lesen und wirken lassen. Wir wissen, daß man schneller zum Buch greift, wenn gerade eines der Themen einen im wirklichen Leben anrührt oder beschwert.

 

 

Info:

 

Heiko Ernst, Wie uns der Teufel reitet. Von der Aktualität der 7 Todsünden, Ullstein Verlag 2006

 

Liebe und Tod, Brennpunkte menschlichen Daseins, hrsg. Von Tobias Trappe, Schwabe Verlag 2004