Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. Oktober 2017, Teil 3
Hanswerner Kruse
Berlin (Weltexpresso) - Heute empfehlen wir das echte Tagebuch „Unter deutschen Betten“ von Justyna Polanska. Dessen inhaltlich stark veränderte Verfilmung - mit Veronika Ferres - läuft heute auch bundesweit in den deutschen Kinos an.
Die junge Polin Justyna kam vor vielen Jahren als Au-pair-Mädchen nach Offenbach, wurde mächtig ausgebeutet und hatte ständig Hunger: „“Mein Leben in Deutschland war schlimmer, als es in Polen je gewesen war.“ Nach zehn Monaten „wie im Gefängnis“ hatte sie genug deutsch gelernt, um endlich ihr Martyrium zu beenden. Vermittelt durch eine Bekannte arbeitete sie von nun an als Putzfrau.
Lange war sie vielen Klischees über Haushaltshilfen ausgesetzt: „...Putzfrauen sind grundsätzlich böse, sie sind keine normalen Menschen wie alle anderen...“ So sarkastisch, manchmal aber auch traurig, berichtet Justyna von alltäglichem Rassismus, Beschimpfungen, kleinlichen Abrechnungen und schlechter Behandlung durch ihre Arbeitgeber. Doch mit der Zeit schluckte sie nicht mehr alle Kränkungen, sondern lernte sich listig zu wehren. Ihre Erfahrungen erzählt Justyna nicht weinerlich sondern oft humorvoll - sie beschreibt aber auch dankbar die gute Behandlung durch verständnisvolle und großzügige Deutsche.
Sie verliebte sich einige Male und verwurzelte sich in Deutschland, das sie quasi von unten erlebte: „Das Privileg der Putzfrau: der Blick hinter die Kulissen. Das ist mein Beruf. Ich bekomme mit, wie es wirklich aussieht im Leben der Leute. Hinter der Fassade. Und das ist nicht selten ganz anders als das, was sie nach außen präsentieren.“ Die Leute ließen sie hinter die Fassaden und unter die Betten gucken - und dort erlebte oder fand sie Unglaubliches. Bei piekfeinen Leuten befanden sich in Schubladen blutige Slips, Sexspielzeug oder Essensreste. Auf ihrer Top-Ten-Liste von Entdeckungen unter Betten steht an erster Stelle ein mumifizierter, schon seit Wochen vermisster Hamster. Die Klassiker sind natürlich benutzte Tampons und Kondome.
Das Buch ist nicht so eklig, wie diese krassen Beispiele. Sehr humorvoll erzählt sie von ihrer eigener polnischer Hochzeit oder wie ihre Schwester ebenfalls nach Deutschland kam. 20 echt hilfreiche Tipps zum stressfreien Putzen - etwa wie entfernt man diverse Flecken, reinigt Silber oder Fenster - runden das Tagebuch ab. Man kann dem Werk keine große literarische Qualität nachsagen, doch es ist sehr unterhaltsam. Im gleichnamigen Film vermittelt Linda (Veronica Ferres) Justynas Tagebuch gegen deren Willen an einen großen Verlag. So ist der Film gleichsam das Prequel für dieses Buch.
Justyna Polanska „Unter deutschen Betten“, Taschenbuch im Knaur-Verlag, 9,99 Euro
Im Fuldaer CineStar ab 5. Oktober als Film