c reclamNeues Hörbuchprojekt mit Hans Sigl und den größten Literatur-Klassikern von Reclam – veröffentlicht von Sony Music

Eric Fischling

Berlin (Weltexpresso) - Im November dieses Jahres feiert die älteste deutsche Buchreihe, Reclams „Universalbibliothek“, ihr 150-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass veröffentlicht Sony Music am 10.11.2017 die ersten acht der ikonischen, gelben Heftchen als Hörbücher, die parallel auf allen gängigen Streaming-Plattformen zugänglich sind.

Damit wird vor allem die derzeitige Mediennutzung von Jugendlichen erkannt und der Zugang zu wichtiger Literatur demokratisiert.

Die ausgewählten Literaturklassiker, von Annette Droste-Hülshoffs „Die Judenbuche“ bis zu Stefan Zweigs „Schachnovelle“, sind seit Jahrzehnten als Pflichtlektüre fester Bestandteil des deutschen Schulunterrichts. Gerade in Auseinandersetzung mit älteren Werken, deren Sprache und Inhalt als bloßer Text den unerfahrenen Leser oft befremden, ist der Bedarf von Schülern nach einer Hörbuchfassung groß, wobei die Qualität der Lesung nicht nur schulischen Standards genügen, sondern auch dem Rang der Literatur gerecht werden sollte.

Schließlich ist das Hörbuch eben nicht das Medium für gelangweiltes Überblättern oder hastiges Verschlingen vor der Prüfung, sondern für das intuitive und entspannte Kennenlernen wichtiger Literatur. In ihm soll der Vorleser den Sprachrhythmus und die Muse des Originals gekonnt vermitteln.

Darum führt kein Geringerer als Hans Sigl durch die ersten Werke dieser lang angelegten Hörbuchreihe. Seine ruhige und zugleich prägnante Stimme vermittelt die traditionsreiche deutsche Literatur auf neue Art und Weise und schafft dabei ein wahres Hörerlebnis.

Der Schauspieler studierte einst sogar auf Lehramt, bevor er seine Ausbildung am Tiroler Landestheater in Innsbruck absolvierte. Neben seiner jahrelangen Engagements im Fernsehen und als Kabarettist mit eigenem Programm lebt er seine Theaterleidenschaft auch heute noch auf der Bühne aus.

Alle Werke wurden in ungekürzter Fassung – basierend auf den Texten der Reclam-Original-Ausgaben – eingelesen. Folgender Link führt den interessierten Zuhörer zu der jeweiligen Präsenz auf unterschiedlichen Streamingplattformen. Die Reihe wird hier kontinuierlich um Klassiker erweitert:

www.reclam-hoerbuecher.de


Folgende acht Klassiker sind ab dem 10.11.2017 auch in physischer Form im Handel erhältlich und auf der 58. Münchner Bücherschau (15.11.-03.12.2017) vertreten:

2er CD

Gerhard Hauptmann. Bahnwärter Thiel
Die Erzählung gilt als Klassiker des Naturalismus, einer literarischen Strömung des 19. Jahrhunderts, die sich vor allem durch das wissenschaftliche Experiment inspirieren ließ. „Bahnwärter Thiel“, geschrieben vom bedeutendsten Naturalisten: Gerhard Hauptmann, kann auch heute noch begeistern, denn sie verbindet die distanzierte Schilderung des Dorflebens mit bedrohlichen Symbolen, die den Bahnwärter befallen. Die Handlung wird so unerbittlich auf ihr blutiges Ende hingetrieben. Heutige Fans des Horrorfilms werden das zu schätzen wissen. Die Natur ist nicht grün, sondern rot ...

Annette von Droste-Hülshoff. Die Judenbuche
„Die Judenbuche“ gilt als Vorläufer des klassischen Kriminalromans. Doch anders als in diesem wird das Grauen hier nicht einfach detektivisch aufgedeckt und entzaubert, sondern umrahmt als Naturmystik die Handlung. Die spielt sich im 18. Jahrhundert in einem kleinen westfälischen Dorf und dem angrenzenden „Brederwald“ ab. Jener ist für Holzdiebstähle berüchtigt, wird dann Tatort mehrerer Morde und schließlich selbst zum Richter, der sich über die primitive Dorfgemeinschaft mit dem Recht des Älteren erhebt.

Stefan Zweig. Angst
„Angst“ erzählt die psychologische Tortur einer Frau, die ihren Ehemann betrügt und mit dieser Schuld schwer belastet leben muss. Die heikle Situation spitzt sich zu als eine Mitwisserin sie erpresst: Von da an wird die Kombination aus Angst und dem Bedürfnis nach einem Geständnis unerträglich. Die Novelle wurde 1954 unter der Regie von Roberto Rossellini und unter anderen mit Ingrid Bergmann, Mathias Wiemann und Klaus Kinski besetzt, verfilmt.

Arthur Schnitzler. Lieutenant Gustl
Von der Umsetzung als Hörbuch kann dieser Roman besonders profitieren: 1900 erschienen, gilt er als erster, der durchgehend als „innerer Monolog“ verfasst ist. Die banale Handlung: Der junge Offizier Gustl erträgt die Aufführung eines Oratoriums leidlich, wird in der Garderobe beleidigt und hadert daraufhin so sehr mit der Ehre, dass er sich für den Selbstmord entschließt. Leser und Hörer erleben das ziellose Herumstreunen und den autoritären Charakter des Gustl aus der Innenansicht, die nach den Kategorien der Psychoanalyse von Siegmund Freud konstruiert ist.

3er CD

Stefan Zweig. Schachnovelle
Seine „Schachnovelle“ schrieb Stefan Zweig 1942 als letztes seiner Werke im Exil, um das durch die Nazi-Zeit erlittene Trauma zu verarbeiten. Auf der Überfahrt nach Argentinien wird das Schachspiel eines Großmeisters gegen einen übermütigen Herausforderer mit der Hilfe eines Fremden in den letzten Zügen gewendet. Dieser erlernte seine erstaunliche Schachkunst in Gefangenschaft der Nazis, als Trotzreaktion eines humanistischen Geistes, der seine geistigen Fähigkeiten aus welthistorischer Pflicht heraus, trotz Angst und Gewalt, nicht verkümmern lassen konnte.

E.T.A. Hoffmann. Das Fräulein von Scuderi
Im Paris des Ludwig XIV. trägt sich eine kuriose Mordserie zu: Adlige Männer werden auf dem Weg zur Liebsten mit einem Dolchstich ins Herz getötet, ihre Schmuckgeschenke werden gestohlen. Das Fräulein von Scuderi verstrickt sich durch eine leichtfertige Aussage vor dem Sonnenkönig, an dessen Hof sie Dichterin ist, in den weiteren Verlauf des Mordens. Der Stoff ist romantisch und so auch die Erzählweise, wobei deren drängende und verdichtete Darstellung die Charaktere und Schauplätze außerordentlich genau vermittelt, was Lust auf das Studium der historisch belegten Geschehnisse macht.

Gottfried Keller. Romeo und Julia auf dem Dorfe
Wie von Gottfried Keller bezweckt und deshalb in deutschen Lehrplänen fest verankert, soll die Lektüre von „Romeo und Julia auf dem Dorfe“ mit Shakespeares Klassiker im Bewusstsein das Verhältnis vom Stoff zur Gattung, vom Inhalt zur Form, vergleichend untersuchen. Das Dorf im Titel ist das fiktive Seldwyla in der Schweiz, um das sich Kellers berühmter, zwischen 1860 und 1875 erschienener Erzählzyklus dreht. Das in eine idyllische Landschaft eingebettete Geschehen wird episch und nicht dramatisch erzählt und Eigenarten des bäuerlichen Lebens aufgegriffen. Doch die Ehrfurcht vor dem mythologischen Motiv der verhinderten Liebe mit tödlichem Ausgang haben Shakespeare und Keller gemeinsam.

Arthur Schnitzler. Traumnovelle
„Eyes Wide Shut“ von 1999 war der letzte Film des berühmten Regisseurs Stanley Kubrick. Wenigen Kinozuschauern dürfte bekannt gewesen sein, dass dieser auf Schnitzlers 1926 erschienen „Traumnovelle“ basiert. Die Darstellung der Orgie ist in der Novelle natürlich weniger drastisch, sie bildet jedoch den Höhepunkt eines, mit eindringlicher Psychologie geschilderten Horrortrips: Die Eheleute Fridolin und Albertine gestehen sich eines Abends gegenseitig ihre durch die Heirat unterdrückten erotischen Phantasien, was den Ehemann in die Eifersucht und mit kräftig aufgewühltem Triebhaushalt im Gepäck durch das nächtliche Wien scheucht. Verspricht der Morgen Läuterung?

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