37. Litprom-Bestenliste im Winter 2017/18
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Für seine fulminante Berichterstattung über die anlaufenden Filme wird WELTEXPRESSO zu Recht gerühmt. Aber, wenn die Konzentration in einem Feld zunimmt, nimmt sie leicht in einem anderen ab. Das gilt derzeit sicher für Bücher, gleich welcher Coleur. Auch die KrimiBestenListe wird wieder aktualisiert, aber eben auch Litprom! Dieser wichtige Verein im Rahmen der Buchmesse kümmert sich seit über 35 Jahren um Bücher und Autor*innen aus Afrika, Asien, Lateinamerika, der Karibik und der Arabischen Welt.
Es ist insbesondere der Literaturpreis LiBeraturpreis, der jährlich, zuerst vor der Frankfurter Buchmesse, inzwischen auf ihr verliehen wird, der Litprom, den Träger des Ganzen, bekannt gemacht hat. Daß es die dritte Welt mit ihren Autoren in den entwickelten und kaufkräftigen Ländern schwer hat, eben auch, was Übersetzungen in andere Sprachen angeht, ist bekannt. Daß es aber Autorinnen dieser Länder noch sehr viel schwerer haben, fällt meist unter das übliche Raster, daß Frauenbenachteiligung weniger wahrnimmt. Dagegen wurde vor 30 Jahren der LiBeraturpreis eingerichtet, der ausschließlich Frauen und ausschließlich Frauen aus Afrika, Asien, Lateinamerika, der Karibik und der Arabischen Welt auszeichnet.
Für das Prozedere gibt es ebenfalls ein geordnetes Verfahren. Denn jedes Vierteljahr erscheint ein WELTEMPFÄNGER, auf dem - ebenfalls in Bestenlistenform - die geschlechtsunabhängigen Neuerscheinungen dieser Länder verzeichnet und gewertet werden. Der untere Abdruck gilt der neuesten Ausgabe von diesem Winter. WELTEXPRESSO will wieder regelmäßig über den Weltempfänger und seine Auswahl berichten. Diese Bücher sind erst einmal nicht von uns selbst gelesen, sondern in der Wertung übernommen.
Bei den alljährlichen LiBeraturpreisen allerdings haben wir oft eigene Rezensionen möglich gemacht. Und die für das nächste Wochenende hier in Frankfurt geplante Tagung »Ausgezeichnet: Kartographien des Weiblichen. 30 Jahre LiBeraturpreis« werden wir noch groß ankündigen. Denn, so viel kann man schon verraten, es ist eine hochkarätige Besetzung, da viele bisherigen Preisträgerinnen aus dem Ausland anreisen. Die Tagung wird am 27. und 28. Januar im Literaturhaus Frankfurt stattfinden. Mehr ganz bald.
Und nun zum letzten LITPROM
Die 37. Litprom-Bestenliste »Weltempfänger« richtet die Antennen diesmal ganz stark nach Asien aus und empfiehlt gleich zwei Werke aus Vietnam geschrieben aus höchst unterschiedlicher Perspektive; ein hochaktuelles Porträt unserer medialisierten Gesellschaft aus Israel; eine Verarbeitung des Schicksals der Bewohner des Chagos-Archipels, Reflexionen über den Kriegeines Geflüchteten aus Syrien und einen Roman aus Indien mit Innenansichten über den Terror.
Auf Platz 1 behandelt »Endlose Felder« von Nguyen Ngoc Tu kleine und große Ereignisse aus dem Leben der Bewohner des Mekong-Deltas. »Menschenwerk« von Hang Kang aus Südkorea stellt die Frage, wie der allgegenwärtigen Gewalt der Menschen gegeneinander beizukommen ist. Auf Platz 3 findet sich Viet Thanh Nguyens Thriller »Der Sympathisant«, der den Vietnam-Krieg durch die Augen eines kommunistischen Doppelagenten in Kalifornien schildert. »In Gesellschaft kleiner Bomben« von Karan Mahajanauf dem vierten Platz füllt jene Leerstellen gekonnt, die über Anschläge in den Medien häufig offen bleiben. In »Der Tod backt einen Geburtstagskuchen« des Syrers Hamid Abboud auf Platz 5 treffen grotesk anmutende Gedichte auf Ironie und Reflexion über den Krieg. Auf Platz 6 erzählt Shenaz Patel aus Mauritius in »Die Stille von Chagos« von Trauer und vergeudetem Lebensglück der Insulaner. Und auf Platz 7 schafft es schließlich Ayelet Gundar-Goshen mit der »Lügnerin« der Gesellschaft in Sachen Oberflächlichkeit und sexueller Verklemmtheit einen Spiegel vorzuhalten.
1. »Endlose Felder« von Nguyen Ngoc Tu VIETNAM *
Erzählungen. Aus dem Vietnamesischen von Günter Giesenfeld und Marianne Ngo. Mitteldeutscher Verlag, 264 Seiten
Das Mekong-Delta südlich von Ho-Chi-Minh-Stadt: Hier schippern Nguyen Ngoc Tus Figuren über den Fluss und gehen ihren Geschäften nach. Sie schließen Ehen und lassen sich wieder scheiden, verlassen einander und suchen sich später oft lebenslang. Sehnsuchtsvolle Geschichten – knapp und dicht erzählt. Katharina Borchardt
"Herzzereißend, kurz und dicht« schreibt die junge, in Vietnam sehr erfolgreiche Autorin Nguyen Ngoc Tu. Auch sie kommt aus einem einfachen und entbehrungsreichen Milieu. In ihren 14 Erzählungen verhandelt sie aber keine provinziellen Probleme, im Gegenteil: Ihre Geschichten stehen antiken Tragödien in nichts nach. Katharina Borchardt stellt die Autorin und ihr Werk für den Deutschlandfunk vor: Nguyen Ngoc Tu: »Endlose Felder«.
Foto:
Cover 1. Platz © Mitteldeutsche Verlag
Info:
http://www.litprom.de/beste-buecher/weltempfaenger/aktuell-weltempfaenger-37/