Frankfurt Buchmesse 2011, Teil 8: Die Eröffnungsfeier am 11. Oktober
Von Elisabeth Römer
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Seit Wochen wuseln alle, in den letzten Tagen des Messeaufbaus ist es am schlimmsten und dann ist er da, der Moment, dessentwegen alle nach Frankfurt strömen, denn ab nun ist die Buchmesse offiziell eröffnet. Wie es sich für ein Kulturland und eine Kulturveranstaltung gehört mit klugen Reden von hohen Herren und Damen, so hielt der isländische Staatspräsident Ólafur Ragnar Grímsson die Eröffnungsrede seitens des Ehrengastes, aber auch mit literarischen Ansprachen vom weithin bekannten Bestsellerautor Arnaldur Indriðason und der jungen und schon erfolgreichen Schriftstellerin Guðrún Eva Mínervudóttir.
Frauen haben viel zu sagen in Island, nicht nur auf dem Papier, sondern auch im gesellschaftlichen Alltag des Landes. Auch dies merkt man so nebenbei an vielen Selbstverständlichkeiten im Umgang miteinander. Gottfried Honnefelder, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und sein Direktor der Frankfurter Buchmesse handhaben die Eröffnungsfeier sehr routiniert, aber nicht ohne Leidenschaft, und Juergen Boos war für eine Überraschung gut, als er meinte:“Das Neue ist nicht zwangsläufig das Beste, oft ist es nur das Neue.“
Gerade Boos gilt als Motor im Kampf für die Digitalisierung des Buchmarktes, seinem ständigen Plädoyer für das in Deutschland noch wenig verkaufte E-Book, setzte er nun auch nachdenkliche Töne hintan. Ob dies auch damit zusammenhängt und wogegen sich mit Recht der ganze Zorn der Branche richtet, ausgedrückt in den Worten von Honnefelder: dem illegalen Herunterladen von E-Books, die den ordentlichen Verkauf unterlaufe, weshalb er von der Bundesregierung hilfreiche Maßnahmen gegen diesen Betrug verlangte? Diesmal also ist im Zwiespalt zwischen gewünschter Digitalisierung des Buches und den Gefahren, die das freiverfügbare Internet für den Schutz des Urheberrechts zu Lasten aller bedeutet, klar auf den Einsatz um geistiges Eigentum gesetzt worden. Die Debatten um die im Internet zusammengeklauten Doktorarbeiten im letzten Jahr haben diese Gefährdung öffentlich wirksam unterstützt.
Der isländische Staatspräsident Ólafur Ragnar Grímsson setzte auf die literarische Vergangenheit des Landes in seinen Sagas, die die Menschen gestärkt hätten, sich und die Welt ins richtige Verhältnis zu bringen. Daß man als Schriftsteller eigentlich nur in Island leben könne – bei sehr vielen Reisen in die Welt – war dann Plädoyer des durch seine Kriminalromane weltweit bekannten Arnaldur Indriðason: „Wir Isländer haben einen langen Weg hinter uns, der nicht immer einfach war. Nicht, nur im geographischen Verständnis liegt unsere kleine Insel im kalten Atlantik am Rand, sondern auch im kulturellen und geschichtlichen Verständnis. Im literarischen Verständnis.
Wir sind stolz auf die lange und bedeutungsvolle Reise, die wir hinter uns haben. Sie hat uns als Nation stärker als alles andere geprägt und ihren Teil zur Weltkultur – zur Weltliteratur – beigetragen…Die Natur ist rauh, das Klima eines der schlechtesten in Europa, geologisch ist die Insel noch in der Entstehung begriffen, wie ständige Erdbeben und die jüngsten Eruptionen im Eyjafjallajökull und Grímsvotn belegen. Kurzum: ist Island der ideale Wohnort für Poeten und Schriftsteller.“
Seine Kollegin Guðrún Eva Mínervudóttir: „Wir sind dafür bekannt, eine große Literatur- und Kulturnation zu sein und gleichzeitig eine primitive Gesellschaft von Bauern und Jägern, die nichts von Wirtschaft verstehen und davon überzeugt sind, daß es sich bei Banken um Zauberlabore handelt, die aus Luft Geld machen. Dazu fällt mir, ohne daß ich jemandem zu nahe treten möchte, augenblicklich das Konzept des ‚noble savage’ ein, des ‚edlen Wilden‘. Wir haben – stolz auf unsere besondere Stellung – dieses Bild immer eher genutzt, als uns dagegen zu wehren.
Das Stereotyp behauptet, Isländer seien Naturkinder, die an Elfen und Geister glauben. Aber in Wirklichkeit ist unser Verhältnis zur Natur nicht immer ein gutes. Erst in der jüngsten Vergangenheit ist ein gesellschaftliches Bewußtsein entstanden, das die Natur nicht als Feind sieht, mit dem man permanent im Konflikt steht, sondern daß es unsere Verantwortung ist, das Land zu pflegen und zu schützen.“
Das war alles sehr eindrucksvoll und deshalb ist ein Blick zurück zum damaligen Buchmessendirektor Peter Weidhaas angebracht, der die Institution des Gastlandes als Auftritt auf der Buchmesse einführte, was über die Jahre hin eine wahre Erfolgsgeschichte geworden ist, denn es bringt uns mit den weithin unbekannten Literaturen und ihren Schriftstellern auch die politischen Repräsentanten zur Buchmesse nach Frankfurt am Main. Weshalb aber dem isländischen Staatspräsidenten kein bundesdeutscher Politiker auf der gleichen Ebene an die Seite gestellt wurde, verstehen wir nicht. Außenminister Westerwelle waltete seines Amtes und die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth macht sowieso bei diesen Anlässen eine gute Figur. Wo aber bleiben die anderen?
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