Felicitas Schubert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Im Vorfeld gab es durchaus skeptische Stimmen zu diesem Poetikdozenten. Und so manche kräftige Abreibe für die, die für die Auswahl zuständig sind. Doch nach seinen drei Vorträgen zeigen sich Literaturschaffende und Kritiker gleichermaßen beeindruckt von Christian Krachts Poetikvorlesungen an der Goethe-Universität.
Der Schweizer Schriftsteller („Faserland“) sprach an drei Abenden über seine Romane, stellte existenzielle Motive seines Schaffens vor und berichtete unter anderem davon, dass er als 12-Jähriger in einem Internat von einem Priester sexuell missbraucht wurde. Es gelang Kracht, von dem wir lärmendes Getöse oder modisches Gesäusel erwartet hätten, uns zu beieindrucken und zu berühren.
Prof. Susanne Komfort-Hein und Prof. Heinz Drügh, Literaturwissenschaftler der Goethe-Universität, betonen im Interview mit dem UniReport, dass Poetikvorlesungen den Dozenten immer auch die Möglichkeit böten, das eigene Werk zu interpretieren und Fehllektüren entgegenzutreten. Allerdings führe der vom Autor angebotene Zugang keineswegs zu einer einseitigen Auslegung seines Werkes:
„Wir sind [...] davon überzeugt, dass die Kracht-Philologie sich hinfort nicht auf die Suche nach Traumaspuren in Krachts Werk spezialisieren wird. [...] Der
wirklich spannende Aspekt ist, wie Kracht die Poetikvorlesung inklusive seines Bekenntnisses ähnlich metareflexiv angelegt hat, wie seine Ästhetik überhaupt. Es ging ja nicht nur platt um einen Missbrauch und um die Frage, wie diese bislang unbekannte biographische Wahrheit die Texte Krachts steuert, sondern es ging um die hochinteressante poetologische Frage, wie sehr eine solch bedrückende Wahrheit immer auch die Parodie mit sich führt.“
Die weiteren Themen im aktuellen UniReport:
- „Die Goethe-Universität ist ein deutschlandweit herausragendes Modell von Hochschulautonomie.“ Boris Rhein, Minister für Wissenschaft und Kunst, über wettbewerbsorientierte Forschungsfinanzierung, die RMU-Allianz und Perspektiven der hessischen Hochschullandschaft.- Hat Büchner auf Hessisch geschrieben? Der Literaturwissenschaftler Roland Borgards leitet die Büchner-Forschungsstelle, die von Marburg nach Frankfurt wechselt.- Vom AStA in die Pressestelle: Klaus Viedebantt, der Erfinder des UniReport, schaut auf 68 und seine Zeit als Pressereferent der Goethe-Uni zurück.- Musik verstehen von Björk bis Beethoven: Frankfurt mit seinem großen Kulturangebot bietet ein gutes Umfeld für den Bachelorstudiengang Musikwissenschaften. - Zweite Laufzeit des Projektes yourPUSH für Studien-Neuorientierer gestartet: Beratungsangebote für Studienzweifler werden zunehmend angenommen.- Goethe, Deine Forscher: Porträt des Philosophen Marcus Willaschek- Was macht die Literatur mit dem Menschen? Winfried Menninghaus ist Literaturwissenschaftler, der sich nach Jahrzehnten der Beschäftigung mit klassischer und moderner Rhetorik, Poetik und Ästhetik der empirischen Literaturwissenschaft zugewandt hat. - Es gibt kein richtiges Konsumieren im falschen: Kathrin Hartmann, Alumna der Goethe-Universität, übt mit ihren Sachbüchern und Reportagen Kritik am „Greenwashing“ von Unternehmen- Fußball-WM 2018 in Russland: Stimmen aus der Goethe-Universität
Foto:
©
Info:
Der UniReport 3/2018 steht zum kostenlosen Download bereit unter www.unireport.info/72222303
Prof. Susanne Komfort-Hein und Prof. Heinz Drügh, Literaturwissenschaftler der Goethe-Universität, betonen im Interview mit dem UniReport, dass Poetikvorlesungen den Dozenten immer auch die Möglichkeit böten, das eigene Werk zu interpretieren und Fehllektüren entgegenzutreten. Allerdings führe der vom Autor angebotene Zugang keineswegs zu einer einseitigen Auslegung seines Werkes:
„Wir sind [...] davon überzeugt, dass die Kracht-Philologie sich hinfort nicht auf die Suche nach Traumaspuren in Krachts Werk spezialisieren wird. [...] Der
wirklich spannende Aspekt ist, wie Kracht die Poetikvorlesung inklusive seines Bekenntnisses ähnlich metareflexiv angelegt hat, wie seine Ästhetik überhaupt. Es ging ja nicht nur platt um einen Missbrauch und um die Frage, wie diese bislang unbekannte biographische Wahrheit die Texte Krachts steuert, sondern es ging um die hochinteressante poetologische Frage, wie sehr eine solch bedrückende Wahrheit immer auch die Parodie mit sich führt.“
Die weiteren Themen im aktuellen UniReport:
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