fb w3Das Lesefest: Frankfurt liest zum 10. Mal ein Buch. Vom 6. bis 19. Mai 2019 in Frankfurt und Region, Teil 9

Wolfgang Nett

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Im Deutschen Museum für Kochkunst und Tafelkultur unter dem Dach des Hochhauses im Holzgraben 4 empfängt ein gutgelaunter Gastgeber jeden Besucher mit einem Glas Kalte Ende. Ein Salongespräch zieht 30 Menschen in den hellen Raum des Museums. Das jüngste der Frankfurter Museen, erst im November 2015 eröffnet, bezeichnet sich selbst als Ort der Auseinandersetzung, Beschäftigung und Erforschung historischer und aktueller Ess- und Trinkkultur. Viele der Teilnehmer des heutigen Abends sind mit eng dem Museum verbunden.

Der Gastgeber und Moderator des heutigen Abends, Mikael GB Horstmann, führt ein Gespräch mit Autor Asfa-Wossen Asserate. Sein Buch „Manieren“ aus dem Jahr 2003 machte den Großneffen des äthiopischen Kaisers Haile, somit einen Prinzen, deutschlandweit bekannt. Und so wurde an diesem Abend mit Beteiligung der Anwesenden über menschlichen Anstand, das Posen mit Autos und generell den Umgang miteinander gesprochen. Nebenbei lernen wir, dass Freiherr von Knigge im Westend wohnte, ein Name, der an diesem Abend öfter fällt. Denn was ist der Unterschied zwischen Manieren und Etikette? Beides, so Asfa-Wossen Asserate, ist erlernbar, jedoch sind die Manieren ein Spiegelbild der inneren Haltung. Gute Manieren verletzen eben manchmal die Etikette. „Will man wissen, ob ein Mensch Manieren hat, gehen Sie mit ihm essen“, rät er, „dann können Sie gut beobachten, wie er den Kellner behandelt.“

Abwechselnd lesen Gast und Gastgeber, sich an dem großen Tisch gegenübersitzend, Passagen aus Mosebachs Roman vor, die als Gerüst dienen, gute Umgangsformen von allen Seiten zu beleuchten. Wo man beispielsweise im Taxi sitzt, vorn oder hinten (eine endgültige Antwort gab es nicht), dass man die Bundeskanzlerin mit ihrem Titel anreden solle und nicht mit ihrem Nachnamen, und dass Frankfurter Understatement im Straßenverkehr abhandengekommen sei. Über den „Herrenfahrer“ in dem „Buch der Etikette“ von Karlheinz Graudenz und Erica Pappritz aus dem Jahr 1959 lernen wir von rücksichtsvollem Verhalten im Straßenverkehr, das auch heute noch nicht an Relevanz verloren hat.

Auch die Kalte Ente, ein Getränk das besonders bis in die frühen 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts populär war, wurde formvollendet nach über zwei Stunden intensiver Zusammenkunft, neu aufgesetzt: Eine Bowle, die aus Wein und Sekt besteht, aromatisiert mit der äußeren Schale der Zitrone. Der letzte Erzbischof und Kurfürst von Trier soll das Getränk erfunden haben. Er wünschte nach einem Mahl auf der Terrasse anstelle des üblichen heißen Mokkas ein „kaltes Ende“.

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© Wolfgang Nett

Info:
Weitere Informationen zum Programm unter www.frankfurt-liest-ein-buch.de