Felicitas Schubert
Berlin (Weltexpresso) - Auf der 195. Hauptversammlung hatte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels letzte Woche in Anerkennung ihres außergewöhnlichen Engagements für die Leseförderung der Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin Kirsten Boie die Plakette „Der Förderin des Buches“ verliehen. Das war nicht ein der letzten Amtshandlungen des bisherigen Börsenvereinsvorsteher Heinrich Riethmüller, obwohl bei derselben Veranstaltung eine neue Vorsteherin gewählt wurde, die aber erst nach der Frankfurter Buchmesse ihr Amt antritt.
Ende 2017 attestierte die IGLU-Studie fast einem Fünftel der zehnjährigen Kinder in Deutschland, dass sie Texte nicht so lesen können, dass sie den Inhalt auch verstehen. Im internationalen Vergleich stellte sich die Lage noch dramatischer dar: Seit 2001 fiel Deutschland vom fünften auf den 21. Platz zurück. Die Kinderbuchautorin und ehemalige Lehrerin Boie initiierte daraufhin 2018 die Hamburger Erklärung, der sich der Börsenverein gleich zu Beginn anschloss. Gemeinsam forderten sie von der Bildungspolitik in Bund und Ländern eine Leseförderungsoffensive: Um die Lesefähigkeit bei Kindern auszubauen, brauche es umfassende Investitionen in den Bildungshaushalt. Vor allem aber müsse das Thema Lesenlernen in den Fokus der Bildungspolitik rücken. Bis heute haben mehr als 118.000 Menschen die Erklärung unter dem Titel „Jedes Kind muss lesen lernen!“ unterzeichnet. Im Dezember 2018 übergab Kirsten Boie die Erklärung gemeinsam mit dem Börsenverein und dem PEN-Zentrum Deutschland an die Bundesministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek und den damaligen Präsidenten der Kultusministerkonferenz Helmut Holter.
„Wir danken Kirsten Boie dafür, dass sie das Thema Leseförderung mit großer Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen so prominent in die Öffentlichkeit und die Politik getragen hat. Wir werden weiter gemeinsam auf der Hamburger Erklärung aufbauen und nicht nachlassen, bis sich in den Lehrplänen wirklich etwas getan hat, damit wirklich jedes Kind lesen lernt“, sagte der Vorsteher des Börsenvereins, Heinrich Riethmüller.
„Lesen ist nach wie vor das Nadelöhr in die Gesellschaft und die Grundlage für alles Weitere. Wenn ein Fünftel unserer Kinder nicht mehr lesen kann, ist die gesamte Gesellschaft betroffen. Lesen ist kein Nischenthema für Schöngeister. Wir brauchen daher die Unterstützung der Wirtschaftsverbände, der Gewerkschaften, der Kirchen. Wir brauchen endlich ein breites Bündnis für das Lesen“, sagte Kirsten Boie in ihrer Dankesrede.
Mit der Plakette „Dem Förderer des Buches“ bzw. „Der Förderin des Buches“ zeichnet der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus, die mit der Welt des Buches in besonderer Weise verbunden sind. In den letzten fünf Jahren wurden Richard von Weizsäcker, Bernd Neumann, Rachel Salamander, Roland Reuß und Volker Kauder mit dem Preis ausgezeichnet.
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