c buffonaufbereitet in Jacques Cuisin, Naturgeschichten, wbg Theiss, Teil 1/2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Achtung! Das ist ein so schönes und interessantes Buch, daß Sie es nicht schaffen, es nur mal rasch anzuschauen. So ging es auf jeden Fall mir, als ich in dem prächtigen Bildband blätterte. Erst habe ich mich über manche Abbildungen von Buffon gewundert, wie die Beutelratte auf (Seite 91), an so vielen erfreut, wie dem Stinktier (87), laut gelacht über die Lanzen-Fledermaus (71) und andere köstlichen Tierzeichnungen, und dann war es um mich geschehen, weil ich es jetzt genau wissen wollte, wie es mit dem Marder, dem Hamster, dem Faultier, dem Vielfraß, den Hörnchen, den Bisamratten aussieht, was sie von einander unterscheidet.


Wer das ist, Jacques Cuisin, doch, daß ist auch wichtig, denn er ist der Herausgeber dieses wundersamen Bildbandes, der auf dem fußt, was Georges-Louis Leclec de Buffon, der 1707 in Frankreich geboren wurde und erst andere Tätigkeiten ausübte, die überhaupt nichts mit Tieren oder der Natur zu tun hatten, dann aber die Naturwissenschaften anpeilte und als Lebensleistung auf eine Weise die Tierwelt wissenschaftlich bearbeitete und in den Zeichnungen künstlerisch und liebevoll anteilnehmend aufarbeitete, so daß seine Zeitgenossen zum großen Teil das erste Mal von der Vielfalt der Tiere erfuhren und Tierkunde betrieben.

Erst einmal allerdings wurde er als Mathematiker bekannt und kam über diese in der praktischen Anwendung zu einem Sitz in der Akademie der Wissenschaften, wo er sich dann um Bäume und Forstwirtschaft kümmerte, die Botanik studierte und zum Leiter der königlichen Gärten aufstieg. Und dann traut er sich, seine Studien und das Wissen der Zeit in einer NATURGESCHICHTE niederzuschreiben, die ihm den Ruhm der Ewigkeit, zumindest der französischen garantiert. Wir sind im Zeitalter der Aufklärung und Buffon hat sich in die Reihe der Enzyklopädisten hineingeschrieben, allein 36 Bände erscheinen zu seinen Lebzeiten, die Geschichte der Erde, die des Menschen und die der vierfüssigen Tieren. Den Vögeln allein gelten neun Bände und fünf den Materialien. Seine Fachkollegen setzen diese nach seinem Tod fort. Daß er die Entwicklung der Erde und aller Lebewesen fälschlich in sieben Stufen anordnete und glaubte, die Erde sei vor 65 000 Jahren entstanden, ist nicht das Wichtige, sondern, daß er bei den ersten war, die die in der Bibel vertretene Schöpfungsgeschichte ad acta legten.

Seine Zoologie nun schlug seine Leser auch deshalb so in Bann, weil er für jede Tierart eine Illustration schuf, schaffen ließ, die als kolorierter Stich die sinnliche Wahrnehmung, die Schönheit der Tiere, ihre Farbigkeit und unglaubliche Vielfältigkeit zeigt und auch deren natürliche Lebenswelt andeutet. Und damit sind wir bei diesem Buch, das allerdings noch eine weitere Vorbemerkung braucht, wenn man sich nicht beschränken möchte, was sich aber auch schon lohnt, die Zeichnungen einfach anzuschauen und die Texte zu lesen. Das macht einen nämlich glücklich.

Die Vorbemerkung bezieht sich auf die Entwicklung der Naturwissenschaften, die damals erst ihre wissenschaftlichen Grundlagen erhielt. Für die bis heute verwendete Systematik, vom Oberbegriff einer Gattung über alle Differenzierungen hat der gleichaltrige schwedische Naturforscher Carl von Linné (1707-1778) - der 1809 geborene Darwin kommt erst hundert Jahre später!- ein System geschafften, das wir bis heute verwenden, das aber Buffon ablehnte. Er wollte stattdessen die Tiere so benennen, wie sie in ihrer jeweiligen Heimat bezeichnet werden. Da kam es natürlich zu Problemen, die Linné in seiner ‚binomalen‘ Klassifizierung ausschloß. Ein groß geschriebener lateinischer Begriff gilt der Gattung, ein zweiter kleingeschriebener der Art, und wenn es not tut, noch ein dritter, falls es Unterarten gibt, wie zum Beispiel Equus quagga quagga. Das ist eine Zebraart, die Quagga genannt wird, nein, genannt wurde, muß man sagen, denn am 12. August 1883 starb diese Unterart in einem Zoo aus, nachdem die in der freier Wildbahn im südlichen Afrika lebenden alle erschossen wurden. Tatsächlich. Und man liest nach, daß zwischen der Entdeckung und der Ausrottung dieses Tieres gerade einmal hundert Jahre liegen. Das soll eben auch zeigen, daß ohne die damalige Klassifizierung und Zeichnung uns ein Quagga überhaupt nicht bekannt wäre.

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Info:
Jacques Cuisin, Naturgeschichten. Buffons spektakuläre Enzyklopädie der Tiere
Hardcover
ISBN978-3-8062-4040-5
Verlag wbg Theiss 2019
304 Seiten
190 farbige Illustrationen