Serie: Bestien von Florenz und das Monster von Perugia: Amanda Knox, Teil 7

 

Felicitas Schubert und Klaus Hagert

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso)Fassen wir die Daten noch einmal zusammen: Am 2. November 2007 wurde die 21jährige Meredith Kercher in ihrem Zimmer in Perugia tot aufgefunden. Am 6. November 2007 verhaftete die Polizei ihre Mitbewohnerin Amanda Knox und deren Freund Raffaele Sollecito.

 

 

Als den eigentlichen Urheber hatte Amanda Knox Patrick Diya Lumumba – schwarzer Musiker und als Barbesitzer ihr Arbeitgeber in Perugia - bezeichnet, der ebenfalls verhaftet wurde. Am 20. November wird der anhand von DNA-Material überführte Täter Guedé verhaftet und am 18. Oktober 2008 zu lebenslänglich angeklagt sowie am 28. Oktober 2008 zu 30 Jahren verurteilt.

 

Erst am 16. Januar 2009 beginnt der Prozess gegen Amanda Knox und Raffaele Sollecito. Am 21. November fordern die Staatsanwälte Mignini und Comodi eine lebenslange Haftstrafe für beide. Am 5. Dezember 2009 verurteilt das Gericht beide zu 26 bzw. 25 Jahren Haft. Am 22. Dezember reduziert das Berufungsgericht Perugia das Strafmaß für Guedé auf 16 Jahre. Seit April 2010 laufen Anträge auf ein Berufungsverfahren seitens der Anwälte von Knox und Sollecito, das am 24. November 2010 eröffnet wird und erst am 3. Oktober 2011 zum Freispruch führt. Sie kehrte sofort in die USA in die Heimatgemeinde Seattle

 

Ein Jahr danach beginnt Amanda Knox mit Hilfe ihrer Aufzeichnungen das vorliegende Buch zu verfassen, das am 30. April 2013 in den USA erscheint. Begleitet im übrigen durch eine lang vorher konzipierte Kampagne zur Korrektur ihres öffentlichen Bildes, hier vorrangig in den USA. Es hatten sich nämlich über das Internet – was wir in allen Besprechungen ungesagt ließen – eine Flut von Anti-Amanda-Seiten weltweit auf die Verfolgung der jungen Amerikanerin als Hexe und Sexmonster eingeschossen, was zeigt, daß die Vorurteile und Zuschreibungen der männermordenden Attribute der Amanda Knox des männlichen Anklägers Mignini durchaus auf fruchtbarem Mist fielen.

 

Eigentlich war klar, daß die Staatsanwaltschaft von Perugia sich mit dem Berufungsurteil nicht zufrieden geben kann, das sie ja als die Dorfdeppen, die sie sind, öffentlich dastehen läßt. Deshalb verwundert uns, daß die Aufhebung des Freispruches durch das höchste Gericht, das Kassationsgericht in Rom, am 26. April 2013 die Betroffenen derart verwundert hat. Damit ist ja nicht automatisch eine neue Anklage für Amanda Knox verbunden, sondern der Tatbestand, daß der Mord an Meredith Kercher neu aufgerollt wird, was angesichts des Durcheinanders, über das wir so sorgfältig wie wir können berichteten, durchaus angebracht ist. Daß überhaupt das Kassationsgericht befaßt wurde, war den Verteidigern und auch der Familie Knox bekannt.

 

Wenn nun, vier Tage vor dem Buch und den vielen Talkshows mit Amanda Knox, selbst Markus Lanz wollte dabei sein, der Gerichtsbeschluß aus Rom solche Überraschungen hervorruft, wundert das also. Denn, wie gesagt, es war bekannt, daß ein Urteil erfolgen wird und sicher ist der Zeitpunkt der Buchveröffentlichung Ende April auch eine Antwort auf das Kassationsgericht. Umgekehrt wird auch ein Schuh daraus. Auch wir haben uns für den Fall Knox und damit für die vorliegenden Bücher stärker interessiert, weil das Verfahren erneut in Gang gekommen ist. Die Buchveröffentlichung fällt also auch auf fruchtbaren Boden.

 

Daß die Familie von Amanda Knox nach der von Anfang an schlechten Presse für Amanda Knox, selbst die Berichte der New York Times vom Prozeß waren gegen sie als Schuldige gerichtet, den Spieß umdrehte und die PR-Agentur Gogerty Marriott beauftragt hatte, das Bild der Tochter in der Welt aufzuhübschen, das hat Früchte getragen. Abgesehen davon, daß es unerträglich sein muß, als Sexmonster durch andere definiert zu werden, ist es das gute Recht der Familie die Außenwirkung der Person Amanda neu zu definieren. Das Irre ist doch, wie das Konzept der Agentur aufgegangen ist und die Einschätzung der Person durch die amerikanische Öffentlichkeit sich geändert hat. Sie gilt heute als unbescholtene Studentin, die aus Naivität in die Mühlen der italienischen Justiz geriet.

 

Wie auch immer. Was uns umtreibt, sind die Ungeheuerlichkeiten seitens dieser italienischen Justiz, weshalb wir an Staatsanwalt Mignini und seinen Helfershelfern dranbleiben werden und das nächste Mal – der neue Prozeß wird für 2. Hälfte 2013 erwartet - von Anfang an dabei sind, wobei wir wissen, daß wir auf die Kollegen Douglas Preston und Mario Spezi zählen dürfen, denen Amanda Knox in ihrem Buch nicht dankt, wofür wir dann wiederum dankbar waren. Denn die eigentlichen Helden sind immer wieder Journalisten, die gegen falsches Zeugnis anschreiben und dabei zwar nicht wie in Diktaturen ihr Leben lassen müssen, aber dennoch - besonders in Italien - viel Ungemach erleiden.

 

Foto: Die ermordete junge Engländerin Meredith Kercher

 

INFO:

 

Douglas Preston, Mario Spezi, Die Bestie von Florenz, Taschenbuchverlag Knaur 2010, 50436

 

Douglas Preston, Mario Spezi, Der Engel mit den Eisaugen, Taschenbuchverlag Knaur 2013, 51346

 

Amanda Knox, Zeit, gehört zu werden, Droemer Verlag 2013

 

ab 3. Juni Douglas Preston & Lincoln Child, FEAR – Grab des Schreckens, Droemer Verlag 2013