Die diesjährigen Litprom-Literaturtage am 24. und 25. Januar im Frankfurter Literaturhaus stehen unter dem globalen Thema MIGRATION, Teil 1/2
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wer im letzten Jahr die internationalen Krimitage miterlebte,die von der Litprom-Bestenliste Weltempfänger veranstaltet waren, der kommt dieses Jahr zu jedem Thema wieder, so erhellend, ja nachgerade spannend wurde das, was sich beispielsweise ein etablierter haitianischer Erfolgsautor mit einer gerade die Bestsellerlisten erobernden koreanischen Debütantin zu sagen hatten.
Beim Thema MIGRATION kann man sozusagen nichts falsch machen, man könnte nur die falschen Leute einladen. Dabei ist von den zehn Autoren und Autorinnen nicht auszugehen, denn sie sind für eine recht neue Entwicklung exemplarisch, die keine Ausnahmen mehr sind und geradewegs zum Schwerpunkt dieser zweitägigen Veranstaltungen führen. Hat man früher unter schriftstellernden Migranten diejenigen verstanden, die meist aus ökonomischen Gründen ein Land der damals Dritter Welt genannten, also weniger entwickelnden Länder verlassen hatten oder aus einer Diktatur geflohen waren und in einem neuen Land sowohl soziale wie politische Sicherheit suchten, so gib es derzeit eine neue Situation, weil sich junge Schriftsteller in andere Länder wechseln, wo sie auch sprachlich Anschluß finden, dann aber auch wieder zurück in die Heimat gehen, diese wieder verlassen, also eine Wanderungsbewegung eingetreten ist.
Wenn von sprachlichem Anschluß gesprochen wird, betrifft das die drei kolonialen Hauptsprachen der westlichen Welt: zuvörderst Englisch, wobei das Commonwealth schon immer Wanderungsbewegungen in besonderer Art zuließen, aber auch Französisch, was für Afrika genauso wichtig oder sogar wichtiger war, wo die nordafrikanischen aufstrebenden Autoren seit jeher nach Frankreich oder Kanada gingen, jetzt auch aus dem Inneren Afrikas dazukommen. Spanien war seit jeher ein Sehnsuchtsland der lateinamerikanischen Welt. Das war so. Das Neue ist nun, daß diese Migranten, die also oft keine eindeutigen Sprachmigranten sind, weil sie die Originalsprachen ihrer Heimat genauso beherrschen wie die jeweilige Fremdsprache Englisch, Französisch oder Spanisch.
Das war eine lange Vorrede, die man sinnvollerweise an den zehn Autoren durchgespielt hätte, was sich an der konkreten Programmgestaltung aber sowieso wiederfindet. Wichtiger ist erst einmal der Hinweis, daß die Frankfurter Buchmesse, die auch bei dieser Veranstaltung dabei ist, im nächsten Oktober als Ehrengast 2020 Kanada begrüßen wird. Kanada aber steht wie kaum ein anderes Land deshalb für LITERATEN OHNE FESTEN WOHNSITZ, weil sowohl Französisch wie Englisch Nationalsprachen sind und es damit besonders vielen Autoren möglich ist, zwischen Herkunfts- und Zuzugsland zu wechseln.
Besonders interessant wird es am Beispiel derjenigen, die ohne Sprachkompetenz in ein anderes Land übersiedeln, erst noch in der Sprache des Heimatlandes schreiben, dann sogar in der Sprache des aufnehmenden Landes, was nicht beibehalten werden muß, sondern auch wieder dazu führen kann, in der Muttersprache zu schreiben. Mit einem Wort, es gibt immer mehr völlig individuelle Fälle, denen nachzuspüren interessant ist.
Das wird geschehen am Freitag, 24. Januar im Lesesaal des Literaturhauses
16.15 – 18.00 Uhr
Hier und dort und irgendwo dazwischen – Literaturen ohne festen Wohnsitz
Eröffnungspodium
Lesley Nneka Arimah aus GBNigeria//USA
Eduardo Halfon, Guatemala
Carmen Aguirre Chile/Kanada
Moderation: Claudia Kramatschek
Nun ist es mit den Namen der Eingeladenen nicht getan. Denn das Prinzip von Litprom ist ja, nicht jedes Jahr dieselben Autoren einzuladen, die man dann hier schon kennt, sondern neue Namen und neue Menschen zu präsentieren, die die obigen Ausführungen als Person leben.
Lesley Nneka Arimah wurde 1980 in London geboren, ist in Nigeria aufgewachsen. Ihr erstes Buch erschien 2017, heute lebt sie in Minnesota.
Eduardo Halfon ist in Guatemala geboren, allerdings sind seine Vorfahren polnisch-libanesischer Herkunft. Aufgewachsen ist er dann in den USA, wo er studierte, dann aber in Guatemala Literatur unterrichtete, heute aber in Nebraska arbeitet.
Carmen Aguirre ist eine kanadische Autorin, stammt aber aus Chile, wo ihre Eltern die Familie vor Pinochet durch Flucht schützte. Als junge Frau ist sie jedoch zurück nach Chile gegangen, um gegen den Diktator zu kämpfen. Heute lebt sie in Kanada, wo sie Theaterstücke schreibt.
Wichtig ist der Hinweis, daß die Veranstaltung wieder simultan übersetzt werden.
Weiter geht es um
19.30 – 21.00 Uhr Lesesaal
Broken German. Oder: Wie sagt man auf Deutschland
Lesung und Gespräch mit Tomer Gardi
Tomer Gardi Israel/Deutschland
Moderation: Ulrich Noller
Tomer Gardi ist in Israel geboren und aufgewachsen. Heute lebt er in Berlin und hat auf Deutsch mit dem Roman BROKEN GERMAN debütiert.
Fortsetzung folgt.
Fotos:
© Redaktion
Info:
Litprom im Literaturhaus
Freitag 24. und Samstag, 25. Januar