tutmrDas diesjährige Motto des Frankfurter literaTurm 2020 im März

Felicitas Schubert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Alle zwei Jahre veranstaltet die Stadt Frankfurt ein großes Literaturfestival in der Stadt und der Rhein-Main-Region. Als Konzeptfestival setzt literaTurm einen wechselnden thematischen Schwerpunkt. Den  Namen hat es durch seine Veranstaltungsorte in den Hochhäusern, den Türmen von Frankfurt. In seiner zehnte Auflage widmet es sich von Montag, 23. März, bis Sonntag, 29. März, der zunehmenden Gereiztheit gesellschaftlicher Debatten.

Vorgestellt werden Sachbücher und Romane, die Themen mit besonders hohem Erregungspotenzial behandeln. Insgesamt sind 43 Veranstaltungen mit über 100 Autoren, Wissenschaftlern und Journalisten geplant. Für Kinder gibt es zudem ein kuratiertes Programm im Struwwelpeter-Museum. Frankfurter Hochhäuser bleiben zentrale Veranstaltungsorte.

Die zunehmende Gereiztheit in gesellschaftlichen Debatten entwickelt sich zur Chiffre unserer Zeit. literaTurm greift dieses Phänomen auf und stellt Neuerscheinungen zu Themen mit besonders hohem Erregungspotenzial vor. Dazu gehören Romane und Sachbücher etwa zum Klimawandel, zu Feminismus, zum Rechtsruck in Ostdeutschland und zum Verhältnis von Kunst und Moral sowie der Verbreitung von Hass und Hetze im Internet. Podiumsgespräche thematisieren unter anderem die Verdrängung von Vernunft und Fakten durch Affekte und Spekulationen, schildern die Gentrifizierung in Großstädten und analysieren, wessen Interessen Leugner des Klimawandels vertreten.

Kulturdezernentin Ina Hartwig unterstreicht die Bedeutung von literaTurm als bundesweit einmaliges Konzeptfestival und seine herausragende Bedeutung für Frankfurt als Buch- und Literaturstadt: „In seiner zehnten Auflage stellt das Literaturfestival FrankfurtRheinMain das Phänomen der Erregungen ins Zentrum. Es geht nicht darum, diese Erhitzung zu reproduzieren, sondern ihr Bücher entgegenzustellen, die auf Reizthemen mit der Kraft der Sprache und des guten Arguments reagieren. In Zeiten einer besorgniserregenden gesellschaftlichen Polarisierung bezieht das Literaturfestival FrankfurtRheinMain Position.“

Die Festival- und Programmleiterin Sonja Vandenrath ergänzt: „Erregung hat sich in ein Kollektivsyndrom verwandelt. Empörung, Zorn und Wut als Auswüchse überschießender Aggressivität im realen, vor allem im virtuellen Raum vergiften das gesellschaftliche Klima. Unser demokratisches Gemeinwesen muss diese Neigung ins Extreme permanent austarieren. Zugleich gehört zur Erregung immer auch ein Moment von Energie, Leidenschaft, Wachheit und Interesse – die Voraussetzung, um an wichtigen gesellschaftlichen Prozessen teilzuhaben. Ins Produktive gelenkt, erzeugen Erregungen Geist und Witz. Mehr noch können sie durchaus auch ästhetische Qualität besitzen.“

Zu den Höhepunkten des Festivals zählt die Eröffnungsveranstaltung in der Deutschen Nationalbibliothek. Hier treffen Ferda Ataman, Journalistin und Mitbegründerin der Neuen Deutschen Medienmacher, der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen, der ein einschlägiges Buch zur gesellschaftlichen Gereiztheit geschrieben hat, der ungarische Kulturtheoretiker László F. Földényi, der die Melancholie in erregten Zeiten hochhält, und Ingo Schulze, dessen im März erscheinender Roman von der Radikalisierung eines Dresdner Kulturbürgers handelt, aufeinander. Weitere herausragende Programmpunkte sind Veranstaltungen mit Juri Andruchowytsch, Inès Bayard, Maxim Biller, John von Düffel, Kübra Gümüşay, Hasnain Kazim, Katja Lewina, Sascha Lobo, Julia Malik, Olga Martynova, Henrik Müller, Uwe Preuss, Leif Randt, Reyhan Şahin, Elke Wagner, Peter Wawerzinek und Olivia Wenzel.

Am Mittwoch, 25. März, diskutieren unter anderem Bascha Mika, Chefredakteurin der Frankfurter Rundschau, Henrik Müller und Roger de Weck auf Podien die Erosion der Demokratie und ihre Gegenwehr. Prix Goncourt-Preisträger Nicolas Mathieu und Guillaume Paoli sprechen mit der Pariser Korrespondentin der Welt Martina Meister über die Gelbwestenbewegung. Am Sonntag, 29. März, diskutieren Alice Hasters, Meron Mendel und Sibel Schick über alltägliche Diskriminierungserfahrungen.

Mit einem thematisch passenden Kinderprogramm im Struwwelpeter-Museum wird das junge Publikum angesprochen. Ein Abend mit den Unabhängigen Lesereihen „books without covers“, „Salon Fluchtentier“ und „Hafenlesung“ und das Frankfurter Veranstalterkollektiv „text&beat“ setzen popkulturelle Akzente.

Ein Großteil der Veranstaltungen findet auch in diesem Jahr wieder in den namensgebenden Türmen statt. Neben den bewährten Gastgebern in den Hochhäusern sind erstmalig auch das Ignatz-Bubis-Gemeindezentrum und die jugend-kultur-kirche sankt peter dabei. In Kooperation mit lokalen Partnern finden Lesungen in Bad Soden, Bad Vilbel, Darmstadt, Hanau, Hochheim und Offenbach statt. Sie werden ermöglicht durch die großzügige Unterstützung des Kulturfonds Frankfurt RheinMain.

Die Geschäftsführerin des Kulturfonds RheinMain, Karin Wolff, betont die Bedeutung der überregionalen Reichweite von literaTurm: „Als Festival, das sowohl in Frankfurter Türmen als auch an ausgewählten Orten der Region wie in Darmstadt, Offenbach, Bad Soden, Hanau und Hochheim am Main stattfindet, festigt literaTurm das gemeinsame Selbstverständnis der Rhein-Main-Region als ein kulturelles Kraftzentrum. Mit literaTurm strahlt die Buchstadt Frankfurt in die Region aus.“

Foto:
©

Info:
literaTurm wird gefördert durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain sowie zahlreiche Raumsponsoren und Kooperationspartner. Alle Informationen zu den Veranstaltungen und Mitwirkenden sind unter http://www.literaturm.de abrufbar. Das Festival wird in den sozialen Medien mit dem Hashtag #literaturm2020 kommuniziert.