Blinkist Beispiel 2 iPhoneBLINKIST in den Zeiten der Corona

Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) - Die App bzw. Webseite BLINKIST bietet Zusammenfassungen von Sachbüchern als Texte und oft zugleich auch als Hörbücher an. Im Schnitt kann man alle Besprechungen in sagenhaften 15 Minuten lesen, hören und verstehen.
Als ich zum ersten Mal auf diese App stieß, dachte ich angewidert ,das sei Fastfood-Lektüre, jedoch stapelt sich bei mir ungelesene populärwissenschaftliche Literatur. Also erkundete ich in den Zeiten der Corona (und dazu passend) die Extrakte von „Menschen brauchen Monster“ und „Die neuen Seuchen“.

Das Monsterbuch beginnt mit den Begegnungen zwischen Odysseus und monströsen Ungeheuern an den Rändern der antiken Welt. Dann schlägt es einen großen Bogen über das Mittelalter mit seinen gleichnishaften Fabelwesen bis zu den scheinbar verschwundenen Monstern in unserer entzauberten Welt: Die aber heute als tödliche Viren wieder auftauchen!

Die Quintessenz des Seuchenbuchs macht die bedrohliche Komplexität der Corona-Viren wie SARS deutlich und stellte bereits 2015 gut begründet fest:  „Die nächste große Pandemie kommt garantiert - die Frage ist nicht ob, sondern wann. (...) Es ist zu kompliziert, um konkrete Gegenmaßnahmen zu planen. Wir können nur abwarten und hoffen, dass es nicht so schlimm wird.“

Die ersten Begegnungen mit den Blinks, so heißen die einzelnen Kapitel der Zusammenfassungen, waren ziemlich informativ. Allerdings muss man sich beim Lesen und Hören der elaborierten Texte stark konzentrieren. BLINKIST ist auf jeden Fall sehr gut, um sich einen Überblick zu verschaffen, egal aus welchen der 27 angebotenen Wissensgebiete man etwas erfahren möchte: von Biografien & Memoiren bis zur Elternschaft, von Natur & Umwelt bis zum Unternehmertum, von Gesundheit & Ernährung bis zur Psychologie.

Aber wie sieht es mit den Originaltexten aus? Bietet Fachliteratur wirklich nur Kernthesen, um die herum Autoren viele verzichtbare Worte anhäufen? Oder fördern Abschweifungen und eine angenehme Sprache auch bei Sachbüchern den Lesegenuss?

Beim Exzerpt von Doris Dörries „Leben, schreiben, atmen“ fand ich die Anleitungen zum Schreiben ermunternder und präziser als bei der Autorin. Allerdings vermisste ich ihre eigenen - beispielhaft erzählten - skurrilen Lebensgeschichten. Gerald Hüthers „Würde“ ist hervorragend zusammengefasst, aber beim Lesen und Hören fehlte die Atmosphäre seiner Bücher, durch die man in seine Ideen so stark hineingezogen wird.

„Darm mit Charme“, das vergnügliche Buch von Giulia Enders, schildert den Weg eines Tortenstücks vom Mund durch den Darm kenntnisreich und dennoch unterhaltsam. Es erklärt charmant die ungeheure Leistung des ungeliebten Organs, das ebenso viele Nervenzellen wie das menschliche Gehirn aufweist. Der Extrakt ist genauso professionell und humorvoll wie der Enders-Text, die angenehme Stimme der Sprecherin verstärkt diesen Eindruck. Und man bekommt Lust, das echte Buch erneut zu lesen.

Blinkist ÜbersichtDie Sachbücher werden von bis zu sieben wissenschaftlich Gebildeten zusammengefasst, die nicht nur Inhaltsangaben schreiben und aufsagen. Vielmehr versuchen sie, Geist und Stil der Schriften zu treffen, was ihnen bei den von mir erkundeten Blinks meist gut gelang.

BLINKIST...
...ist ein 2012 in Berlin gegründetes Start-up, das bisher etwa 2.000 deutsche und 1.000 englische, kurz gefasste Nacherzählungen von populärwissenschaftlichen Fachtiteln zur Verfügung stellt. Jeden Monat erscheinen etwa 40 neue Extrakte. Die sehr gut zu bedienende App ist nicht ganz billig (ca. 80 Euro im Jahr). Es gibt ein eingeschränktes kostenloses Probeabo von 7 Tagen, aber empfehlenswerter ist das kostenpflichtige Abo für einen Monat (ca. 13 Euro), um die App gründlich kennenzulernen.

Foto:
Screenshots vom iPhone / iMac (c) Hanswerner Kruse

Info:
Zu BLINKIST