Redaktion
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Das Buchfest, das die Frankfurter Messe in ihrer typischen, für uns peinlicher Art in Anlizismen ausdrückt, sollte und konnte das ersetzen, was sonst in den vielen Hallen des Messegeländes für die Fachbesucher, aber vor allem für das Publikum an den Besuchertagen stattfindet: der direkte Kontakt zwischen denen, die die Bücher schreiben und denen, die sie lesen. Für das Geschäft hingegen, was Movens und Bestimmung jeder Messe ist, hatte die Buchmesse andere, digitale Formate gefunden, die insgesamt 200 000 Menschen erreichten, das Bookfest auf Facebook allein 1, 5 Millionen Zuschauer und Zuschauerinnen.
Das Ende der Buchmesse zeigt, wieviel digital möglich ist, daß aber der persönliche Kontakt ausschlaggebend bleibt
Grenzen überwinden, Menschen zusammenbringen, Bücher und Autor*innen feiern trotz der weltweit zunehmenden Zahl an Risikogebieten und Reiseeinschränkungen – dieses Ziel hat die 72. Frankfurter Buchmesse – erst Special Edition, dann Sonderausgabe genannt- in der vergangenen Woche erreicht: Schriftsteller*innen, Agent*innen, Verleger*innen und Aktivist*innen haben die digitalen Formate mitgestaltet und daran teilgenommen. In einem Jahr, in dem weltweit Buchmessen abgesagt, Literaturfestivals und Veranstaltungen gestrichen wurden und Autor*innen und Künstler*innen dadurch auf einen signifikanten Teil ihrer Einkünfte verzichten mussten, hat die Frankfurter Buchmesse mit der digitalen Ausgabe ein Zeichen gesetzt. Die digitalen Angebote der Frankfurter Buchmesse konnten durch großzügige finanzielle Unterstützung der Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters aus dem NEUSTART KULTUR Programm der Bundesregierung finanziert werden. Die Angebote standen allen Nutzer*innen in der Messewoche kostenlos zur Verfügung und werden zum großen Teil auch im Anschluss an die Frankfurter Buchmesse abrufbar sein.
Viele Stimmen
Juergen Boos, der Direktor der Frankfurter Buchmesse, sagte: „In diesem Jahr ist es uns gelungen, neben dem Fachangebot für die internationale Buchbranche und einem Fest für das Lesen, die Frankfurter Buchmesse auch als politische Plattform ins Netz zu transferieren, um den dringend benötigten Diskurs dort stattfinden zu lassen. Unsere Strategie, mit starken Medienpartnern zu kooperieren und mit unserem Angebot dort präsent zu sein, wo sich unsere Zielgruppen aufhalten – sei es auf unseren eigenen Plattformen oder in den Sozialen Medien – ist aufgegangen: Wir haben allein auf buchmesse.de über 200.000 User*innen weltweit erreicht, das BOOKFEST digital konnte allein auf Facebook 1,5 Millionen Zuschauer*innen gewinnen. Aber, uns allen ist klar: Die persönliche Begegnung ist durch nichts zu ersetzen. Wir haben viel für die kommenden Buchmessen gelernt, im physischen wie im digitalen Raum.“
Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels: „Die Frankfurter Buchmesse 2020 war in jeder Hinsicht eine besondere Messe. Die physischen Begegnungen haben wir vermisst. Aber es ist uns gelungen, dem Buch in dieser Woche eine große digitale und mediale Bühne zu bieten. Auf neuen Wegen hat die Buchmesse die Branche zusammengeführt und Buchbegeisterung zu den Menschen nach Hause gebracht. Auch digital war sie eine starke Plattform, auf der die drängenden Fragen der Zeit verhandelt wurden. Gemeinsam mit den Aussteller*innen und der gesamten Branche werden wir an Konzepten für die Zukunft arbeiten und gehen selbstbewusst und engagiert in den Bücherherbst.“
„Dieses Jahr hat uns vor eine außergewöhnliche Situation gestellt, die besondere Anstrengungen erfordert hat. Wir freuen uns daher sehr, dass wir gemeinsam mit der Frankfurter Buchmesse und unseren Medienpartnern ein attraktives digitales Angebot machen konnten“, resümiert der Intendant des Hessischen Rundfunks, Manfred Krupp. „Mit der ARD-Buchmessenbühne und dem Online-Auftritt buchmesse.ard.de ist es uns gelungen, die Vielfalt des Buchmarkts abzubilden und mit zahlreichen Gesprächen eine Plattform für spannende Diskurse zu sein. Nun hoffen wir, im nächsten Jahr wieder bei persönlichen Begegnungen mit den Besucher*innen in den Austausch zu treten.“
Viele der am Programm teilnehmenden Autor*innen äußerten sich im Rahmen der Sonderausgabe der Frankfurter Buchmesse zu den gesellschaftlichen Themen unserer Zeit.
In seiner Videobotschaft anlässlich der Eröffnungsfeier der Frankfurter Buchmesse sprach David Grossman (oben im Videobild) über die Covid-19 Krise und die Verantwortung der Schriftsteller*innen: „Wie immer, wenn die Grundlagen der Gesellschaft erschüttert werden, wenn die persönliche und nationale Sicherheit abnimmt, befürchte ich, dass der Nationalismus, der religiöse Fundamentalismus, die Fremdenfeindlichkeit und der Rassismus zunehmen und die Demokratie und die Bürgerrechte schwer geschädigt werden. [...] Schreiben – auch wenn es nicht direkt mit der Pandemie zu tun hat – ist unser Mittel des Widerstands. So widersetzen wir uns Klischees, leeren Slogans, wahllosen Aussagen und Verallgemeinerungen, die den Weg für Anstiftung, Vorurteile und Rassismus ebnen.”
Der digital auf die ARD-Buchmessenbühne zugeschaltete Aktivist Joshua Wong forderte Europa auf, sich stärker für die Demokratiebewegung in Hongkong einzusetzen. „Wenn wir demokratische Reformen in Hongkong oder China vorantreiben wollen, ist es wirklich wichtig, dass Menschen, die in einer freien Welt oder in Europa leben, die Mentalität „nicht in meinem Hinterhof“ (not in my backyard) beiseitelegen. Denn wir leben in einer vernetzten Welt und Hongkong kann als Beispiel für eine Geschichte dienen, aus der wir lernen können.”
Die mit dem Booker Prize 2019 ausgezeichnete Autorin Bernardine Evaristo sprach in ihrer Keynote beim Publishing Insights Track der Frankfurt Conference über das Thema Diversität und appellierte an die Branche: „Wir brauchen jede Art von Autor*in, die jede Art von Buch in jedem Genre schreiben.“ Sie sagte zudem, die Branche wisse, was sie zu tun habe – nämlich, die Strukturen in ihren Unternehmen radikal zu verändern und ein ausgewogenes und diverses, spannendes Programm mit guten Büchern mit vielfältigen kulturellen Einflüssen für jede Art Leser*in zu veröffentlichen.“
Bei dem von Litprom e.V. und der KFW Stiftung organisierten Symposium „African Perspectives - Writers and Literary Experts in Conversation“ diskutierten Autor*innen, Verleger*innen und Expert*innen über Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte und ihre Visionen für die Zukunft. Der kenianische Autor Ngũgĩ wa Thiong'o forderte mehr Einsatz für Literaturen aus Afrika: „Es scheint, dass die Zukunft der afrikanischen Literatur, d.h. der Literatur in afrikanischen Sprachen, bereits da ist. Aber es muss noch viel mehr getan werden, um die volle Blüte der von afrikanischen Sprachen geborenen Zukunft in Gesprächen mit allen anderen Sprachen der Erde zu bewirken.“
Amina J. Mohammed, stellvertretende Generalsekretärin der Vereinten Nationen (UN), hob in ihrer Botschaft für die „Signals of Hope“-Kampagne die Bedeutung von Kultur bei der Bewältigung der globalen Klimakrise hervor: „Jede*r von uns muss einen Beitrag leisten, wenn wir diese Krise überwinden und eine grünere, gerechtere Welt aufbauen wollen. Wir brauchen konkrete Maßnahmen, um die Sustainable Development Goals (Ziele für nachhaltige Entwicklung) zu erreichen. Dazu müssen wir Menschen überall inspirieren und befähigen. Kultur ist ein ideales Mittel, eine universelle Sprache, die Menschen und Gemeinschaften verbindet.“
Literaturkritiker Denis Scheck, der auf der ARD-Buchmessenbühne jeden Tag Gäste in seiner Sendung „Druckfrisch“ empfing, sagte: „Dies war die größte Stunde der Frankfurter Buchmesse. Und dennoch fühlte sich die Buchmesse 2020 an, als hätten sich Lord Voldemort und Lady Macbeth, Sauron und der Räuber Hotzenplotz, der Grinch, Lex Luthor und der Speckfürst zusammengetan, um all das kaputt zu machen, was uns Leserinnen und Leser am Herzen liegt. Einerlei. Wir werden weiter kämpfen. Besser kämpfen. Wir werden diesen Kampf gegen das Virus Buch um Buch führen, Lesung um Lesung, Sendung um Sendung. Niemals zuvor hatten so viele so wenigen so viel zu verdanken."
Mit „Signals of Hope“ startete die Frankfurter Buchmesse ein digitales Projekt, das im Corona-Jahr 2020 Event, Programm und Kampagne der Buchmesse zugleich ist. In der Messewoche wurden digitale Veranstaltungen zu den Themen „Black Stories“, „Raising Hope for a Better Life”, „Immersive Storytelling”, „Speak up! For Climate!“ angeboten. Teilnehmer*innen waren Tiffany Jewell, Melissa Fleming (UN), die Schauspielerin Katja Riemann u.v.a. Das Finale von Signals of Hope bestritt am Sonntag der britische Bestseller-Autor Ken Follett.
BOOKFEST digital / city
Die große Online-Show BOOKFEST digital sendete am Samstag, dem 17. Oktober 2020, achtundzwanzig Stunden Programm auf zwei Kanälen und erreichte damit allein auf Facebook 1,5 Millionen User*innen weltweit. Von 9.30 Uhr bis Mitternacht erlebten die Zuschauer*innen u.a. Live-Interviews mit Edward Snowden, Yvonne Adhiambo Owuor, Eliot Weinberger, Håkan Nesser, Ralf König, Margaret Atwood, Elizabeth Gilbert, Ayad Akhtar, Ibram X. Kendi, Paul Maar, Matt Haig und vielen anderen.
Auch das BOOKFEST city konnte trotz erschwerter Corona-Bedingungen wie geplant stattfinden und war damit das einzige physische Publikumsformat der Frankfurter Buchmesse. Insgesamt konnten die Besucher*innen fast 120 Stunden Programm in 36 Locations in Frankfurt erleben.
Ehrengast Kanada
Der kanadische Premierminister Justin Trudeau gab anlässlich der Eröffnungsfeier der Frankfurter Buchmesse das Startsignal für den Gastlandauftritt Kanadas 2021. Unter dem Motto „Singular Plurality“ war Kanada sowohl im Fachprogramm als auch auf der ARD-Buchmessenbühne, bei THE ARTS+, im BOOKFEST digital und city und in zahlreichen Kulturveranstaltungen in der Stadt und bundesweit vertreten. Der deutsch-französische TV-Sender ARTE strahlte einen Programmschwerpunkt zu Kanada aus und war in der Messewoche täglich mit Veranstaltungen zu Kanada auf der ARD-Buchmessenbühne präsent, bei der Veranstaltung ARTE concert trat der kanadische Pianist und Entertainer Chilly Gonzales auf.
Frankfurt Conference und Fachprogramm
Mehr als 70 Stunden umfasste das digitale Konferenz- und Fachprogramm der diesjährigen Frankfurter Buchmesse mit Sprecher*innen und Teilnehmer*innen aus der ganzen Welt.
Unter dem Motto „Signals of Hope: New Perspectives for a Stronger Future" diskutierten Expert*innen und Publishing Professionals bei der ersten digitalen Konferenzreihe der Buchmesse – Frankfurt Conference. Die Veranstaltungen wurden per Livestream übertragen und das internationale Fachpublikum nutzte die Möglichkeit, bei den Live-Veranstaltungen Fragen an die Sprecher*innen zu richten.
Neben den Herausforderungen für die Buchbranche im COVID-19-Jahr, den Entwicklungen im internationalen Rechtehandel und in Buch- und Audiomärkten weltweit, standen u.a. die Themen Diversität und Vielfalt in der Verlagsbranche sowie Nachhaltigkeit und Publikationsfreiheit im Fokus beim internationalen Fachprogramm der diesjährigen Buchmesse.
Zur allgemeinen Lage des Einzelhandels der Branche sagte James Daunt, CEO von Barnes & Noble und Managing Director von Waterstones beim Publishing Insights Track, dass die Buchverkäufe derzeit insgesamt "ziemlich robust" seien.
Eine vielbeachtete Veranstaltung war das Panel zum Thema Publikationsfreiheit mit Pham Doan Trang, der ehemaligen Sprecherin des mit dem IPA Prix Voltaire ausgezeichneten vietnamesischen Liberal Publishing House, die Berichten zufolge derzeit inhaftiert ist. Per Videobotschaft sprach sie davon, dass Publizieren in Vietnam ein gefährliches Unterfangen sei. Verleger*innen sind von Anfang bis Ende des Publikationsprozesses der Gefahr von Verhaftung, Folter und Inhaftierung ausgesetzt.
THE ARTS+ bot ein über 11-stündiges Programm mit insgesamt 54 Sprecher*innen – u.a. mit Cameron Bailey, Artistic Director und Co-Head des Toronto International Film Festival (TIFF), Stephanie Riggs, Autorin von The End of Storytelling: The Future of Narrative in the Storyplex, und Bestsellerautorin Maja Lunde – zu den Themen Augmented Reality, Virtual Reality und XR, Licensing/Merchandising sowie Film und Games.
Die Frankfurter Buchmesse 2020 in Zahlen:
200.000 User*innen nahmen die virtuellen Angebote auf der Plattform buchmesse.de an.
4.440 digitale Aussteller*innen aus 103 Ländern registrierten sich auf buchmesse.de.
3.644 Veranstaltungen im Veranstaltungskalender der Frankfurter Buchmesse in der Messewoche.
6.800 Einreichungen von Präsentationskacheln durch digitale Aussteller*innen wurden für die 13 Themenseiten auf buchmesse.de erfasst.
BOOKFEST Digital
1,5 Millionen Videoansichten auf Facebook am 17. Oktober 2020, Zuschauer*innen aus 124 Ländern haben sich zugeschaltet.
Social Media
Darüber hinaus wurden auf den Social Media-Kanälen der Frankfurter Buchmesse in den letzten sieben Tagen 1,2 Millionen Interaktionen und Aufrufe erreicht.
Frankfurt Rights Plattform
4.165 registrierte Ein- und Verkäufer*innen
31.100 innerhalb der FBM20 Mitgliedschaft hochgeladene Titel
400.000 Titel auf der Frankfurt Rights Plattform
Match-Making
2388 Teilnehmer*innen
9542 Kontaktanfragen
3153 Matches
Fotos:
© Frankfurter Buchmesse Marc
Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels: „Die Frankfurter Buchmesse 2020 war in jeder Hinsicht eine besondere Messe. Die physischen Begegnungen haben wir vermisst. Aber es ist uns gelungen, dem Buch in dieser Woche eine große digitale und mediale Bühne zu bieten. Auf neuen Wegen hat die Buchmesse die Branche zusammengeführt und Buchbegeisterung zu den Menschen nach Hause gebracht. Auch digital war sie eine starke Plattform, auf der die drängenden Fragen der Zeit verhandelt wurden. Gemeinsam mit den Aussteller*innen und der gesamten Branche werden wir an Konzepten für die Zukunft arbeiten und gehen selbstbewusst und engagiert in den Bücherherbst.“
„Dieses Jahr hat uns vor eine außergewöhnliche Situation gestellt, die besondere Anstrengungen erfordert hat. Wir freuen uns daher sehr, dass wir gemeinsam mit der Frankfurter Buchmesse und unseren Medienpartnern ein attraktives digitales Angebot machen konnten“, resümiert der Intendant des Hessischen Rundfunks, Manfred Krupp. „Mit der ARD-Buchmessenbühne und dem Online-Auftritt buchmesse.ard.de ist es uns gelungen, die Vielfalt des Buchmarkts abzubilden und mit zahlreichen Gesprächen eine Plattform für spannende Diskurse zu sein. Nun hoffen wir, im nächsten Jahr wieder bei persönlichen Begegnungen mit den Besucher*innen in den Austausch zu treten.“
Viele der am Programm teilnehmenden Autor*innen äußerten sich im Rahmen der Sonderausgabe der Frankfurter Buchmesse zu den gesellschaftlichen Themen unserer Zeit.
In seiner Videobotschaft anlässlich der Eröffnungsfeier der Frankfurter Buchmesse sprach David Grossman (oben im Videobild) über die Covid-19 Krise und die Verantwortung der Schriftsteller*innen: „Wie immer, wenn die Grundlagen der Gesellschaft erschüttert werden, wenn die persönliche und nationale Sicherheit abnimmt, befürchte ich, dass der Nationalismus, der religiöse Fundamentalismus, die Fremdenfeindlichkeit und der Rassismus zunehmen und die Demokratie und die Bürgerrechte schwer geschädigt werden. [...] Schreiben – auch wenn es nicht direkt mit der Pandemie zu tun hat – ist unser Mittel des Widerstands. So widersetzen wir uns Klischees, leeren Slogans, wahllosen Aussagen und Verallgemeinerungen, die den Weg für Anstiftung, Vorurteile und Rassismus ebnen.”
Der digital auf die ARD-Buchmessenbühne zugeschaltete Aktivist Joshua Wong forderte Europa auf, sich stärker für die Demokratiebewegung in Hongkong einzusetzen. „Wenn wir demokratische Reformen in Hongkong oder China vorantreiben wollen, ist es wirklich wichtig, dass Menschen, die in einer freien Welt oder in Europa leben, die Mentalität „nicht in meinem Hinterhof“ (not in my backyard) beiseitelegen. Denn wir leben in einer vernetzten Welt und Hongkong kann als Beispiel für eine Geschichte dienen, aus der wir lernen können.”
Die mit dem Booker Prize 2019 ausgezeichnete Autorin Bernardine Evaristo sprach in ihrer Keynote beim Publishing Insights Track der Frankfurt Conference über das Thema Diversität und appellierte an die Branche: „Wir brauchen jede Art von Autor*in, die jede Art von Buch in jedem Genre schreiben.“ Sie sagte zudem, die Branche wisse, was sie zu tun habe – nämlich, die Strukturen in ihren Unternehmen radikal zu verändern und ein ausgewogenes und diverses, spannendes Programm mit guten Büchern mit vielfältigen kulturellen Einflüssen für jede Art Leser*in zu veröffentlichen.“
Bei dem von Litprom e.V. und der KFW Stiftung organisierten Symposium „African Perspectives - Writers and Literary Experts in Conversation“ diskutierten Autor*innen, Verleger*innen und Expert*innen über Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte und ihre Visionen für die Zukunft. Der kenianische Autor Ngũgĩ wa Thiong'o forderte mehr Einsatz für Literaturen aus Afrika: „Es scheint, dass die Zukunft der afrikanischen Literatur, d.h. der Literatur in afrikanischen Sprachen, bereits da ist. Aber es muss noch viel mehr getan werden, um die volle Blüte der von afrikanischen Sprachen geborenen Zukunft in Gesprächen mit allen anderen Sprachen der Erde zu bewirken.“
Amina J. Mohammed, stellvertretende Generalsekretärin der Vereinten Nationen (UN), hob in ihrer Botschaft für die „Signals of Hope“-Kampagne die Bedeutung von Kultur bei der Bewältigung der globalen Klimakrise hervor: „Jede*r von uns muss einen Beitrag leisten, wenn wir diese Krise überwinden und eine grünere, gerechtere Welt aufbauen wollen. Wir brauchen konkrete Maßnahmen, um die Sustainable Development Goals (Ziele für nachhaltige Entwicklung) zu erreichen. Dazu müssen wir Menschen überall inspirieren und befähigen. Kultur ist ein ideales Mittel, eine universelle Sprache, die Menschen und Gemeinschaften verbindet.“
Literaturkritiker Denis Scheck, der auf der ARD-Buchmessenbühne jeden Tag Gäste in seiner Sendung „Druckfrisch“ empfing, sagte: „Dies war die größte Stunde der Frankfurter Buchmesse. Und dennoch fühlte sich die Buchmesse 2020 an, als hätten sich Lord Voldemort und Lady Macbeth, Sauron und der Räuber Hotzenplotz, der Grinch, Lex Luthor und der Speckfürst zusammengetan, um all das kaputt zu machen, was uns Leserinnen und Leser am Herzen liegt. Einerlei. Wir werden weiter kämpfen. Besser kämpfen. Wir werden diesen Kampf gegen das Virus Buch um Buch führen, Lesung um Lesung, Sendung um Sendung. Niemals zuvor hatten so viele so wenigen so viel zu verdanken."
Mit „Signals of Hope“ startete die Frankfurter Buchmesse ein digitales Projekt, das im Corona-Jahr 2020 Event, Programm und Kampagne der Buchmesse zugleich ist. In der Messewoche wurden digitale Veranstaltungen zu den Themen „Black Stories“, „Raising Hope for a Better Life”, „Immersive Storytelling”, „Speak up! For Climate!“ angeboten. Teilnehmer*innen waren Tiffany Jewell, Melissa Fleming (UN), die Schauspielerin Katja Riemann u.v.a. Das Finale von Signals of Hope bestritt am Sonntag der britische Bestseller-Autor Ken Follett.
BOOKFEST digital / city
Die große Online-Show BOOKFEST digital sendete am Samstag, dem 17. Oktober 2020, achtundzwanzig Stunden Programm auf zwei Kanälen und erreichte damit allein auf Facebook 1,5 Millionen User*innen weltweit. Von 9.30 Uhr bis Mitternacht erlebten die Zuschauer*innen u.a. Live-Interviews mit Edward Snowden, Yvonne Adhiambo Owuor, Eliot Weinberger, Håkan Nesser, Ralf König, Margaret Atwood, Elizabeth Gilbert, Ayad Akhtar, Ibram X. Kendi, Paul Maar, Matt Haig und vielen anderen.
Auch das BOOKFEST city konnte trotz erschwerter Corona-Bedingungen wie geplant stattfinden und war damit das einzige physische Publikumsformat der Frankfurter Buchmesse. Insgesamt konnten die Besucher*innen fast 120 Stunden Programm in 36 Locations in Frankfurt erleben.
Ehrengast Kanada
Der kanadische Premierminister Justin Trudeau gab anlässlich der Eröffnungsfeier der Frankfurter Buchmesse das Startsignal für den Gastlandauftritt Kanadas 2021. Unter dem Motto „Singular Plurality“ war Kanada sowohl im Fachprogramm als auch auf der ARD-Buchmessenbühne, bei THE ARTS+, im BOOKFEST digital und city und in zahlreichen Kulturveranstaltungen in der Stadt und bundesweit vertreten. Der deutsch-französische TV-Sender ARTE strahlte einen Programmschwerpunkt zu Kanada aus und war in der Messewoche täglich mit Veranstaltungen zu Kanada auf der ARD-Buchmessenbühne präsent, bei der Veranstaltung ARTE concert trat der kanadische Pianist und Entertainer Chilly Gonzales auf.
Frankfurt Conference und Fachprogramm
Mehr als 70 Stunden umfasste das digitale Konferenz- und Fachprogramm der diesjährigen Frankfurter Buchmesse mit Sprecher*innen und Teilnehmer*innen aus der ganzen Welt.
Unter dem Motto „Signals of Hope: New Perspectives for a Stronger Future" diskutierten Expert*innen und Publishing Professionals bei der ersten digitalen Konferenzreihe der Buchmesse – Frankfurt Conference. Die Veranstaltungen wurden per Livestream übertragen und das internationale Fachpublikum nutzte die Möglichkeit, bei den Live-Veranstaltungen Fragen an die Sprecher*innen zu richten.
Neben den Herausforderungen für die Buchbranche im COVID-19-Jahr, den Entwicklungen im internationalen Rechtehandel und in Buch- und Audiomärkten weltweit, standen u.a. die Themen Diversität und Vielfalt in der Verlagsbranche sowie Nachhaltigkeit und Publikationsfreiheit im Fokus beim internationalen Fachprogramm der diesjährigen Buchmesse.
Zur allgemeinen Lage des Einzelhandels der Branche sagte James Daunt, CEO von Barnes & Noble und Managing Director von Waterstones beim Publishing Insights Track, dass die Buchverkäufe derzeit insgesamt "ziemlich robust" seien.
Eine vielbeachtete Veranstaltung war das Panel zum Thema Publikationsfreiheit mit Pham Doan Trang, der ehemaligen Sprecherin des mit dem IPA Prix Voltaire ausgezeichneten vietnamesischen Liberal Publishing House, die Berichten zufolge derzeit inhaftiert ist. Per Videobotschaft sprach sie davon, dass Publizieren in Vietnam ein gefährliches Unterfangen sei. Verleger*innen sind von Anfang bis Ende des Publikationsprozesses der Gefahr von Verhaftung, Folter und Inhaftierung ausgesetzt.
THE ARTS+ bot ein über 11-stündiges Programm mit insgesamt 54 Sprecher*innen – u.a. mit Cameron Bailey, Artistic Director und Co-Head des Toronto International Film Festival (TIFF), Stephanie Riggs, Autorin von The End of Storytelling: The Future of Narrative in the Storyplex, und Bestsellerautorin Maja Lunde – zu den Themen Augmented Reality, Virtual Reality und XR, Licensing/Merchandising sowie Film und Games.
Die Frankfurter Buchmesse 2020 in Zahlen:
200.000 User*innen nahmen die virtuellen Angebote auf der Plattform buchmesse.de an.
4.440 digitale Aussteller*innen aus 103 Ländern registrierten sich auf buchmesse.de.
3.644 Veranstaltungen im Veranstaltungskalender der Frankfurter Buchmesse in der Messewoche.
6.800 Einreichungen von Präsentationskacheln durch digitale Aussteller*innen wurden für die 13 Themenseiten auf buchmesse.de erfasst.
BOOKFEST Digital
1,5 Millionen Videoansichten auf Facebook am 17. Oktober 2020, Zuschauer*innen aus 124 Ländern haben sich zugeschaltet.
Social Media
Darüber hinaus wurden auf den Social Media-Kanälen der Frankfurter Buchmesse in den letzten sieben Tagen 1,2 Millionen Interaktionen und Aufrufe erreicht.
Frankfurt Rights Plattform
4.165 registrierte Ein- und Verkäufer*innen
31.100 innerhalb der FBM20 Mitgliedschaft hochgeladene Titel
400.000 Titel auf der Frankfurt Rights Plattform
Match-Making
2388 Teilnehmer*innen
9542 Kontaktanfragen
3153 Matches
Fotos:
© Frankfurter Buchmesse Marc