Serie: 65. Frankfurter Buchmesse 2013, vom 9. bis 13. Oktober, Teil 10

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Auf der Buchmesse sieht man vor lauter Bücher die Verlage nicht, und kann vor allem überhaupt nicht verstehen, warum es so viele Verlage gibt und geben muß, wie die Verleger wissen, die sie gründeten. Wir haben uns einen Verlag ausgesucht, den manche noch nicht kennen, aber kennen lernen sollten!

 

Was bedeutet der Name Folio in Folio Verlag?

 

Das ist ein Fachbegriff aus der Herstellung und hat mit dem Falten des Blattes aus einem Bogen Papier zu tun.

 

 

Seit wann besteht der Verlag, was ist das Besondere am Verlag und seiner Entwicklung.

 

Den Verlag gibt es seit 1994, also feiern wir nächstes Jahr das Zwanzigste. Das Besondere würde ich in den zwei Verlagsstandorten sehen, Wien und Bozen, wo jeder der beiden Verleger, die beide aus Südtirol gebürtig sind und beide in Wien studiert haben, ihre Interessen und Schwerpunkte zu einem Programm zusammenlegen. Hermann Gummerer in Südtirol macht vor allem regionale Titel, Fotobände, Kochbücher, ein Programm, das sich auf dem regionalen Markt behauptet und Ludwig Paulmichl in Wien und Bozen macht das Kunst- und Literaturprogramm. In unserem Literaturprogramm sieht man deutlich, dass wir Grenzen überschreiten wollen. Es gibt viele Übersetzungen aus dem südosteuropäischen Raum, viele italienische Autoren, natürlich auch österreichische Schriftsteller, weshalb unser Literaturprogramm TRANSFER heißt.

 

 

Also Österreich als Grenzland, weil es klassisch nach Norden und Süden, auch Osten und Westen eine Brücke darstellt. Die Bücher erscheinen aber nur auf Deutsch?

 

Ja, wir sind ein deutschsprachiger Verlag, mit dem einen Sitz in Bozen, einem zweisprachigen Land, das aber zu Italien gehört und deshalb besonders viele italienische Autoren bringt wie Carlotto, Carofiglio und de Cataldo sowie Giuseppe Zigaina,Vincenzo Consolo, Roberta Dapunt ,eine anerkannt Lyrikerin, die auch zweisprachig schreibt, wobei sie auf Ladinisch und Italienisch schreibt und wir ins Deutsche übersetzen. Wir versuchen, die italienische Literatur in Deutschland weiterzuverbreiten. Ich bin auch aus Bozen und zweisprachig und kann die italienische Literatur im Original lesen und mit den Autoren in ihrer Muttersprache sprechen, was meine Pressearbeit erleichtert. Dann gibt es auch einige Bücher bei uns, die auch auf Italienisch erscheinen, die Reiseführer aus Südtirol zum Beispiel gibt es in beiden sprachen oder auch das Kochbuch von Herbert Hintner, ein südtiroler Spitzenkoch, der am Freitag auch auf der Buchmesse kochen wird.

 

 

Wie kommen die Bücher zu Ihnen?

 

Das sind verschiedene Wege, da es den Verlag schon fast 20 Jahre gibt, haben die einzelnen Programmacher, also die Verleger, längst ein großes Netzwerk aufgebaut von Autoren, von Übersetzern, von Bekannten, über die Manuskripte an den Verlag kommen.

 

 

Was ist mit denen, die unverlangt eingesandt werden?

 

Doch, es gibt viele Manuskript, die unverlangt eintreffen. Die werden alle begutachtet und besprochen, da ist aber – leider – wenig dabei. Im Frühjahr kommt ein Buch eines jungen Deutschen, der uns einfach das Manuskript geschickt hat: SCHACHBRETTAGE von Jörn Birkholz

 

 

Das heißt, dass es über die Jahre auch feste Verlagsautoren gibt. Welche sind das?

 

Da ist erst einmal von Anfang an dabei, Eva Rossmann, die mittlerweile ihren 15. Krimi geschrieben hat, die sehr, sehr erfolgreich ist, auch ihre ersten Sachbücher sind im Folio Verlag erschienen. Herbert Rosendorfer hat drei-vier Bücher bei uns veröffentlicht. Er ist ein Nachbar und entfernter Verwandter eines Verlegers, ach ja, Zoran Feric, das ist schon das fünfte Buch des kroatischen Autors, Drago Jancar, ein slowenischer Autor, alle seine Romane sind bei Folio erschienen, vielleicht noch Martin Kubacek.

 

 

Was sind Gründe, wenn sich ein Verlag und ein Autor trennen? Was wäre für den Folio Verlag Gründe?

 

Naja, für den Verlag muss sich ein Buch natürlich verkaufen. Oder natürlich muß man es finanzieren können. Wenn die Verkaufszahlen unter den Erwartungen liegen, kann es sein, daß es zu einer Trennung kommt.

 

 

Gab es einen Autor, der von sich aus gegangen ist?

 

Ja, es gibt Jergovic, der sehr erfolgreich war und der zu einem deutschen Verlag ging. Schade für uns, aber durchaus sinnvoll für ihn.

 

 

Was war Ihr erfolgreichstes Buch, das mit der höchsten Auflage oder das Buch, vielleicht ist es nicht dasselbe, das die meisten Schlagzeilen machte?

 

Die höchsten Auflagen hat im belletristischen Bereich eindeutig Eva Rossmann mit rund 20 000 Exemplaren, sehr großen Erfolg hatten wir mit dem Jugendbuch über Ötzi. Da hatte der Folio Verlag den Wettbewerb gewonnen und es sind bei uns die meisten Publikationen zur bekannten Leiche erschienen.

 

 

Irgendwie haben Sie's schon mit den Leichen. Erst die Krimis der Eva Rossmann und dann der Ötzi?

 

Genau. Was die meisten Schlagzeilen angeht, also die Kritiken, sind es die Romane von Giancarlo de Cataldo, der Richter und Autor in Rom ist ...

 

 

Hat da die Nominierung auf der KrimiZeitBestenListe geholfen? Und um wie viel steigert das die Auflage?

 

Auf jeden Fall, das hat sehr geholfen und auch sein zweiter Roman war unter den zehn besten des Jahres, also die oberste Liga der Krimiautoren und natürlich wurde durch sein Bekanntwerden und die vielen Kritiken dann auch mehr verkauft.

 

 

Seien wir ganz offen, ohne die Kenntnis seiner Romane über die KrimiZeitBestenListe säße ich wahrscheinlich nicht hier.

 

Genau, Sie haben das kommentiert. Aber ich würde mir für die Liste noch mehr Aufmerksamkeit in den Buchhandlungen wünschen. Zwar wird das Plakat angeboten und hat eine prominente Seite in der ZEIT, aber im Buchhandel geht das etwas unter, man brauchte Büchertische wie beim Deutschen Buchpreis...

 

 

Welchem Buch aus Ihrem Verlag hätten Sie einen großen Erfolg gewünscht?

 

Dem Roman von Wolfgang Popp ICH MÜSSTE LÜGEN hätte ich viel mehr Aufmerksamkeit gewünscht. Es ist ein Debütroman, der angesichts seiner Qualität zu wenig Leser gefunden hat. Wir können zwar werben, wir können ankündigen, aber unter den Millionen von neuen Büchern ist es jeweils sehr schwierig, die Lücke zu finden, daß ein Autor, ein Buch stärker wahrgenommen wird. Man kann zu steuern versuchen, aber mehr auch nicht. Vieles ist Zufall. Manchmal ist man überrascht und manchmal enttäuscht.

 

 

Zurück zu Eva Rossmann. Warum war sie nicht nominiert bei der fünften Verleihung des Leo-Perutz-Preises in Wien?

 

Sie war nominiert bei der ersten Preisverleihung. Ich habe keine Ahnung, warum sie nicht benannt wird, ich weiß es einfach nicht. Sie hat eine so breite Leserschaft und ihre Krimis sind thematisch richtig gut recherchiert. Wenn gesagt wird, ihre Krimis hätten zu wenig Wienbezug, ist das an den Haaren herbeigezogen. Ihre Krimis sind einfach sehr gut geschrieben, mit gesellschaftlich relevanten Themen.

 

Foto: Links Marialuise Thurner

www.folioverlag.com