das polykratessyndrom 1 347x560Serie: Auf die Schnelle: Gute Unterhaltungsliteratur, gebraucht, Teil 35

Konrad Daniel

Berlin  (Weltexpresso) – Diesmal habe ich Romane von drei Männern ausgesucht, die aus den drei deutschsprachigen Ländern stammen, geboren: Antonio Fian in Klagenfurt, Andreas Martin Widmann In Mainz und Thomas Meyer in Zürich . In allen drei Geschichten geht es ebenfalls um Männer: einen Ehemann, einen Jungen von 15 Jahren und den jungen orthodoxen Juden, der nach dem Willen seiner Mutter heiraten soll, natürlich eine Orthodoxe. Ganz schön schräg, das alles.

Das Polykrates-Syndrom von Antonio Fian

Ja, renn nur nach dem Glück
Doch renne nicht zu sehr
Denn alle rennen nach dem Glück
Das Glück rennt hinterher.

Hätte doch Fians Held Artur, Ehemann, die Brechtsche Weisheit gleich in jungen Jahren gelesen, statt in mittleren als Glückssucher sein Unglück zu finden. Das ist nun hart ausgedrückt, aber immer wieder gibt es Zeiten, in denen das persönliche Glück zum Non-plus-Ultra ausgerufen wird, was dann die beste Ausgangssituation wird, unglücklich zu werden. Da sind wir noch nicht ganz beim Polykrates-Syndrom, zu dem gehört dann noch die Angst, daß sich das glückliche Leben rächt - durch einen schrecklichen Tod.

Angst ist der Gehalt des Romans und was aus Angst alles folgt. Es beginnt flott, Artur ist überqualifiziert für seinen Job im Kopierzentrum, immerhin ist er Akademiker und auch die Nachhilfestunden sind eigentlich nicht angemessen, aber er braucht nicht mehr, mit dem Gehalt seiner Frau, die Mittelschullehrerin ist, kommen sie gut aus. Ehrgeizig ist er also schon mal nicht. Und eigentlich mit seinem Leben ganz zufrieden. Das war eine Liebesehe, nur hat sich das etwas abgeschliffen. Und dann tritt sie ein, die junge Frau im grasgrünen Lackledermantel. Sie kopiert einige Blätter, dann schreibt sie etwas auf ein Blatt, kopiert das auch, bezahlt. Und geht, elegant und attraktiv. Da war doch was, denkt sich Artur, sie hat das Blatt vergessen, geht zum Kopierer, ja, ein Blatt, auf dem steht: „Hübsches Hemd“.

Na so was. Sein Hemd ist von Billa, einem Discounter. Was mir aber nicht aus dem Sinn ging, war die Frage, warum sie den Zettel, auf den sie „Hübsches Hemd“ geschrieben hatte, überhaupt kopiert hatte. Sie hätte ihn doch da lassen können? Und dann beginnt das, was die einen eine Amour fou nennen, die anderen „Typisch Mann!“. Er geht ihr hinterher.

Hier verlassen wir ihn, der erst von ihrem gorillaartigen Typen niedergeschlagen wird, dann mit ihr den Beischlaf versucht und schließlich denselben Typen tot auf ihrem Schlafzimmerboden liegen sieht. Interessante Geschichte.

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Info:
Antonio Fian, Das Polykrates-Syndrom, Literaturverlag Droschl 2014
ISBN 978 3 85420 950 8