niveauhautAuf die Schnelle: Gute Unterhaltungsliteratur, gebraucht, Teil 44

Werner Thala

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das sind zwei Bücher, die, wenn Sie sie gut lesen und manches daraus behalten, Sie zum Star unter Gesellschaften macht, die ein gemeinsames Gespräch schätzen. Außerdem macht das Lesen Spaß!

NIVEAU IST KEINE HAUTCREME. Gepflegte Sprüche für alle Lebenslagen von Günther Willen

Irgendwie bleibt der Titel der gepflegteste Spruch, denn ich muß immer wieder lachen, wenn ich ihn lese, wobei natürlich die weiße Schrift auf dem Niveablau das Ihre tut. Und auch der eingedruckte gelbe Preisnachlaßaufkleber: „Neu: Jetzt mit 20 % mehr Niveau.“, bringt mich zum Lachen. Mit dem Buch ist schwer, schwer umzugehen, obwohl es so leicht daherkommt. Denn abgesehen vom Geleitwort und dem Vorwort des Autors, bestehen die 400 Seiten aus Überschriften und möglichen Bemerkungen. Als Beispiel nehmen wir mal zwei der 16 möglichen Kapitel. Das zweite: DIE WELT IST EIN DORF. Ausdrucksmittel für die alltägliche Unterhaltung sowie DIE BESTE KRANKHEIT TAUGT NIX. Gesundheit und Körperpflege.

Schon im Inhaltsverzeichnis kann man lesen, daß das zweite Kapitel DIE WELT IST EIN DORF sechs Unterpunkte hat!

Kommunikation und Kontakt Persönliches und Privates Gefühle und Stimmungen Peinliche Situationen meistern Höflichkeitsfloskeln zwischen Tür und Angel Konversationsfüller

Ha, schlägt man dann die Seite Kommunikation und Kontakte auf, ergeben sich insgesamt 54 Unterpunkte. Echt. Nur kurze Beispiele aus der BEGRÜßUNG Grundwortschatz:
1. Die Sonne geht auf!
2. Guten
3. Tacho. Tach auch.
4. Moin!
...
11. Hallo schöne Frau!


Dann gibt‘s als nächstes BEGRÜßUNG Aufbauwortschatz

1. Lange nicht gesehen – und doch wiedererkannt!
2. Wenn man vom Teufel spricht, ist er nicht weit. (ironisch)
...
4. Ei gude! (hessisch)
...
15. Sei gegruselt. (statt:Sei gegrüßt.)

Verstehen Sie nun das Problem, das man dieses Buch kaum darstellen kann, aber nach dem Durchblättern auch nicht mehr verwenden will. Durchblättern und mal lachen, mal gähnen und weiterverschenken!



DIE BIBLIOTHEK DER VERLORENEN BÜCHER von Alexander Pechmann

biblitohel verlorenWann immer ich Bibliothek lese, aber auch verlorene Bücher, ist mir die Person des Jorge Luis Borges gegenwärtig. Es ist schon toll, wie dieser Argentinier (1899-1986) uns in Beschlag nimmt, daß man gar nicht anders kann, als an ihn zu denken. Übrigens liebte ihn Gabriel García Márques, was man seinen wunderbaren Werken anmerkt. Kein Wunder also, daß der Unter-Unter-Bibliothekar als Inschrift über dem Eingang seiner Bibliothek einen Satz von Borges angebracht hat: „Die bloße Möglichkeit eines Buches ist hinreichend für sein Dasein.

Schnell verstehe ich die Absicht. Da werden alle Möglichkeiten, wie es zu Büchern kommen sollte oder sogar schon fertige Manuskripte mit all dem konfrontiert, was mit Blättern passieren kann: man kann Kaffee darüberschütten, sie können von der Putzfrau verbrannt werden, aber auch die Kinder können aus ihnen Wärme erzielen, manchmal ist der Schriftsteller selber so im Wahn, daß er das Manuskript selbst entsorgt, doch viel häufiger ist es nicht Absicht, sondern Zufall, daß das was mit Absicht aufgeschrieben wurde, ganz absichtslos verloren geht. Selbst fertige Manuskripte sind in der Bahn schon aufgefunden worden. Und hatten keinen Verfasser. Keinen, der sie vermißte.

Das ist die eine Seite. Die andere Seite nimmt nun die Autoren an die Hand, bei denen sich der Herausgeber besonders gut auskennt, das sind vorwiegen englische, nein englischsprachige Autoren, weil er Amerikanistik studiert hat und aus dem Englischen übersetzt. Aber damit befindet er sich im Mainstream, denn wir sind sowieso auch gegenwärtig von englischsprachiger Literatur überschwemmt. Jemand wie Prosper Mérimée ist dann die französische Ausnahme. Aber gut gewählt. Der ist nämlich einerseits bis heute eben auch durch seine Novelle CARMEN bekannt, aber der Witz an der Geschichte ist, daß wir mit CARMEN immer Bizets Oper verbinden mit der, leidenschaftlichen Carmen und die Novelle viel unspektakulärer ist. Aufgenommen hat er ihn, weil bekannt ist, daß ein Jahr nach dem Tod des Schriftstellers (1803- 1870) dessen Bibliothek verbrannte, was korrespondiert mit dem eigenen Verbrennen von Manuskripten. Denn er war streng mit seinem Qualtiätsanspruch, was ihm nicht gefiel, mußte weg.

Dann gibt es aber auch andere Schriftsteller, die so von sich überzeugt sind, daß sie selbst Einkaufszettel in der eigenen Handschrift aufheben und auf den Ruhm von morgen warten. Damit also nicht nur englische-amerikanische Autoren vorkommen, ist auch noch der Vorzeigerusse Puschkin dabei, und aus dem Deutschen sogar Thomas Mann und Kafka!

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Info:
Günther Willen, NIVEAU ist keine Hautcreme. Gepflegte Sprüche für alle Lebenslagen,Ullstein Verlag 2019
ISBN 978 3 548 37787 2

Alexander Pechmann, Die Bibliothek der verlorenen Bücher, Aufbau Verlag 2007
ISBN 978 3 351 02650 9