Auf die Schnelle: Gute Krimiliteratur, gebraucht, Teil 72
Elisabeth Römer
Hamburg (Weltexpresso) – Zwei völlig unterschiedliche Kriminalromane, der eine ein englischsprachiger von dem Australier Michael Robotham, ein wirklicher Psychothriller und ein deutscher Erfolgsautor, der eine große Fangemeinde hat, und hier ein sehr ungewöhnliches religiöses Szenarium entwickelt. Erfunden natürlich.
FÜRCHTE DIE SCHATTEN von Michael Robotham
Ein rasantes Buch, das einen in Spannung hält. Detective Superintendent Hamish Whitmore ging es nicht gut, weshalb er sich pensionieren ließ und nun wird er tot aufgefunden. Schrecklicher Selbstmord durch Enthaupten. Aber irgendetwas ist faul daran. Sicher der Grund, daß man wieder einmal den forensischen Psychologen Cyrus Haven hinzuzieht, der schnell entdeckt, daß hier etwas nicht stimmt. Und als er zusammen mit Lenny Parvel, der leitenden Ermittlerin mit Frau Whitmore sprechen, erfahren sie, daß die Polizei schon da war. Die angebliche Polizei. Erschreckend. Verwirrend. Vor allem, weil dieser Polizist Unterlagen von Whitmore mitgenommen hat.
Das erschreckt Parvel und Haven deshalb, weil die letzte Ermittlung von Whitmore einem pädophilen Vergewaltiger galt, einem alten Fall eigentlich, der aber Interesse weckt und zu Recht befürchtet Parvel, daß die vor Jahren gerettete Evie Cormac gefährdet ist, lebensgefährlich. Sie ist zwar durch eine neue Identität geschützt, aber wenn man davon weiß, ist das auch kein Schutz. Und wer der Sache auf den Grund gehen wollte, kam um. Kein gutes Zeichen, wenn Haven nun endlich diesen Fall klären will.
Denn seit Dezember 2019 kennen wir mit SCHWEIG STILL diesen Cyrus Haven, forensischer Psychologe, und das junge Mädchen Evie Cormac. Wenn nun hier die Fortsetzung kommt, dann gilt dennoch – so machen es heute die Weltschriftsteller – , daß man auch beim zweiten Band einsteigen kann. In diesem nun wird ausgeführt, was sieben Jahre später es mit Evies schauriger Vergangenheit auf sich hat, als sie in dem einsamen Haus aufgefunden wurde zusammen mit einem übel zugerichteten Toten, den man für ihren Entführer und Pädophilen hielt, während er ist helfen wollte. Doch Evie spricht über nichts.
Doch erst einmal interessiert den Leser Cyrus Haven, denn er ist wie aus dem Lehrbuch Psychologe geworden, weil er selbst therapiert werden muß. Er hat eine düstere Vergangenheit. Sein eigener Bruder hatte seine Eltern und seine Schwestern umgebracht. Seit der Zeit will er, der bei den Großeltern lebte, einerseits wissen, was los war, weshalb dies geschah, weshalb er Psychologie studierte, aber er will von sich selber auch tiefenanalytisch wissen, weshalb er als einziger am Leben blieb, eine Situation, die in Menschen Schuldgefühle erzeugt. Das war beispielsweise das große Problem überlebender KZ-Häftlinge, die sich angesichts der Millionen Vergasten und Ermordeten, schuldig fühlten, überlebt zu haben. Cyrus Bruder ist in der Psychiatrie untergebracht. Er besucht ihn regelmäßig.
Kern dieser Geschichte ist nun, wie die Vergangenheit von Evie sich eins ums andere entschlüsselt. Das geht ganz langsam, ist spannend, aber dennoch bleibt ein wichtiger Rest. Der soll dann wohl im dritten Band kommen. Sicher werden dann viele das lesen. Wir auch.
DAS PAULUS EVANGELIUM von Wolfgang Hohlbein
Das machen wir kürzer. Und gehen vom Hörbuch aus. Wichtig ist erst einmal, daß man grundsätzlich um die vier von der Katholischen Kirche anerkannten Evangelien weiß, aber auch weiß, daß es apokryphe Evangelien und weitere christliche Schriften gibt, die deshalb apokryph heißen, weil ihre Quellen nicht bekannt sind – und vor allem,von der Kirche nicht als heilige Schriften anerkannt wurden. Eine hübsche Anekdote, die Meister Hohlbein sicher nicht weiß, ist, daß als die Kirche in den ersten Jahrhunderten nicht wußte, wie sie die heiligen von den erfundenen Schriften trennen sollte, sie alle vorhandenen Schriften auf den Boden vor den Altar legten und Gott baten, zu sprechen, also diejenigen, die heilige waren auf den Altar sprangen und die 'falschen' liegen blieben.
Da war jedoch das Paulus Evangelium nicht dabei, um das es jetzt geht. Im Vatikan wird unterirdisch ein Film gedreht, der nur für die Archive des Vatikan gedacht ist, denn es geht um eine apokryphe Schrift, die im Garten Gethsemane am Abend vor der Kreuzigung nicht Jesus, sondern Petrus als denjenigen ausmacht, der am Folgetag ans Kreuz genagelt wird. Damit würde die Grundlage des Christentums entfallen. Deshalb ist dort im Verlies beim Drehen keine Mitschneidegelegenheit, kein Internet, das diese Geschichte verbreiten könnte. Nur Strom brauchen die Leute.
In Köln wollen zwei junge Hacker, Guido und Marc, ihren Freund Johannis davon abhalten, katholischer Priester zu werden. Sie hacken sich in die geheime Datenbank des Vatikans ein und vor ihnen läuft dieser Verrat Jehudas – die griechische Form von Judas – ab, den sie sofort auf einen Stick ziehen, obwohl sie noch nicht ahnen, was passieren wird. Technisch wurde die Sichtung durch Hacken möglich, weil die Übertragung über das Stromnetz lief. In der Geschichte. In Wirklichkeit ist das nicht möglich.
Das Folgende ist eine erbarmungslose Jagd nach dem Stick, in die sich Kardinal di Milani aus Rom einschaltet, der alles und alle vernichten will, was Zweifel an den Dogmen von Rom erwecken könnte. Aber es schalten sich auch die Geheimdienste ein, die USA, der deutsche, aber auch und vorrangig der israelische. Denn dorthin geht es jetzt bis zum blutigen Ende....
Fotos:
Cover
Info:
Michael Robotham, Fürchte die Schatten, Goldmann Verlag 2020
ISBN 978 3 442 31506 2
Wolfgang Hohlbein, Das Paulus Evangelium, gesprochen von Sascha Rotermund, 6 CDs, Spielzeit 429 Minuten, Lübbe Audio 2006
ISBN 978 3 7857 3307 3