Bildschirmfoto 2021 03 20 um 00.24.53Auf die Schnelle: Gute Kulturliteratur, gebraucht, Teil 96

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das gehörte zu den Urweisheiten meiner kulturgesättigten Kindheit: die Zisterzienserklöster stehen im Talniederungen (Wasser!!), die Benediktinerklöster hoch auf dem Berg! Das eine sind Arbeitsklöster, die das „ora et labora“ wichtiger nahmen, die anderen, der Ursprungsorden, hat neben „ora et labora“ das „et lege“ im Zentrum: also „und lies“. Sie lehren und haben die wunderbarsten Bibliotheken zusammengetragen.

In diesem Buch wird nun am Beispiel von drei Zisterzienserklöstern in Baden-Württemberg nachvollzogen, welche ungeheure Kenntnis in der Wasserwirtschaft sich die Zisterzienser aneigneten und eine Wassertechnologie beherrschten, die Heutige voller Anerkennung bewundern. Sie haben das nicht erfunden, sondern konnten auf den Erfahrungen der Römer aufbauen, die ja das Wasser über hohe Aquädukte in weite Fernen schickten und wo immer Römer siedelten, das Wasser in den Häusern zu einem zivilisatorischen Höhepunkt der Hygiene machten. Die Araber brachten darüber hinaus noch das Bewässerungssystem für die Landwirtschaft nach Spanien.

Wasser und Zisterzienser kann man unter verschiedenen Gesichtspunkten erforschen. Einmal innerhalb der Klosteranlage und zum anderen zur Urbarmachung der noch unerschlossenen Landschaften und Länder, an denen sich die Zisterzienser herausragend gerade im Osten beteiligten. In den Klöstern wurden die natürlichen Wasserverläufe entweder im Original genutzt oder zu einem System umgeleitet, so daß die Klostergängen wie von natürlichen Wasseradern durchzogen erschienen, obwohl sie kultiviert wurden. Eigentlich entspricht der Umgang mit dem Wasser dem Grundsatz des klösterlichen Wesens, das grundsätzlich auch den Menschen im christlichen Sinn ‚‘kultivieren‘ will, was von der Wortbedeutung her aussagen soll, daß etwas auf eine höhere Ebene gebracht wird. Liest man die liebevollen Beschreibungen von Mönchen über das Grün im Kloster, über den Blumen- und Gemüsegarten, glaubt man, einen heutigen grünen Grünen zu lesen oder einen Buddhisten, der in der Natur keinem Wurm zu nahe tritt. Was ich übrigens teile. Natürlich gab es im Kloster auch einen Klosterteich, der mithilfe eines Kanals angelegt wird.

Was das Urbarmachen angeht, war Wasser schon für die ganzen Holzarbeiten wichtig. Aber es interessiert uns mehr, wie dieser Arbeitsorden in allen Bereichen des Wirtschaftens tätig war.en Das waren noch Zeiten, wo Gerbereien, Fischzucht u.a. zusätzlich einen enormen Wasserbedarf hatten und man schon von der ‚Ressource‘ Wasser sprach. Aber Wasser ist nicht gleich Wasser. Daß Quellwasser als rein eine besondere Bedeutung bekam – auch ohne Quellnymphen -, das zeigt, daß bestimmte Phänomene überall auftauchen, für die christliche Kirche dann in der Vorgabe, daß man mit Quellwasser die liturgischen Geräte reinigt und es überhaupt rituell nutzt. Wasser hat natürlich wie Erde schon in der Schöpfungsgeschichte als materia prima existentielle Bedeutung, was sich fortsetzt, wenn Moses in der Wüste mit dem Stab an den Felsen schlagend eine Quelle sprudeln läßt und sogar das Meer teilen kann. Und mit Wasser beginnt das christliche Leben, denn die Taufe – erst durch Johannes den Täufer für Jesus, dann für jeden Menschen, wenn er es will – ist einfach ein Sinnbild, genauso wie auch bis heute in katholischen Kirchen das Weihwasser eigentlich ein Eintrittsritual für die Zugehörigen ist. Wasser hilft, wenn man damit umgehen kann und das kann man lernen.

Das gilt nicht nur für hauptamtliche Christen, die natürlich in der Messe mit Wasser und Wein in der Wandlung erneut aufs Thema kommen, auch in und außerhalb der Kirche mit Weihwasser segnen und vor Unbill schützen. Sogar in der Fußwaschung von Christus ist das Wasser wieder da und findet in dem an den Klosterkirchen anschließenden Kreuzgangflügel mit Wasserbecken und Ausgüssen in den Klöstern seine Entsprechung, wenn in der Gründonnerstagliturgie, aber bei den Zisterziensern jeden Samstag dieser Ritus vollzogen wird.

Doch ist auch im Kloster Wasser ein tägliches Muß bei den Alltagsarbeiten in der Küche. Ja, das Quellwasser, aber in den Niederungen sind Quellen nicht häufig, deshalb übernimmt das Grundwasser seine Funktion, dessen Reinheit wir heute auch mit chemischen Untersuchungen nachweisen können. Für das Mittelalter war das alles Erfahrungswissen, das rituell genutzt wurde.

Es fehlt noch für die wirtschaftliche Seite von Klöstern das Wasser als Energiequelle. Auch wenn die Elektrizität noch nicht erkannt war, so gab es doch Wassermühlen und man konnte Wasser speichern, was in wasserarmen Jahreszeiten für die Pflanzungen wichtig war, wobei auch in alten Zeiten zwischen Trinkwasser und Brauchwasser unterschieden wurde.

Das ist nur eine Zusammenfassung all der Themen, die nun an den drei Abteien von Bebenhausen, Maulbronn und Salem konkret mit sehr viel Bildmaterial (gut!) nachvollzogen werden, was hier den Rahmen sprengt. Vorab aber werden die wassertechnischen Anlagen in Zisterzienserklöstern als Voraussetzung für eine Klostergründung in fachlich und sachlich verständlicher Weise mit vielen Zeichnungen, Grundrissen und Fotos auf 44 Seiten dargelegt. Die Aufbereitung alten Wissens ist erstaunlich und beglückend.

Foto:
Cover

Info:
Ulrich Knapp, Die Zisterzienser und das Wasser. Unter besonderer Berücksichtigung der Abteien Bebenhausen, Maulbronn und Salem.Staatliche Schlösser und Gräten Baden-Württemberg, Michael Imhof Verlag 2020
IBSN 978 3 7319 0350 5