Klaus Hagert
Leipzig (Weltexpresso) - Die Autorin Heike Behrend, Verlag Matthes & Seitz, ist vorgestern für ihr Buch »Menschwerdung eines Affen. Eine Autobiografie der ethnografischen Forschung« mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2021 in der Kategorie Sachbuch/Essayistik ausgezeichnet worden.
Begründung der Jury
Nur wer sich selbst für die Welt öffnet, wird auch in ihr heimisch werden. Diese Erfahrung ist das zentrale Moment des Buchs von Heike Behrend. Die eigene Neugier der Ethnologin stieß während ihrer Feldforschungsaufenthalte auf die der besuchten Gruppen und sie selbst wurde zum Gegenstand der Beobachtung durch ihre Gastgeber. Es gehört viel Selbsterkenntnis dazu, sich erkannt zu fühlen. „Menschwerdung eines Affen“, benannt nach der sich wandelnden Zuschreibung, die man ihr in den kenianischen Tugenbergen als Forscherin, die dort zur Freundin wurde, angedeihen ließ, legt Zeugnis davon ab, dass Heike Behrend diese Befähigung besitzt. Und mit ihrer Betrachtung der Betrachter ihrer selbst als Betrachterin gewinnt sie auch eine Perspektive auf die eigene Kultur – sowohl verstanden als nationale wie als disziplinäre. Geisteswissenschaft in der Form, wie Heike Behrend sie teilnehmend beschreibt, ist im besten Sinne Geistesbeschwörung: Sie provoziert zu einem Blick, der intellektuell agiert statt visuell. Ihr Buch ist eine ebenso köstliche wie kostbare Lektüre, die unsere Horizonte weit verschiebt, ohne dabei eine politische Agenda vermitteln zu wollen. Es ist geboren und geschrieben aus der Emphase für die Gemeinsamkeit dessen, was Menschsein ausmacht: die Überwindung von Vorurteilen. Solchen seiner selbst über andere und solchen anderer über einen selbst. Es ist ein erhellendes Buch in diesen sich verdunkelnden Zeiten.
Die Autorin
Heike Behrend, 1947 in Stralsund geboren, studierte Ethnologie und Religionswissenschaft in München, Wien und Berlin. Sie arbeitete ethnografisch vor allem in Ostafrika, unterrichtete an verschiedenen Universitäten im In- und Ausland und lebt in Berlin.
Das Buch
»Affe« nannten die Bewohner der Tugenberge in Kenia die Ethonologin Heike Behrend, als sie 1978 zu ihnen kam. Behrend wird mit fremder Fremderfahrung konfrontiert und muss sich fragen, welche Wahrheit diese Namen zum Ausdruck bringen, welche koloniale Geschichte sie erzählen und welche Kritik sie an ihrer Person und Arbeit üben. Diese Autobiografie der ethnografischen Forschung erzählt keine heroische Erfolgsgeschichte, sondern berichtet von dem, was in den herkömmlichen Ethnografien meist ausgeschlossen wird: unheroischen Verstrickungen, kulturelle Missverständnisse, Konflikte, Fehlleistungen und Situationen des Scheiterns in der Fremde. Heike Behrend gelingt so ein freimütiger Blick auf die Ethnologie als Poetik sozialer Beziehungen.
Foto:
Cover und Autorin
Nur wer sich selbst für die Welt öffnet, wird auch in ihr heimisch werden. Diese Erfahrung ist das zentrale Moment des Buchs von Heike Behrend. Die eigene Neugier der Ethnologin stieß während ihrer Feldforschungsaufenthalte auf die der besuchten Gruppen und sie selbst wurde zum Gegenstand der Beobachtung durch ihre Gastgeber. Es gehört viel Selbsterkenntnis dazu, sich erkannt zu fühlen. „Menschwerdung eines Affen“, benannt nach der sich wandelnden Zuschreibung, die man ihr in den kenianischen Tugenbergen als Forscherin, die dort zur Freundin wurde, angedeihen ließ, legt Zeugnis davon ab, dass Heike Behrend diese Befähigung besitzt. Und mit ihrer Betrachtung der Betrachter ihrer selbst als Betrachterin gewinnt sie auch eine Perspektive auf die eigene Kultur – sowohl verstanden als nationale wie als disziplinäre. Geisteswissenschaft in der Form, wie Heike Behrend sie teilnehmend beschreibt, ist im besten Sinne Geistesbeschwörung: Sie provoziert zu einem Blick, der intellektuell agiert statt visuell. Ihr Buch ist eine ebenso köstliche wie kostbare Lektüre, die unsere Horizonte weit verschiebt, ohne dabei eine politische Agenda vermitteln zu wollen. Es ist geboren und geschrieben aus der Emphase für die Gemeinsamkeit dessen, was Menschsein ausmacht: die Überwindung von Vorurteilen. Solchen seiner selbst über andere und solchen anderer über einen selbst. Es ist ein erhellendes Buch in diesen sich verdunkelnden Zeiten.
Die Autorin
Heike Behrend, 1947 in Stralsund geboren, studierte Ethnologie und Religionswissenschaft in München, Wien und Berlin. Sie arbeitete ethnografisch vor allem in Ostafrika, unterrichtete an verschiedenen Universitäten im In- und Ausland und lebt in Berlin.
Das Buch
»Affe« nannten die Bewohner der Tugenberge in Kenia die Ethonologin Heike Behrend, als sie 1978 zu ihnen kam. Behrend wird mit fremder Fremderfahrung konfrontiert und muss sich fragen, welche Wahrheit diese Namen zum Ausdruck bringen, welche koloniale Geschichte sie erzählen und welche Kritik sie an ihrer Person und Arbeit üben. Diese Autobiografie der ethnografischen Forschung erzählt keine heroische Erfolgsgeschichte, sondern berichtet von dem, was in den herkömmlichen Ethnografien meist ausgeschlossen wird: unheroischen Verstrickungen, kulturelle Missverständnisse, Konflikte, Fehlleistungen und Situationen des Scheiterns in der Fremde. Heike Behrend gelingt so ein freimütiger Blick auf die Ethnologie als Poetik sozialer Beziehungen.
Foto:
Cover und Autorin
© Verlag
Info:
Heike Behrend: Menschwerdung eines Affen. Eine Autobiografie der ethnografischen Forschung
Gebunden
278 Seiten | 25 Euro
Matthes & Seitz Berlin
Info:
Heike Behrend: Menschwerdung eines Affen. Eine Autobiografie der ethnografischen Forschung
Gebunden
278 Seiten | 25 Euro
Matthes & Seitz Berlin