Felicitas Schubert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Auch wir lieben die Geschichte von der Geschichte, möchten also am liebsten alles von vorne erzählen, wie das war, als in Leipzig die Idee entstand, so etwas Verrücktes wie Kind und Kunst als Erziehungsaufgabe anzunehmen, wobei ‚Erziehung‘ schon falsch ist, denn es geht um Ermöglichen, es geht um die Ausstülpung innerer Prozesse nach außen, es geht einfach um ein Menschenbild, das nicht erst ‚begabt‘ werden muß, sondern in dem Gestaltungsprozesse ablaufen, die der Erwachsene fördern kann. Und das macht die Leipziger Buchkinder aus.
Es geht um die Druck- und Schreibwerkstätten des Buchkinder Leipzig e.V.!! Auf Fotos kann man das gut erkennen, wenn am großen langen Tisch einzelne Kinder an ihren Blättern arbeiten, andere aber am Boden hocken und ein riesengroßes Blatt bemalen, das größer scheint als das Kind selber. Das erfordert übrigens Mut, das große Format. Aber erst zum Tisch. Da lesen wir nämlich in der BUCHKINDERPOST Nr. 23, dem Verlagsprogramm und Magazin des Buchkinder Leipzig e.V. Nr. 23, vom Frühjahr 2021: „Der große alte Tisch mit all seinen Arbeitsspuren, der bei uns in der Werkstatt in Lindenau das räumliche Zentrum der Begegnung mit den Kindern und Jugendlichen markiert, begleitet die Arbeit der Buchkinder Leipzig e.V. seit seiner Gründung vor 20 Jahren.“
Tatsächlich steckt viel Arbeit dahinter, Aufbauarbeit, was sich jetzt mit dem Verlagsbestand von 651 im Verlag erschienenen Bücher manifestiert. Das war im Frühling und es war ein Einschnitt, denn Corona hatte die erfolgreiche Arbeit ausgebremst. Nicht total, aber doch behindert, denn die Arbeit mit Kindern setzt Kontinuität, Verläßlichkeit voraus – also das Gegenteil von Corona. Die Auswirkungen der Pandemie und deren notwendige Kontaktbeschränkungen sind gerade dort toxisch, wo das persönliche Beisammensein kreative Prozesse bei Kindern fördern kann.
In dieser Buchkinderpost wird darum erläutert: „Wo entstehen neue Qualitäten und wo ergeben die Bemühungen nur ein Surrogat des eigentlichen Dialoges? Sicher sind wir uns in einem einig: Digitale Strukturen ersetzen kein inhaltliches, pädagogisches Handeln.“ Aber es geht trotzdem weiter und wir schildern jetzt die normale Situation ohne Pandemie, die sich ständig weiterentwickelt hat. Auch vom Alter her. Denn kleine Kinder, die mit drei Jahren hier angefangen haben, wollen als große Kinder, gar als Jugendliche nicht mit dem Malen und Gestalten von Büchern aufhören und so gilt als Regel, daß hier „Kinder und Jugendliche im Alter von drei bis 17 Jahren ihre Geschichten zu eigenen Büchern“ entwickeln. Da gibt es einen Plan bei dem einen, die andere fängt einfach und und überlegt sich danach, wie man alles zusammenfügen kann. Wichtig ist das Sich Austauschen, wie aus einer Idee ein Vorhaben wird, wie das mit dem Text ist, der erst einmal aufgeschrieben werden muß und dann die Überlegung kommt, welche Bilder dazu passen. Doch das ist erst der Anfang, denn dann kommt die eigentliche Produktion, an der die Kinder auch beteiligt sind. Der Text muß gesetzt werden, welche Buchstaben, welche Schrift und dann der Druck! Schließlich halten die Kinder ihre eigenen Produkte in den Händen. Schauen Sie sich dann deren Gesichter an, die zwischen Stolz, Überraschung und so tiefer Verwunderung wie Bewunderung changieren.
Das Besondere dieser Buchkinderarbeit bleibt, daß neben dem freien und selbständigen Arbeiten, „daß die Kinder und Jugendlichen in alle Prozesse des Büchermachens eingebunden sind: vom ersten Linolschnitt, dem ersten Buchstaben auf Papier bis hin zur Umsetzung des eigenen Buches, welches in kleinen Auflagen in der vereinseigenen Buchmanufaktur hergestellt und zum Verkauf angeboten wird.“ Wir konnten auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse die Produkte einsehen und waren wirklich überrascht über die so unterschiedliche Gestaltung jedes einzelnen Buches. Hier wird Individualität genauso gefördert wie generell Kreativität. Dazu gleich noch mehr.
In Leipzig aber, wo alles anfing und sich die Buchkindergärten ausbreiten – war das nicht auch in Leipzig, wo der eigentlich schwarze Pädagoge die heilsame Idee mit den Gärten für die Leute hatte, die ansonsten in beengten dunklen Wohnverhältnissen die Sehnsucht nach Licht und Sonne hatten, ja, es war der 1808 in Leipzig geborenen, Arzt und Pädagogen Daniel Gottlob Moritz Schreber, nach dem diese Gärten bis heute Schrebergärten heißen, wozu jetzt die Leipziger Buchkindergärten stoßen, die den Intellektuellen und künstlerischen Freiraum bieten - , in Leipzig also können die Kinder und Jugendlichen in Nachmittagskursen in zwei Werkstätten arbeiten, es gibt auch Kooperationen mit Schulen, Hort oder Kindergarten. Auf jeden Fall kann jedes Kind, unabhängig vom Status des Elternhauses mitmachen, seit im März 2013 der erste BuchKinderGarten für 119 Kinder mit eigenem pädagogischem Konzept entstand.
Zur Selbstbeschreibung noch Zitate:
„Dieser Prozess zeigt ein Dialogfeld zwischen dem einzelnen Kind und einem erwachsenen Begleiter auf und ergibt einen roten Faden von der ersten Begegnung, der ersten Idee bis zum fertigen Buch oder dem persönlichen Vortragen der Geschichten vor anderen Menschen.“
„Buchkinderarbeit hat in erster Linie mit der Haltung zu tun, aus der Erwachsene den Kindern begegnen: sie zu achten als selbständig denkende und handelnde junge Menschen, sie ernst zu nehmen mit allem, was da ist. Als erwachsene Begleiter verstehen wir uns als Raumgeber für eigene Erfahrungsmöglichkeiten, um eigene Ideen und Vorstellungen hervorzubringen. Die Kinder spüren schnell, dass sie es sind, die gemeint sind, es gibt keine vorgegebenen Aufgabenstellungen, die es zu erfüllen gilt. Dieser Rahmen schafft das notwendige Vertrauen, welches sich im Austausch, im Dialog zwischen dem Kind und dem Begleiter entwickelt.
Fotos:
Werkstatt-Situationen aus dem BuchKinderGarten und den Nachmittagskursen im Buchkinder Leipzig e. V..
©Buchkinder Leipzig e. V.
Info:
Ein Forschungsprojekt des Kunstmuseums Kolumba in Köln und des Buchkinder Leipzig e. V.
Telefon: 0341-2253742
www.buchkinder.de/k3
Kunstmuseum des Erzbistums Köln (KdöR).
KOLUMBA – Buchkinder Leipzig e.V.
Projektleitung, Kurator und stellv. Leiter von Kolumba
www.erzbistum-koeln.de/institutionen/stiftungszentrum/stiftungen_und_fonds/stiftung-dr.-katharina-und-uwe-winnekes/
www.buchkinder.de
Werkstatt-Situationen aus dem BuchKinderGarten und den Nachmittagskursen im Buchkinder Leipzig e. V..
©Buchkinder Leipzig e. V.
Info:
Ein Forschungsprojekt des Kunstmuseums Kolumba in Köln und des Buchkinder Leipzig e. V.
Telefon: 0341-2253742
www.buchkinder.de/k3
Kunstmuseum des Erzbistums Köln (KdöR).
KOLUMBA – Buchkinder Leipzig e.V.
Projektleitung, Kurator und stellv. Leiter von Kolumba
www.erzbistum-koeln.de/institutionen/stiftungszentrum/stiftungen_und_fonds/stiftung-dr.-katharina-und-uwe-winnekes/
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