penny das dorfMehr über die Krimiautorin, die mit Hillary Clinton STATE OF TERROR schrieb, Teil 3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Jetzt muß es endlich los gehen mit dem ersten Fall, denn über die Autorin und über den gebildeten, höflichen und hintersinnigen Inspector Gamache haben wir schon viele Worte verloren. Nicht aber über das literarische Personal, auf das wir im ersten Krimi treffen, wo leider, die beliebteste Bewohnerin des abseits in Süden Quebecs liegende Dorf von einem Dorf THREE PINES gleich zu Beginn, nein, nicht erschlagen, nicht durch Kugeln erschossen, aber mit einem Pfeil erlegt wird. Mausetot.

Jane Neal ist so eine, der das Herz der Welt zufliegt, weil sie die Welt an ihrem Herzen trug und die Bewohner dieser Welt, hier eben vorzugsweise des Dorfes, glücklich zu machen versuchte, wo es ging. Ein Leben lang, das schon 76 Jahre währte, aber noch länger hatte Bestand gehabt, wäre nicht dieser vorsintflutliche Pfeil, mit dem die Ureinwohner einst und dann die Jäger Tiere erlegen, auf sie abgeschossen worden, als sie früh am Morgen im Wald vor sich hin ging. Das ist zwar eine schöne Goethsche Formulierung, die aber deshalb falsch ist, weil sie – das wissen wir erst ganz am Schluß – von ihrem Mörder in den Wald befohlen wurde. Sie wußte, daß es gefährlich würde, denn sie hat – anders als bei sonstigen frühen Waldspaziergängen – ihren lieben alten Hund nicht mitgenommen, weshalb dieser sein Frauchen überlebt und wie anderes von Freundin Clara versorgt wird.

Der Pfeil in ihrer Brust würde einen nicht wundern, wenn er in einer Dammhirschkuh steckte, denn die hatte einer der Jäger am Vortag – es ist Jagdsaison! - stolz auf der Motorhaube eines Pick-up demonstrativ im Dorf zur Schau gestellt. Aber die Jäger, aus den Städten angereist, weisen jeden Verdacht, sie hätten Jane Neal für ein Tier halten können, von sich. Außerdem ist der Pfeil aus der tödlichen Wunde entfernt worden, nur daß es ein Pfeil war, wird später die Pathologin bestätigen. Inspector Armand Gamache aus Montreals dortiger Polizeibehörde, hatte erst einmal Mühe, den Ort zu finden und war dann im Wald mit einer Toten konfrontiert, die ihm nur Rätsel aufgab. Das wurde nicht besser, als er die Dorfbewohner befragte, denn sie waren zwar auskunftsfreudig und über den Tod erschüttert, aber er erfuhr einfach nichts, was ihm weiterhalf, denn die alte Lehrerin Jane Neal hatte nichts an sich und ihre Lebensführung auch nicht, was einen Ansatz für Verbrechen und einen Verdacht gegen irgendjemanden im Besonderen hätte haben können.

Die nächste der Freundinnen der Ermordeten und auch die nächste Nachbarin ist Clara Morrow, die, das wird man auch in späteren Krimis so empfinden, irgendwie eine Lieblingsfigur der Autorin ist. Sie hatte wie oft am Morgen sich mit Jane im Café des Ortes getroffen, Clara ist dreißig Jahre jünger, schlank und immer ziemlich nervös, will sagen: leicht aus der Ruhe zu bringen. Schon Kaffee bringt das fertig. Aber sie ist eine begnadete Künstlerin, was bisher nur sie selber weiß und 1-2 Personen, die an sie glauben. Ihr Mann Peter Morrow ist das nicht, er ist aber selbst ein bekannter Künstler, der jedoch für ein Werk ein ganzes Jahr braucht, weshalb kein Geld im Haus ist.

An diesem Morgen hatte ihr Jane aufgeregt von einem schrecklichen Erlebnis mit drei Halbstarken im Wald erzählt, die Entendreck um sich warfen, die aber, als sie ihre Namen rief, weil sie sie trotz grüner leuchtender Maske, ein anderer trug eine Skimaske, erkannte, entsetzt geflohen waren. Später am Tag vertraute Jane der in der Jury der Arts Williamsburgs sitzenden Clara an, daß sie erstmals ein Bild dem Festivalausschuß vorlege, denn das war das größte Geheimnis in Three Pines, was Jane überhaupt male, denn über die Küche hinaus, durfte keiner ins Innere des Hauses, nicht mal die beste Freundin Jane. Das Bild FAIR DAY über den Jahrmarktsumzug wird zur Ausstellung angenommen, doch da lebt Jane schon nicht mehr. Aer das Bild wird tatsächlich den Mörder entlarven. Toll eingefädelt. Wobei wir die ganze Zeit Janes Nichte unterschlagen, die das Haus der Tante erben sollte, aber...doch das ist eine andere Geschichte, sie war auf jeden Fall nicht die Mörderin, so leicht lassen wir uns von der Autorin nicht aufs Glatteis führen!

Was sich jetzt in aller Ruhe entwickelt, ist eine klassische Aufklärung durch den Inspector Gamache, der aber - und wir gerne mit ihm – viele Nebenwege beschreiten muß, bis ihn der Hauptweg zum Ziel führt und der Mörder, die Mörderin, die Mörder gefaßt sind. Auf diesem Weg lernen wir seine, in den oberen Artikeln schon gezeichneten Mitarbeiter kennen: das ist in erster Linie sein Stellvertreter Jean Guy Beauvoir, sowie die vife Agentin Lacoste. Beiden vertraut er. Aufs Auge gedrückt bekommt er eine Anfängerin, die sich gleich, wie er meint, töricht aufführt und auch wenn der Leser das erst einmal ungerecht findet, stellt sich die junge Frau ziemlich dämlich an, weil sie alles besser weiß,  erst interpretiert und dann nachfragt. Es ist Agentin Yvette Nichol, von der wir noch viel hören werden.

Über die übrigen Dorfbewohner, die wirklich starke Typen sind, wird in den nächsten Krimis berichtet, denn sie bleiben dort wohnen und erleben die nächsten Fälle auch. Aber einer spielt dann keine Rolle mehr, denn er wird als Mörder entlarvt, was Armand Gamache zusetzt, was er aber in schlichter Kombiniererei herausbekommt. Er wird sich später auch mit Ruth Zardo noch mehr befassen, die hier im Ort nur schrullig ist, aber eine in Kanada beachtete Poetin ist, die auch im Buch viele Gedichte vortragen kann. Doch das Zitat auf Seite 193 „Hast du's getan, getan ist' s nicht, sodann, denn ich tat mehr“, das kommt vom gebildeten und mit allen Wassern gewaschenen Inspector Gamache – womit auch deutlich ist, wer die Donne-Zitate in den Thriller STATE OF TERROR einbrachte. Hillary Clinton war es nicht.

P.S. Das fällt einem erst so richtig auf, wenn man auch das Nachwort zum STATE OF TERROR gelesen hat. Die Autorin widmet ihren ersten Inspector Gamache Krimi, der original 2005 erschien, ihrem Mann Michael, dessen Tod infolge seiner Demenzerkrankung sie dann wiederum im Politthriller erwähnt und ihn posthum ebenfalls ehrt.

Fortsetzung folgt also.
 
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