Bildschirmfoto 2022 05 09 um 21.35.01Ein angeblicher Dani Scarpa läßt Paolo Ritter in Italien ermitteln

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Man kann sich viel grauslichere Italienkrimis vorstellen. Hier stimmen die Rahmenbedingungen, ob Musik, ob Geographie oder auch Länderkunde, denn Paolo entpuppt sich als der typische, etwas engstirnige, aber zuverlässige Deutsche, der zudem unter Panikattacken leidet. Also, da ist mit dem Kerl noch viel Psychologisches aufzuarbeiten, denn dieser Fall ist schon der zweite in Italien. Den ersten, MORD IN PARMA, hatte er ebenfalls gelöst, wie wir sicher sind, die 394 Seiten hindurch, daß er auch hier erfolgreich sein wird.

Allerdings erfordert es die Dramaturgie, daß er erst mal nur in Schwierigkeiten steckt, sowohl erstens mit dem Hotel, wie zweitens mit Lucia, der er immer wieder bezüglich ihrer Ideen zur Renovierung seinen leeren Geldbeutel zeigt, obwohl er täglich zur Aufklärung des Falls mit dem Taxi nach Rimini fährt,wie drittens, daß die Aufklärung lange nicht gelingt und die arme Freundin Chiara weiterhin in Haft sitzt.

Allerdings hat er bei der rothaarigen Inspektorin Bibiana Gallo einen Stein im Brett. Und insofern stimmt die Aussage zu Beginn diesmal auch nicht, denn hier arbeitet der Privatdetektiv und die örtliche Polizei blendend zusammen. Auf diese Weise wird auch der Mörder entlarvt, er tappt in die gestellte Falle. Denn ihm etwas zu beweisen, wäre schwierig geworden.

Wichtig sind auch die Mutter des Ermordeten und sein älterer Bruder, die Eine-Million-Erben des Toten, denn der Pop-Vertrag hatte eine Versicherungsklausel, daß auch im Fall des Todes gezahlt wird. Der Bruder war mit einer Blonden befreundet, der Chiara ähnlich sieht, und die direkt in die Arme des Sängers wechselte, als sie diesen kennenlernte und von seinem Arrangement mit dem Pop-Impressario erfuhr, der auch auftritt, auch verdächtig ist. Inzwischen sind alle verdächtig.

Der Täter? Die Täterin? Na, das dürfen wir hier natürlich nicht verraten, aber, das ist immer ein ganz gutes Prinzip: schauen Sie bei den vorhandenen Personen nach dem, der am unverdächtigsten ist. Genau. Der ist es.

P.S.:
Rimini, ausgerechnet, mit Stadtplan. Ist das Fellini-Museum eingezeichnet, das – Lob! - im Krimi vorkommt? Aber Rimini ist halt so viel mehr. Aus Frankfurt am Main stammt der Autor auf jeden Fall nicht! Denn dann hätte er vom Rimini-Altar gesprochen, diesem herrlichem Schnitzwerk aus Alabaster, das gerade gereinigt und aufgehübscht bis September in einer Ausstellung im Liebieghaus zu sehen ist.

Und auch mit der Musik geht es wohl über Puccinis Nessun Dorma nicht hinaus. Sonst hätte er die Steilvorlage der Francesca di Rimini aufgenommen. Allein fünf Opern gibt es mit ihrem Namen im Titel, sogar Tschaikowski hat eine Sinfonie nach ihr genannt und auch das ist nicht alles. Denn die Adlige des 13. Jahrhunderts ist als eine der Hauptfiguren eingegangen in die Dichtung ihres Zeitgenossen Dante Alighieri in dessen GÖTTLICHER KOMÖDIE. Nicht nur das. Sie wurde von ihrem eigenen Ehemann Malatesta ermordet. Der hatte allerdings Gründe, denn sie hatte die Ehe gebrochen, ausgerechnet mit seinem jüngeren Stiefbruder Paolo. Klingelt da was? Paolo heißt doch auch der deutsche Ermittler Ritter mit Vornamen.

Die neue Mode, daß deutschsprachige Krimischriftsteller ihre Krimihandlungen in Ferienländern spielen lassen, kann man unterteilen. In dem gerade von uns besprochenen, in der Bretagne spielenden Krimi DER DACHS beschreibt Autor Christian Buder eine rein französische Welt mit dem ermittelnden Helden von der Gendarmerie.

Im vorliegenden Krimi dagegen wird ein nun in Italien lebender Deutscher, Paolo Ritter, der Ermittlererfahrung vom Münchner LKA hat, zur Hauptfigur, die nicht nur den Mord aufklären wird, sondern darüberhinaus auch private Händel, ja Liebeshändel hat. Das typisch Deutsche am Deutschen, das bei Herrn Ritter überaus reichhaltig vorhanden ist, bietet natürlich im Roman vielfältige Schreibanlässe. Das ist eine geschickte Schreibstrategie, weil auf diese Weise ständig auch Deutschland in Italien aufscheint. Zudem hat sich eine Verdächtige hierher geflüchtet und seine Ex-Liebe aus München hilft ihm mit ihren Polizeikontakten.Warum sich allerdings der Autor einen italienischen Namen verpaßt, dann aber jeder weiß, daß sich ein Deutscher dahinter versteckt, ist reichlich albern.

Foto:
Paolo und Francesca da Rimini von Dante Gabriel Rossetti
©kunstkopie.de

Info:
Sani Scarpa, Tod in Rimini, Paolo Ritter ermittelt, Polaris, Rowohlt Verlag 2022
ISBN 978 3 499 00472 8