zusammen wenigermeinen Dina El Nawab & Markus Stromiedel im Goldmann Verlag

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das Geschäftsmodell Krimi blüht und gedeiht und heute gehört schon viel Recherche und Selberlesen dazu, das weite Feld noch überblicken zu können, was sich erst einmal auf den internationalen Markt richtet, aber auch auf den deutschen Sprachraum bezieht. Woher soll der ‚normale‘ Leser also seine Informationen beziehen, ob ein Krimi in sein Lese-Repertoire paßt. Die allermeisten haben nämlich eine Schwäche für spezielle Untergenres innerhalb von Kriminalromanen, lesen nicht alles, sondern ziehen bestimmte Krimis und Töne vor.

Klar, da kann man im Klappentext oder auf der Buchrückseite über den Inhalt, also einen Überblick über die Geschichte lesen. Aber seien wir ehrlich, damit ist noch nicht allzu viel geklärt, denn oft entwickelt sich die Geschichte ganz anders und vor allem hat die Art und Weise der Darstellung einfach viel mit dem Urteil, ob es gefällt, zu tun. Also wollen wir mit dieser Besprechung mehr Licht bringen, zumal am Schluß sich die beiden Hauptpersonen, Anwältin Lizzi Bergmann und Personenschützer Erik sowie dessen Auftraggeber, der Vater von Lizzi, Anwalt Bergmann, vornehmen, in Zukunft zu dritt zu ermitteln, professionell, was doch sehr stark nach Fortsetzung, nach Serie klingt.

Dafür wird es Leser geben, sagen wir mal, denn in diesem Krimi stimmt die Geschichte, sie trägt auf 480 Seiten, auch wenn einen die eingebauten Scharmützel zwischen Lizzi und Erik auf Dauer nerven, sind sie gleichzeitig doch auch die Energieschübe, die Aufklärung voranzutreiben, denn es herrscht erst einmal Dunkel. Lizzi, in England geboren, ist als Kind mit ihrem deutschen Vater nach dem Unfalltod der englischen Mutter nach Deutschland gekommen, im Internat aufgewachsen und von ihrem Vater immer auf leichten Abstand gehalten worden, was sie als mangelnde Liebe empfand, der Leser aber schon bald als Schutz des Vaters vor den Konsequenzen seiner damaligen Konflikte in England versteht. Und nun ist der Vater verschwunden. Einfach weg. Sein Frankfurter Büro geräumt, seine Wohnung auch. Dafür taucht, noch dazu in ihrem Badezimmer ein Personenschützer auf, der behauptet, der Vater habe ihn geschickt, weil Lizzi in Gefahr, ja in Lebensgefahr ist. Es braucht einen Großteil des Buches, bis die störrische und leichtfertige, ja oft richtig dumme Lizzi das einsieht, ihm wenigstens zum Teil vertraut.

Nervt sie also durch übertriebenes Selbstbehaupten, sie muß immer die Lacher auf ihrer Seite haben und das letzte Wort sowieso – was die Autoren geschickt als Ausfluß ihrer fehlenden Elternbestätigung einstreuen - , so entwickelt sie im Laufe der Geschichte, die in Frankfurt am Main beginnt, über den Hintertaunus nach Thüringen führt, von dort nach Ostengland, wo sie herstammt, immer stärker strategisch-taktisches, ja absolut kluges Verhalten.

Lizzi wird von zwei Männern verfolgt, die sich als ihre Brüder ausgeben, englische Profi-Killer sind und durch entschlossenes Handeln durch Erik abgehängt werden, dann aber dort auftauchen, wo Erik seinen Auftraggeber vergeblich vermutet, in dessen Villa in Thüringen, wo die beiden aber zumindest dessen Spur Richtung England entdecken, ihm folgen, schon wieder auf die beiden Engländern treffen, diese auf der Fähre kalt stellen, und endlich an den Ort kommen, wo sie vergeblich den Vater vermuten, dafür aber ins Wespennest stechen und den klärenden Showdown für sich entscheiden, ja einen vollständigen Sieg kassieren.

Doch die äußere Handlung wird unterstützt durch inneres Geschehen bei Lizzi. Denn sie hat immer wieder Träume und Flashbacks, die ihre Mutter und deren Tod betreffen, sie verstören und ein schlechtes Gewissen erzeugen. Daß sie deren Tod als mörderische Absicht eines Bösen entlarvt, hilft ihr beim Erwachsenwerden, in das sie als zunehmend souveräne Frau hineinschlittert. Das merkt auch der Vater, den Lizzi und Erik, in Amrum versteckt, auch noch finden. Doch, doch, das wird was mit einer Fortsetzung. Für die würde ich mir mehr literarische Aufmerksamkeit für andere Personen wünschen. Ja, für den Vater auch, aber vor allem für Personen, die ermordet werden. Hier war es ‚nur‘ die Sekretärin des Vaters, die ermordet wurde. Das erfährt man, ohne die Person zu kennen und ohne irgendetwas über sie oder ihren Tod zu erfahren, außer, daß die beiden Engländer sie erschossen haben. Das ist zu wenig für ein Opfer.

P.S.
Daß die beiden Autoren erfahrene Drehbuchschreiber, auch Zusammenschreiber sind, merkt man durchgehend. Es blitzen immer wieder richtig gute Ideen und ein kreativer Umgang mit Sprache auf.

Foto:
Umschlagbild

Info:
Dina El-Nawab, Markus Stromiedel, Zusammen stirbt man weniger allein, Kriminalroman, Goldmann Verlag, Juni 2022
ISBN 978 3 442 49156 8