Elisabeth de Waal, Donnerstags bei Kanakis, Buch im Zsolnay Verlag, Audio CDs bei Hörbuch Hamburg, Teil 2

 

Anna von Stillmark

 

München (Weltexpresso) – Die eigentliche Hauptperson des Romans wird aber die junge Amerikanerin Marie-Theres Larsen, die von der der adeligen Mutter, die mit einem Bürgerlichen nach Amerika ging, in die Heimat ins Haus der gräflichen Tante geschickt wird. Ob Elisabeth de Waal, 1899 in Wien geboren und 1991 gestorben und als 'jüdische Baroness' bezeichnet mit dem dann traurigen Schicksal der schönen Resi eigene Erfahrungen verknüpfen wollte, wissen wir nicht.

 

Deutlich wird im Vorwort ihres Enkels Edmund de Waal, der durch seine Familienchronik „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ 2011 Bestsellerautor wurde und dem sein Vater „Das mit etlichen Tippex-Korrekturen versehen vergilbte Typoskript“(S.5) übergeben hatte, daß ohne dessen Einflußnahme aus dem Manuskript nie ein Buch geworden wäre. „Elisabeth de Waal war Wienerin, und dies ist ein Roman über das Wienersein.“, schreibt er.“Als solcher ist es ein Roman über exil und Rückkehr, über die widerstreitenden Kräfte von Liebe, Zorn und Verzweiflung, angesichts eines Ortes, der zu eignen Identität gehört, der einen aber auch abgewiesen hat.“ (S.7)

 

Das aber gilt eher für die Exilanten Vogel und Kanakis, während die Resi genannte Amerikanerin eher zum Abbild einer naiven, d.h. gutgläubigen frischen, frommen jungen Frau aus der Neuen Welt wird, der die Alte Welt in ihrer gesellschaftlichen Perfidie und Durchtriebenheit böse mitspielt, denn den ganzen 343 Seiten langen Roman wissen wir: „Nicht so hoch hinaus, es geht übel aus“, wie schon die Kleinbürgerweisheit sagt. Denn noch namenlos erfahren wir auf der ersten Seite von einem tödlichen Unglücksfall, der sich im Landhaus eines amerikanischen Millionärs zugetragen hatte. Eine junge Amerikanerin aus guter Gesellschaft, zu Besuch bei ihren österreichischen Verwandten, war an Schusswunden gestorben, nachdem sie unvorsichtig mit einem Gewehr hantiert hatte.“ ( S.17) Nachtigall, ick hör dir trapsen...

 

 

Die Passagen dazwischen, wenn Resi zu den Verwandten kommt, in Österreich erst das Landleben, dann die Stadt Wien kennenlernt, sind eingängig erzählt, weil wir immer aus den Erfahrungen der Resi selbst die Neue Welt mit ihren Augen kennenlernen, wozu stark auch die ersten Blicke, Andeutungen und Gefühle für das andere Geschlecht gehören. Wechselseitig. An diesen Stellen zeigt sich besonders deutlich, daß dieser Roman sehr viel stärker zum Hören, denn zum Lesen geeignet ist. Denn beim Hören erscheint einem alles völlig natürlich, was beim Nachlesen immer wieder sperrig ausgedrückt oder sogar redundant wird. Wir haben gegenüber der mündlichen Sprache einfach eine größere Toleranz, eben auch beim Lesen eine tiefer angesetzte Toleranzschwelle, wo ein sprachlicher Ausdruck schnell banal klingt, auch wenn jeder so redet. Aber genau deshalb, auch wegen der vielen Dialoge, hat uns diesmal das Hörbuch einfach als sinnvolleres Medium gedient.

 

Die Hauptgeschichte entwickelt sich beim Bekanntwerden Resis mit den jungen Adeligen, besonders mit einem, den sie – leider - dem klassenbewußten Lukas vorzieht. Und das wird dann erst recht eine Geschichte wie aus dem vorherigen Jahrhundert, wo sie dieser junge Adelige des Geldes wegen nicht heiraten kann, der alte und reiche Kanakis dies aber ihrer Ehre wegen tun möchte. Schuss. Aus. Wien Mitte der 1950er Jahre? Sicher, solche Geschichten gab es immer. Und man muß ja nicht immer nur die zeittypischen erzählen.

 

 

INFO:

 

Elisabeth de Waal: Donnerstags bei Kanakis, Paul Zsolnay Verlag, Wien, 336 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 978-3-552-05672-5.

 

Elisabeth de Waal: Donnerstags bei Kanakis, Gekürzte Lesung, 5 CDs, 370 Minuten, gelesen von Hanns Zischler, Hörbuch Hamburg