Bildschirmfoto 2022 09 23 um 01.40.03Andreas Gruber läßt BKA-Profiler Maarten S. Sneijder in neuer Besetzung zur Hochform auflaufen

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Also, das muß man einfach sagen: Andreas Gruber ist ein verdammt guter Krimiautor, der alle diejenigen, die ungewöhnliche, ziemlich harte Geschichten lieben, in denen ungewöhnlich, ziemlich harte Burschen und speziell eigenartige, kluge junge Frauen agieren, immer wieder auf’s Neue überraschen kann und dabei eine Spannung aufbaut, die es in sich hat. Das Wichtigste: am Schluß fühlt sich die Leserin nicht getäuscht, was oft passiert, sondern kann die ganze Geschichte in ihrer Komplexität verstehen.

Wer BKA-Profiler Maarten S. Sneijder kennt, dem muß man nicht erzählen, daß er seine unverschämte Art, andere herunterzuputzen, seine schlechte Laune, die meist aus seinen tierischen Schmerzen im Kopf (Cluster-Kopfschmerz!), an seinen Untergebenen, aber auch an allen Unbeteiligten auszulassen auch in diesem, seinem siebten Todeskrimi um Sneijder und Sabine Nemez volle Pulle weitergeht. Wie auch sein Marihuana-Verbrauch die Schmerzen verdrängen soll und kann. Warum im Titel oben nur von Sneijder und nicht von Sabine Nemez die Rede ist, hat damit zu tun, daß der Krimi mit ihrer Beerdigung anfängt. Der letzte Fall hat auch Maarten an den Rand, Sabine aber den Tod gebracht. Die Beerdigung fand in München statt, als im Prolog von einem Brand auf einem Schiff, der Explosion und dem Untergang mit allen Leuten die Rede ist.

Um das Unglück genau zu sehen, sind die Insassen eines Autos, Polen, in der Bucht von Kaliningrad stehen geblieben, das alte Königsberg, heute eine russische Enklave. Doch dann entdeckt einer eine einzige Person, die vom Boot runtergesprungen war und trotz heftiger und eiskalter See, es bis zum Ufer, zum Auto schafft. Sabine Nemez. Daß dies jedoch erst einmal nicht bekannt wird, hat damit zu tun, daß sie in die Hände von Verbrechern fällt, Hackern, die in großem Stil Firmen und staatliche Stellen auskundschaften, stilllegen, um Riesensummen zu erpressen, was die zahlen, damit sie weiterarbeiten können. Als sie bei Sabine ihren BKA-Ausweis finden, nehmen sie sie mit, um durch Foltern die ihre bekannten Daten, Schlüsselwörter etc. vom BKA herauszubekommen.

Im Raum Wiesbaden wollte nach dem Tod von Sabine, Maarten auch nicht mehr weiterleben und als er gerade seinen Exitus vorhatte, kommt ein sekundenkurzer Anruf, wo er eindeutig Sabines Stimme hört. Sie ist in Gefahr, aber lebt. Sie zu finden, ist der eine Teil der Geschichte.

Geschickt flicht Gruber einen zweiten Teil in die Suche hinein. Ein pensionierter Richter aus Leipzig wird mit Frau und Tochter auf einem Campingplatz entführt. Nur, weil statt seiner Tochter dessen Freundin, die mitgefahren war, entführt wird, kommt nun Walter Pulaski – aus der Rachereihe des Autors – ins Spiel, denn die mitentführte Freundin ist seine Tochter. Wie nun der ruppige Pulanski mit dem BAK-Irren zurecht kommt und umgekehrt, macht eine der Lesevergnügungen aus. Das wird nur noch getoppt – ein richtig guter Einfall – durch neues Personal für die BKA-Ermittlergruppe von Sneijder, dessen letzte ja unterging. Die noch in der Ausbildung stehende Miyu wird von ihm ob ihrer speziellen Fähigkeiten ausgewählt. Sie ist Autistin einer speziellen Ausprägung, hat ein fast eidetisches Gedächtnis und – das muß man nach dem 582 Seiten schon konstatieren – spielt dem schlauen Maarten eindeutig die Ermittlerschau.

Mehr soll jetzt gar nicht verraten werden, vielleicht nur noch, daß es Gruber gelingt, die beiden Zipfel seiner Geschichten so ineinanderzuflechten, daß die ganzen vielen Seiten hindurch das Leserinteresse wach bleibt, fast süchtigmachend!

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Info:
Andreas Gruber, Todesrache, Thriller, Goldmann Verlag, September 2022
ISBN 978 3 442 49110 0