Bayer 8031"Leseland Hessen" in Fulda (1)
Thommie Bayer: "Sieben Tage Sommer"


Hanswerner Kruse

Fulda (Weltexpresso) - Während der  Reise ins „Leseland“ entführt uns der Maler und Autor Thommie Bayer in ein südfranzösisches Ferienhaus. Es gehört Max, einem der Protagonisten seines neuen Romans „Sieben Tage Sommer.“

„Ich danke dir für diesen Spionagejob schon jetzt, bevor er überhaupt angefangen hat, weil es ein Privileg ist, an diesem schönen Ort sein zu dürfen.“ So endet das erste Kapitel, in dem Anja ihre Ankunft in der Provence beschreibt. „Man glaubt, eine bisher unentdeckte Ecke des Paradieses als erster Mensch zu betreten.“ Max hatte sie gebeten, dort fünf alte Bekannte sieben Tage (im) Sommer zu bewirten und auszuspionieren. Wie sich bald herausstellt, verlor er einst durch einen Unfall nicht nur die geliebte Frau Judith, sondern auch seinen Lebenssinn: Der reiche Witwer versank im Schmerz und Rückzug, aus dem er nach langer Zeit wieder herausfand, als ihn in Südfrankreich zwei Verbrecher überfielen.

Eine Gruppe junger Leute rettete ihn, dabei kam einer der Räuber vielleicht zu Tode. Denn einer der Helfer - „Er spiele Handball. Er treffe eigentlich immer.“ - warf einen dicken Stein gegen den Mann, der dann verletzt von Felsen zum Fluss herunterstürzte. Die Clique meldete den Vorfall nicht der französischen Polizei, weil sie ihr nicht traute: „Dann sind wir jetzt eine Verschwörung.“ Erst später bemerkte Max, „dass ich mich in den letzten Stunden mit ihnen wohlgefühlt hatte. Seit Monaten hatte ich mich in Gesellschaft anderer wohlgefühlt.“ Dennoch blieb er Jahrelang immer nur locker in Kontakt mit seinen Rettern.

Bayers Vorstellung durch die Organisatorin Jutta Sporer entsetzt zunächst, weil sein Buch als E-Mail-Wechsel zwischen Anja und Max angekündigt wird. Doch der vielschichtige Briefroman in doppelter Ichform überzeugt und fasziniert bereits nach wenigen Seiten. Die Sprache ist genau und feinfühlig, aber auch ironisch ohne Zynismus. Und wie wunderbar ist es, vom Autor selbst vorgelesen zu bekommen. Bevor im Roman die Gäste eintreffen, erfahren wir bereits viel über die beiden Korrespondierenden, die wechselseitig ihre Geschichte erzählen.

Dann empfängt Anja die fünf Gäste, drei Männer und zwei Frauen, die sie liebevoll oder sarkastisch für Max – und natürlich uns Lesende – porträtiert: Julia und Hans „verwandelten sich von vergleichsweise natürlich Personen in offizielle Darsteller ihrer Zuneigung.“

Im Gegensatz zu vielen anderen Schreibenden, die bei „Leseland“ ihre Bücher vorstellten, liest Bayer einfach die ersten 15 „Mails“ - also meist kurze Kapitel - seines Romans vor, insgesamt etwa 30 Seiten. Er macht keine Sprünge im Buch, gibt keine Vorausschau auf weitere Ereignisse.

Der Vortrag in dieser Form ist ein genialer Einstieg des Autors, um potentielle Rezipienten anzuwärmen – ohne allzu viel zu verraten. Für die Besucher des Abends - und jetzt auch die Lesenden dieser Zeilen - ist das weitere Geschehen angerichtet: Der spannende Hintergrund, immerhin ein Kriminalfall, ist beschrieben, die eintreffenden Gäste sind porträtiert und viele spannende Fragen offen: Warum kommt Max nicht selbst um seine einstigen Retter zu treffen? Wie haben sich die Helfer und ihre Beziehungen untereinander entwickelt? Was wird in dem Ferienhaus in den nächsten sieben Tagen geschehen?

Foto:
Hanswerner Kruse

Info:
Thommie Bayer: Sieben Tage Sommer, 152 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen,
Piper-Verlag, 22 Euro