Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Da fühlen wir uns in unserem Element! Ein Kollege, der Krimis schreibt, Krimis, die ein Genre bedienen daß anderenortes Triumphe feiert: der historische Kriminalroman. Und Tilman Spreckeslen macht das wirklich gut! Wie Dr.John Watson, der Freund und ständige Begleiter von Sherlock Holmes, den Canon Doyle zum Erzähler der Geschichten und Abenteuer der beiden macht, fungiert auch Theodor Storms Schreiber Peter Söt als erzählerisches Ich. Das macht sich immer besser, als wenn der Ermittler selber in der Ich-Form schreibt. Das wäre zu aufdringlich und gerade Aufdringlichkeit ist weder der Stil von Storm noch der von Spreckelsen.
Ob er an Dr. Watson gedacht habe, als er Peter Söt erzählen läßt, ist sicher eine Frage, die ich stellen möchte, wenn heute Abend in der schönen Historischen Villa Metzler Tilman Spreckelsen über den fünften Fall seines Ermittlers, des Anwalts Theodor Storm (1817-1888) DAS NORDSEEKIND spricht und sich von Moderator Dierk Wolters befragen läßt. Hoffentlich fragt dieser auch nach den Hintergründen, warum die doch erfolgreiche Krimi-Serie, die bisher im Fischer Verlag erschien und für die er den Theodor-Storm-Preis erhielt, nun mit dem fünften Band im Aufbau Verlag herauskommt. Beides ehrenwerte Verlage. Der einzige äußere Unterschied bei den Ein-Wort-Titeln: bisher hieß es auf dem Titelumschlag EIN THEODOR STORM KRIMI, jetzt: THEODOR STORM ERMITTELT. Die Fälle sind abgeschlossen und man kann deshalb bei jedem Krimi einsteigen. Welche Personen eine Rolle spielen, teilt Spreckelsen in guter Chronistenpflicht am Anfang mit und führt immerhin 18 Personen mit Namen und Funktion auf, was das Lesen erleichtert, weil man zurückblättern kann, wenn man gerade mal eine Person nicht auf dem Schirm hat. Und wie es so geht, kommt gleich auf der ersten Seite ein Ove Hering ins Spiel, den ich sofort identifizieren will, der aber bei den PERSONEN nicht vorkommt. Mit Recht übrigens, er ist unwichtig, aber wichtig ist, daß er im kursiv gesetzten Text vorkommt, der einige Male erscheint und eine historische Gewaltszenerie auf der Burg beschreibt.
Kurzt die bisherigen Fälle
Band 1: DAS NORDSEEGRAB, der 2015 erschien und den DICHTER, ANWALT, ERMITTLER Theodor Storm samt seinem Gehilfen Söt in Husum vorstellt. Im Jahr 1843 geht es in Husum hoch her. Eine Leiche in einem Bottich voller Blut. Nur ist die Leiche keine aus Fleisch und Blut, sondern eine Wachspuppe. Woher also das Blut? Und dann wird die echte Leiche gefunden. Theodor Storm ist noch ganz jung, mit der Ausbildung fertig, als Anwanlt zugelassen und sehr beeinträchtigt und gleichzeitig auch gefördert dadurch, daß sein Vater der bekannte Rechtsvertreter in Husum ist, der alle kennt und zu dem alle rennen. Storm hat also auch Zeit, sich als Ermittler auszuzeichnen. Aber die Leute wollen nicht reden, er und sein Peter Söt spüren nur die Wut der armen Bauern, denen die Reichen ihr Schweigen entgegensetzen. Ein Schiffsunglück, das vergessen schien, wird von ihm aufgegriffen, was dann alles verändert und die Dinge in Fluß bringt, auch den Mörder.
Band 3: DER NORDSEESCHWUR kam 2017 heraus und wird als Theodor Storms gefährlichster Fall bezeichnet. Er stellt den Dichter und Ermittler in die historische aufgewühlte Zeit der Bewegung von 1848, die ja Jahre zuvor schon gärt. Das Sängerfest von Bredstedt bei Husum zieht Tausende an. Aber es geht weniger ums Singen, als um die politischen Ansichten der Sänger, die für die Herrschaft aufsässig und revolutionär klingen. Es ist die Zeit der Spitzel, international, den es geht hier oben in Husum auch um die Dänen und Kopenhagen, nachdem die eigentliche politische Macht in Mitteleuropa zwischen den Hohenzollern und den Habsburgern, also Berlin und Wien aufgeteilt ist. Und als beim Sängerfest auf einmal ein Ermordeter entdeckt wird, sind alle be- und getroffen. Und Storm muß sich auch politisch äußern.
Foto:
©Veranstalter
Info:
DONNERSTAG | 20. APRIL 2023 | 19 UHR
Ort: Historische Villa Metzler, Schaumainkai 17, 60594 Frankfurt am Main
Eintritt: 8 € | erm. 4€
Tilman Spreckelsen ist Autor, Publizist, Herausgeber und Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er wurde 2014 mit dem Theodor-Storm-Preis ausgezeichnet. Das Nordseekind ist sein fünfter Theodor-Storm-Krimi.
MODERATION: DIERK WOLTERS: Dierk Wolters ist Kulturredakteur mit den Schwerpunkten Kunst und Literatur bei der Frankfurter Neuen Presse.
Alle Aufzeichnungen und Livestreams der Frankfurter Premieren finden Sie in der MEDIATHEK auf www.frankfurter-premieren.de!
Frankfurter Premieren bei Facebook: FRANKFURTER PREMIEREN
Instagram: litffm
www.frankfurter-premieren.de
Eine Veranstaltung des Kulturamts Frankfurt am Main in Kooperation mit dem Kunstgewerbeverein in Frankfurt am Main e.V.