Frankfurter Premiere Spreckelsen Bild 4Der FAZ-Redakteur und Schriftsteller stellt seinen Theodor-Storm-Krimi DAS NORDSEEKIND  aus dem Aufbau Verlag am 20. April in Frankfurt vor, Teil 1/2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Da fühlen wir uns in unserem Element! Ein Kollege, der Krimis schreibt, Krimis, die ein Genre bedienen daß anderenortes  Triumphe feiert: der historische Kriminalroman. Und Tilman Spreckeslen macht das wirklich gut! Wie Dr.John Watson, der Freund und ständige Begleiter von Sherlock Holmes, den Canon Doyle zum Erzähler der Geschichten und Abenteuer der beiden macht, fungiert auch Theodor Storms Schreiber Peter Söt als erzählerisches Ich. Das macht sich immer besser, als wenn der Ermittler selber in der Ich-Form schreibt. Das wäre zu aufdringlich und gerade Aufdringlichkeit ist weder der Stil von Storm noch der von Spreckelsen.

Ob er an Dr. Watson gedacht habe, als er Peter Söt erzählen läßt, ist sicher eine Frage, die ich stellen möchte, wenn heute Abend in der schönen Historischen Villa Metzler Tilman Spreckelsen über den fünften Fall  seines Ermittlers, des Anwalts Theodor Storm (1817-1888)  DAS NORDSEEKIND spricht und sich von Moderator Dierk Wolters  befragen läßt. Hoffentlich fragt dieser auch nach den Hintergründen, warum die doch erfolgreiche Krimi-Serie, die bisher im Fischer Verlag erschien und für die er den Theodor-Storm-Preis erhielt, nun mit dem fünften Band im Aufbau Verlag herauskommt. Beides ehrenwerte Verlage. Der einzige äußere Unterschied bei den Ein-Wort-Titeln: bisher hieß es auf dem Titelumschlag  EIN THEODOR STORM KRIMI, jetzt: THEODOR STORM ERMITTELT. Die Fälle sind abgeschlossen und man kann deshalb bei jedem Krimi einsteigen. Welche Personen eine Rolle spielen, teilt Spreckelsen in guter Chronistenpflicht am Anfang mit und führt immerhin 18 Personen mit Namen und Funktion auf, was das Lesen erleichtert, weil man zurückblättern kann, wenn man gerade mal eine Person nicht auf dem Schirm hat.  Und wie es so geht, kommt gleich auf der ersten Seite ein Ove Hering ins Spiel, den ich sofort identifizieren will, der aber bei den PERSONEN nicht vorkommt. Mit Recht übrigens, er ist unwichtig, aber wichtig ist, daß er im kursiv gesetzten Text vorkommt, der einige Male erscheint und eine  historische Gewaltszenerie auf der Burg beschreibt. 

Kurzt die bisherigen Fälle 

Band 1: DAS NORDSEEGRAB, der  2015 erschien und den DICHTER, ANWALT, ERMITTLER  Theodor Storm samt seinem Gehilfen Söt in Husum vorstellt. Im Jahr 1843 geht es in Husum hoch her. Eine Leiche in einem Bottich voller Blut. Nur ist die Leiche keine aus Fleisch und Blut, sondern eine Wachspuppe. Woher also das Blut? Und dann wird die echte Leiche gefunden. Theodor Storm ist noch ganz jung, mit der Ausbildung fertig, als Anwanlt zugelassen  und sehr beeinträchtigt und gleichzeitig auch gefördert dadurch, daß sein Vater der bekannte Rechtsvertreter in Husum ist, der alle kennt und zu dem alle rennen. Storm hat also auch Zeit, sich als Ermittler auszuzeichnen. Aber die Leute wollen nicht reden, er und sein Peter Söt spüren nur die Wut der armen Bauern, denen die Reichen ihr Schweigen entgegensetzen. Ein Schiffsunglück, das vergessen schien, wird von ihm aufgegriffen, was dann alles verändert und die Dinge in Fluß bringt, auch den Mörder. 
 
 Band 2: DER NORDSEESPUK, im Jahr 2016 erschienen, läßt Stimmen über das Meer tönen. Das wäre nichts besonderes, aber es sind die Stimmen von Toten. Wir sind natürlich erneut in Husum, auch noch im Jahr 1843 und wieder einmal ist es Peter Söt, der die Dinge ins Laufen bringt. Er sieht  im Schlick des Hfenbeckens etwas aufglänzen, tatsächlich einen goldenen Pokal. Rasch geht er nach Hause, um Werkzeug zu holen, den Pokal zu bergen. Doch als er zurückkommt ist der Pokal weg, statt dessen liegt eine Leiche im Schlick. Aber das ist erst der Anfang. Es fällt auf, daß es in den Storm-Krimis gehäuft Todesfälle gibt. So auch hier. Und ein interessanter Hintergrund. Denn nicht erst heute lassen sich Leute gerne verführen, auch damals, konkret 100 Jahre vor Storm gab es in Husum und Umgebung eine Sekte, die auf der Insel Nordstrand ein Paradies auf Erden, einen Gottesstaat, errichten wollte.  

Band 3: DER NORDSEESCHWUR kam 2017 heraus und wird als Theodor Storms gefährlichster Fall bezeichnet. Er stellt den Dichter und Ermittler in die historische aufgewühlte Zeit der Bewegung von 1848, die ja Jahre zuvor schon gärt. Das Sängerfest von Bredstedt bei Husum zieht Tausende an. Aber es geht weniger ums Singen, als um die politischen Ansichten der Sänger, die für die Herrschaft aufsässig und revolutionär klingen. Es ist die Zeit der Spitzel, international, den es geht hier oben in Husum auch um die Dänen und Kopenhagen, nachdem die eigentliche politische Macht in Mitteleuropa zwischen den Hohenzollern und den Habsburgern, also Berlin und Wien aufgeteilt ist. Und als beim Sängerfest auf einmal ein Ermordeter entdeckt wird, sind alle be- und getroffen. Und Storm muß sich auch politisch äußern. 
  
 
Band 4: DIE NORDSEEFALLE erschien dann 2020 und führt die Husumer Storm und Söt auf die Insel Föhr. Dort residiert der dänische König in seinem Sommersitz und führt in seiner Entourage auch den Dichter Hans Christian Andersen mit sich. Wieso passieren diesem ständig Unfälle oder ist es andersherum, daß er in Fallen tappt. Und wer hat daran Interesse. Ausgangspunkt war ein Mord in Husum, was mit der Sage um die versunkene Stadt Rungholt zu tun hat und ihrer verschwundenen Schatzkarte. Das Besondere am Leben an der Nordsee ist, daß sie ein Mitspieler ist, nicht nur ein Meer. Und als Mitspieler heißt die Nordsee 'blanker Hans'. 

 

 Band 5: DAS NORDSEEKIND ist gerade , also Frühjahr 2023 herausgekommen. Eine verzwickte Geschichte. Wir sind in Husum im Jahr 1845 und noch immer hat der Anwalt Theodor Storm viel Zeit, sich allem Möglichen zu widmen, weil die Mandanten nicht Schlange stehen, sondern lieber zu seinem angesehenen Vater gehen. Doch auf einmal ist eine Frau da, die seine Anwaltsdasein braucht. Sie hat einen Mann dabei, aber es geht um sie und ihre Herkunft.. Sie wurde im Alter von drei Jahren entführt, behauptet sie und ist die Erbin der mächtigsten Familie auf der Nordseehalbinsel Eiderstedt. Natürlich gibt es einen Toten, aber dann muß Schreiber Stöt über einen Toten nach dem anderen berichten. Hängen die Morde zusammen? Was ist hier los, denn diese fremde Frau, die sich als Erbin bezeichnet und auch ein Amulett als Beweis mit sich führt, ist sehr undurchsichtig, mal unwirssch, dann schmeißt sie sich an Storm ran. Im Nachwort geht Spreckelsen auf  die Erzählung Storms ein, der seine Geschichte zugrundeliegt. Den mysteriöse Geheimbund von Frauen, der im Roman eine Rolle spielt, hat eine historische Grundlage. 

Mal sehen, was Tilman Spreckelsen zu seinem Kommissar noch zu sagen hat, der ja Privatermittler ist. 

Foto:
©Veranstalter

Info:
DONNERSTAG | 20. APRIL 2023 | 19 UHR
Ort: Historische Villa Metzler, Schaumainkai 17, 60594 Frankfurt am Main
Eintritt: 8 € | erm. 4€

Tilman Spreckelsen ist Autor, Publizist, Herausgeber und Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er wurde 2014 mit dem Theodor-Storm-Preis ausgezeichnet. Das Nordseekind ist sein fünfter Theodor-Storm-Krimi.

MODERATION: DIERK WOLTERS: Dierk Wolters ist Kulturredakteur mit den Schwerpunkten Kunst und Literatur bei der Frankfurter Neuen Presse.
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Eine Veranstaltung des Kulturamts Frankfurt am Main in Kooperation mit dem Kunstgewerbeverein in Frankfurt am Main e.V.