amusiert sich selberDIE HAND VON ODESSA läßt mit Amüsement gruseln

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Also, diese Zuschauer, besser: Zuhörer und in der Mehrheit Zuhörerinnen im Literaturhaus wünscht sich jeder und jede. Atemlos folgten sie den Ausführungen der Autorin Sally McGrane und den Fragen der Moderatorin Corinna Santa Cruz; klatschfreudig waren sie sowieso. Aber, sie hatten auch allen Anlaß!

beide lasenUns mußte niemand von der Qualität des wirklich besonderen Krimis DIE HAND VON ODESSA überzeugen. Wir hatten gleich nach dem Erscheinen und der Plazierung auf der Krimibestenliste gelesen und rezensiert. Aber einen so komplexen Roman, zu dem der erst einmal locker-lebhafte Beginn mit Explosion und Cafézerstörung dann aber wird, also eine so vielschichtige Handlung auch für die transparent zu machen, die DIE HAND VON ODESSA noch nicht kennen, ist schwierig, weshalb man der Moderatorin Respekt zollen muß, wie sie die verschiedenen Ebenen durch Fragen deutlich machte.

konzentriertNatürlich mußte erst einmal die Frage her, wie eine Amerikanerin aus Kalifornien, die in Berlin lebt, ausgerechnet einen Krimi über Odessa schreibt und darin Ortskenntnis zeigt und die Geschichte der Stadt kennt. Einen rasanten Krimi dazu. In der Kurzfassung: Sally McGrane hatte an der Uni eine Freundin, die in Odessa geboren, woher die Familie in die USA emigrierte, zu Hause nur Russisch spricht. Und das war noch nicht genug, auch die Schwiegermutter kommt aus Odessa! Also wurde Im Jahr 2002 eine Reise nach Odessa durchgeführt, zu der die Autorin eingeladen worden war. Es war Liebe auf den ersten Blick für Sally McGrane. Sie fand die Stadt fantastisch, aufregend, den Strand, die Architektur, die Geschichte. Odessa hat einfach eine besondere Energie, die ihr Auftrieb gibt.

Doch das war nur der Anfang. Sie kam immer wieder nach Odessa, weil sie dort Ruhe zum Schreiben fand und auch das Manuskript dieses Krimis ist dort entstanden. Daß die Autorin jetzt den Anfang auf Deutsch las, dann noch auf Englisch, erwartet das Publikum, das anschließend mehr über diese besondere Katze hört, Mr. Smiley „ein fetter, dreckiger Kater mit mausgrauem Fell, durchsetzt mit rattendunklen Flecken… Mr. Smiley ahnte die Dinge voraus und konnte rechtzeitig verschwinden…“ Mr. Smiley? Auf jeden Fall ein Lieblingsname vieler. Krimikenner müssen natürlich sofort an George Smiley denken, der literarischen Figur des britischen Schriftstellers John le Carré, der auch in seinem Welterfolg DER SPION, DER AUS DER KÄLTE KAM vorkommt. Na, wer weiß, vielleicht hat sich dieser Kater den Spion Smiley zum Vorbild genommen?! Auf jeden Fall kam der Kater an diesem Abend zu seinem Recht. Ihm hätten die Ohren klingeln müssen, was die Autorin zu seinem Lob äußerte: „Nein, der Straßenkater war keine schwierige Herausforderung. Smiley moderatorinist die ehrlichste, praktischste Figur, er reflektiert richtig gut. Ihm konnte sie ihre eigenen Erfahrungen und Ansichten in den Mund legen.

verfolgt die lesungOb sie beim Schreiben dieses rasanten, aberwitzigen, scharfsinnigen Krimis viel Spaß gehabt habe und wie sich Recherche mit Schreiben verband? Seit 2002 hat McGrane bis 2016 Recherche in Odessa betrieben, viele Interviews geführt und beim Schreiben des Krimis war es ihr eine richtige Befreiung, daß sie fiktiv schreiben konnte, wo sie sonst ihre politischen Artikel einem Faktencheck unterziehen muß.

Höchste Zeit vom Ex-CIA-Mann Max Rushmore zu sprechen, der in Odessa eine Kleinigkeit zu regeln hat, dann aber durch die Hand des örtlichen Gouverneurs, die in einem Faß Sonnenblumenöl in den USA auftaucht, alarmiert ist und einfach ermitteln muß. Das tut er und wir können davon ausgehen, daß er die Hintergründe entdeckt und die Täter zur Rechenschaft zieht. 

Dann wieder die Frage, wie es derzeit mit Reisen nach Odessa steht. Nein, seit dem Krieg war sie nicht wieder dort, aber schreibt derzeit in Berlin an einer Fortsetzung. Das nämlich interessierte das Publikum besonders. Serien sind einfach deshalb so beliebt, weil zum Bekannten das Neue, Aufregende dazukommt. Auch die Frage nach einer Verfilmung fand Platz. Eigentlich sieht man den Film schon vor den eigenen Augen, wenn man den Roman liest, so plastisch schildert die Autorin Personen und Handlung. „Aber nein“, erwidert sie und daß noch niemand nachgefragt hat. Das ist auf jeden Fall ein Fehler.

Wir aber sind zufrieden, daß es demnächst weitergeht mit Mr. Smiley und dem Ermittler Max in Odessa!

Fotos:
Wie man sieht, amüsiert sich die Autorin beim Vorlesen auch: Auf Deutsch zu lesen, fordert ihre volle Konzentration, weshalb sie entspannt zuhört, als die Moderatorin weiterliest.
©Redaktion

Info:
Lesung am Mittwoch 28. Juni im Literaturhaus Frankfurt
Bisherige Besprechungen und Ankündigung
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/27645-die-hand-von-odessa
https://weltexpresso.de/index.php/buecher/28782-spionage-am-schwarzen-meer

Sally McGrane: Die Hand von Odessa
Aus dem Englischen
von Diana Feuerbach
Voland & Quist, 411 Seiten, 24 Euro














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