der tod ist ein taenzer taschenbuch veronika ruschTod und Tanz im Wien und Berlin der Zwanziger Jahre, Teil 2/4

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die 1906 in St. Louis, Missouri, USA geborene Josephine Baker war in meiner Jugend eine allgegenwärtige Person. Sozusagen die Personifizierung der wilden Zwanziger, die nicht nur völlig neue Formen der Darbietung des menschlichen Körpers und seiner Beweglichkeit brachte, noch dazu fast nackt, sondern auch dadurch, daß sie eine, damals Negerin genannte schwarze Amerikanerin war, die in den dortigen Slums großgeworden, mißhandelt und ausgebeutet, zum angebeteten Star erst der Pariser, dann der Berliner Bühnen wurde.

Eine gute Idee von Veronika Rusch, diese geschichtsträchtige Person zum Mittelpunkt einer Josephine-Baker-Verschwörung in Berlin im Winter 1926 zu machen. Daß Sie in einem Nachwort ausdrücklich begründet, warum sie im geschichtlichen Roman von 1925/26 den Begriff ‚Neger‘ verwendet, ist der seltsamen heutigen Diskussion um Begriffe geschuldet. Wie irre wäre es denn gewesen, wenn die Nazis damals von Josephine Baker als Schwarze oder Afroamerikanerin gesprochen und geschrieben hätten.

Held dieses ersten Teils einer Trilogie ist Tristan Nowak, der sich heute Nowak nennt, aber mit anderem Namen in den Schützengräbern von Flandern die schlimmsten Kriegsfolgen erlebte, das grausame Sterben seiner Kameraden, ein völlig sinnloses Sterben und ein genauso sinnloses Morden der gegnerischen Soldaten, wobei das Wort ‚Mord‘ verpönt ist, im Krieg ist auf einmal alles erlaubt. Er ist der Neffe des linken Grafen von Seidlitz, der ihn zum Schutz der Diva aus Paris anheuert.

Der Krieg ging verloren und das konnten und können bestimmt Gruppen nicht aushalten. Das sind zum einen die ewig Gestrigen, die am liebsten am alten Kaiser festhalten täten und das sind, sehr viel virulenter, die neuen Kampftruppen der nationalsozialistischen Bewegung, der NSdAP.

Dabei wird ein offiziell in Flandern Gefallener, aber als einziger seiner Einheit Überlebender die geheime Figur, die im Hintergrund die Fäden zieht: Kurtz. Er hat es einfach, da Teile der Polizei wie anderer staatlicher Stellen gegen die Weimarer Republik eingestellt, den Terrorgruppen Raum geben, ihre Morde und Folterungen nur oberflächlich verfolgen, ja wie im Falle des Polizisten Hermann Gille sogar selbst den Attentäter stellen.

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Umschlagabbildungen

Info:
Veronika Rusch, Der Tod ist ein Tänzer. Die Josephine-Baker-Verschwörung, Piper Verlag 2021
ISBN 978 3 492 06241 1