Offener Brief des P.E.N.-Zentrums Deutschland an den türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan
Klaus Hagert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es ist guter Brauch, daß die deutsche Vereinigung des internationalen Schriftstellerverbandes für die Freiheit des Wortes, der P.E.N.-Deutschland – P.E.N. steht für Poeten, Essayisten und Novellisten, auf Deutsch Erzähler – zum Jahresende auf die dringendsten Mißstände für die Freiheit der Schriftsteller hinweist und die politisch Verantwortlichen anmahnt. Vor Weihnachten ging es wieder um das Schicksal des Chinesen Liu Xiaobo, jetzt um die türkische Situation, wo gerade 30 Schriftsteller zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden, 70 noch auf ihren Prozeß in Untersuchungshaft warten und jüngst 25 verhaftet wurden. Wir drucken den Brief des P.E.N. hier ab.
„Primeminister Recep Tayyip Erdogan
Türkiye Cumhuriyeti Basbakanlik
Vekaletler Caddesi
Basbakanlik Merkez Bina
P.K. 06573
Kizilay / Ankara
Darmstadt, 30. Dezember 2011
Euer Exzellenz,
als deutsche Sektion des internationalen PEN-Zentrums, dem weltweiten Zusammenschluss von Schriftstellern und Journalisten, wenden wir uns an Sie, weil wir zutiefst über das Schicksal der Schriftsteller und Journalisten in der Türkei beunruhigt sind, die Opfer von Verhaftungen und Verurteilungen wurden. Wir fühlen die Verpflichtung, uns an Sie zu wenden, weil unsere Nationen durch die Vergangenheit und die Entwicklung in der Gegenwart miteinander tief verbunden sind. Und wir wenden uns an Sie, weil die türkische Botschaft in Deutschland jegliche Antwort verweigert.
Obwohl die Türkei der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UN und der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet ist, bietet die gegenwärtige Lage ein beklagenswertes Bild. Zum Ende des Jahres sind 30 Schriftsteller zu Gefängnisstrafen verurteilt, mehr als siebzig befinden sich in Untersuchungshaft und harren ihres Prozesses, 25 wurden in jüngster Vergangenheit verhaftet. Die einzelnen Fälle sowie ihre große Zahl werfen ein trauriges Licht auf das Vorgehen der Justiz in der Türkei.
Das P.E.N.-Zentrum Deutschland fordert ein Ende der Verhaftungen und die Freilassung der Schriftsteller und Journalisten, die fest gehalten werden, weil sie nichts anderes taten, als von ihrem legitimen Recht auf Freiheit der Meinung und diese zu äußern Gebrauch zu machen. Wir fordern Sie auf, die Urteile aus der Vergangenheit überprüfen zu lassen und den Verfolgten die Freiheit zu geben. Unsere guten nachbarschaftlichen Beziehungen können sich nur weiterentwickeln, wenn sie nicht unter dem Schatten der Unterdrückung stehen.
Hochachtungsvoll
Johano Strasser, Präsident
Herbert Wiesner, Generalsekretär
Dirk Sager, Vizepräsident
P.E.N.-Zentrum Deutschland
Kasinostraße 3
D-64293 Darmstadt
Tel. 06151-23120
Fax 06151-293414
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