Zebras 0305 Kopie"Leseland in Fulda" Teil 1

Hanswerner Kruse

Fulda (Weltexpresso) - Es war ein typischer Vorabend im „Leseland“, an dem der Wahlfrankfurter Florian Wacker seinen Roman „Zebras im Schnee“ vorstellte. Der Autor entführte das Publikum ins Frankfurt der „Goldenen Zwanziger“, warf viele Fragen auf, ließ aber die Antworten offen. Verträumt und neugierig ging man mit seinem Buch nach Hause.

„Nicht schauen“, hat ihr Franziska ins Ohr geraunt, „nicht schauen! Wenn du schaust, machst du alles kaputt…“ Die jüdische Freundin aus reicher Familie schenkt Ella Burmeister eine Leica, die sensationelle kleine Kamera aus den 1920er-Jahren, die die Fotografie revolutionierte. Mit ihr wird auch Ella zur Fotografin, wie damals viele Frauen. Beide studieren Kunst im Frankfurter Städel, Max Beckmann, Alfred Döblin und andere Figuren tauchen in der Erzählung auf. Manchmal ist die Handlung so geheimnisvoll wie der Buchtitel, changiert zwischen Wirklichkeit und Fantasie. Einander schwören die Freundinnen, Künstlerinnen zu werden, die sich nur der Freiheit und Wahrheit verpflichtet fühlen…

„Niemand will mehr schlafen, niemand will etwas versäumen.“ Im „Neuen Frankfurt“ fotografiert Ella die moderne Großmarkthalle, die wegweisende Fritz-May-Siedlung. Sie wird bekannt, bewegt sich in der Boheme-Szene und entfremdet sich von Franziska. Dann ein großer Sprung: Richard, der Sohn der vor den Nazis in die USA geflüchteten Franziska, kommt 1973 als Kurator für eine Ausstellung nach Frankfurt. Hier will er auch herausfinden, wer Ella war, die Freundin seiner Mutter, die er auf Fotos entdeckte. Doch niemand weiß, was aus der seinerzeit recht bekannten Fotografin wurde.

Der Roman wechselt zwischen den zwei zeitlichen Erzählsträngen, nach und nach entfaltet sich ein Bild der fiktiven Ella Burmeister und ihrem künstlerischen Schaffen. Wackers Sprache ist präzise und alltäglich, es gibt viele Dialoge.

Doch der Autor poetisiert fabelhaft das Alltägliche, gemeinsam mit ihm träumt man sich in die Frankfurter „Roaring Twenties.“

Service 
Florian Wacker: Zebras im Schnee, Berlin-Verlag, 384 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, 24 Euro


Fotos:

© Hanswerner Kruse