böse herzenThriller von Karen Rose bei Knaur

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die Überraschung kam am Schluß, nachdem der Krimi sein Ende längst gefunden hatte. Da gibt es ein Verzeichnis der Romane von Karen Rose, wo BÖSE HERZEN der 27. Krimi der 1964 in den USA geborenen Autorin ist. Das sind ja fast so viele wie die 29 des 1954 in England geborenen Lee Child, der allerdings immer denselben Helden hat, dem wir bedingungslos in seinen Streifzügen durch die USA folgen. Aber von Karen Rose, Spiegel-Bestseller-Autorin, hatten wir noch nie etwas gelesen und können nur weitersagen, daß sie für ihre Städte-Serien bekannt ist, können aber nach diesen 537 Seiten auch sagen: sauberer Krimi, sauberer Thriller, wenn’s denn sein muß, interessantes Sujet auf jeden Fall!


Mit ‚sauber‘ ist einfach gemeint, daß die Autorin ihr Handwerk versteht und damit ist nicht nur das Schreiben gemeint, sondern ihre sorgfältige Recherche. So viel habe ich noch die über Seniorenresidenzen erfahren, über die unterschiedlichen Grade von Pflegefällen, die spezifischen Altersleiden etc. Und da es sich bei Shady Oaks Retirement Village in San Diego, Kalifornien um eine für gut, ja sehr gut betuchte alte und sehr alte Leute handelt, liegt es durchaus nahe, daß hier Verbrechen geschehen, die wie die meisten, wenn es nicht um persönliche Rache und Leidenschaftsmorde geschieht, pekuniäre Hintergründe haben. Kein Wunder etwa, wenn Bewohner Benny Dreyfus seine ererbte Münzsammlung im Wert von 4 Millionen Dollar in seinem Apartment aufbewahrt.

 

Doch die Mordserie geht mit dem 85jährigen, aber kerngesunden Frankie Flynn alias Frank Wilson los, der erstochen wird, und da arbeitet die Autorin in einem Schlag gleich mehrere Triggerpunkte unserer Zeit ab. Er ist ein gerühmter Ex-Polizist Wilson, der von seiner Frau einvernehmlich geschieden wurde, weil er den Mann seines Lebens kennenlernte und ihn heiratete, sogar dessen Namen Flynn annahm, was er erst tat, als er sich pensionieren lassen konnte und wegzog. Das ist über 40 Jahre her. Dennoch weiß die Ermittlerin Kit McKittrick, vom Pflegevater Kitty-Cat genannt, sofort, daß sie ihn schon einmal bei einer Pensionsfeier gesehen hatte. Doch in der Seniorenresidenz kannte man ihn nur als steinreichen Antiquitätenhändler, gemeinsam mit seinem vor zwei Jahren verstorbenen Mann; hier lebt er nur zum Teil und das auch nur wegen Benny, der mit der Schwester seines Mannes verheiratet war und ein guter Freund dazu ist. Der nun gibt sich die Schuld am Tod von Flynn, was aber Kit McKittrick erst mal nicht klären kann, da ja auch Benny auf einmal tot ist. Erst wird ein natürlicher Tod angenommen, sein Herz war angegriffen, erst viel später kommt durch die Blutuntersuchungen die Vergiftung durch Medikamente heraus.

 

Es gibt sofort einen Verdächtigen, den Leiter der Sicherheitsabteilung, Kent Crawford, liebestoller und geldsüchtiger Ehemann, denn die in allen Fluren installierten Überwachungskameras, zeigten Bilder, nur der Flur bei Flynn/Wilson nicht, der war genau zum Zeitpunkt des Mordes abgeschaltet. Doch dann wird auch dieser erpresserische und Frauenheld Crawford in einem Motel aufgefunden. Erst Selbstmord, dann eindeutig Mord. Die nächste Verdächtige ist die Heimleiterin Miss Evans. Denn längst hat sich herausgestellt, daß zum einen zwischen den beiden ein Techtelmechtel bestand, vor allem aber eine gewaltige Abzocke, so wurden die Rechnungen an das Heim jeweils um ein Drittel hochgesetzt etc. Und da Crawford sogar vor Frankie ermordet wurde – inzwischen muß man von Mord ausgehen – richtet sich nun die geballte Ermittlung gegen Miss Evans. Doch auf ihr Konto geht nur die gewaltige Abzocke mit Auslandskonten etc., die im Rahmen der Ermittlung auftauchen, für die Morde hat sie ein Alibi.

 

Es kommen so viele Verdächtige ins Spiel, wobei die Motive immer das Geld bleibt, die den Krimi rund um das Geschehen lebendig halten. Aha, ein wichtiger Hinweis sind die Schlüsselkarten zum Öffnen der Türen, die elektronisch mit Eigner, Tür und Zeitpunkt erfaßt werden. So wird tatsächlich dem Mörder auf die Spur gekommen, obwohl er auch die Plastikkarte anderer benutzt. Womit wir bei den Ermittlern wären, denn Detective Kit hat natürlich einen Partner, an den sie sich langsam gewöhnt: Connor Robinson, ein aufmerksamer Polizist, der die Probleme von Kit sehr schnell erfaßt hat, die Angst vor Nähe. So kann sie sich an Dr. Sam Reeves einfach nicht gewöhnen. Das hat einen guten Grund. Eigentlich mag sie den Psychologen,der auch die Alten betreut, allzu sehr und muß ihn deshalb meiden . Und so sind wir die ganzen Seiten hindurch Zeugen einer quälenden Annäherung. Also wirklich, so klippschulmäßig muß es nicht sein. Das ist einfach albern und geht auf die Nerven.

 

Aber dann macht die Autorin alles wieder gut. Die meisten Krimis enden mit der Überführung des/der Schuldigen. Aber hier wird sozusagen eine kriminalistische Beweisführung im Detail durchgeführt, das ganze Geschehen, das wir langsam und menschelnd gelesen hatten, wird zügig mit Schuldigen und Beweggründen zusammengefaßt. Die Krimihandlung, ganz abgespeckt. Das hat was.

 

Foto:
Umschlagabbildung


Info:
Karen Rose, Böse Herzen, Knaur Verlag, November 2023
ISBN 978 3 426 56092 1