hildurIsländische Krimis haben Hochkonjunktur, Teil 2/2

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Auch Hildur, die isländische Ermittlerin an der Westküste ist uns schon bekannt und damit auch die Autorin, die eine Finnin ist, die in Island die dortige Literatur studierte und hängen blieb. Natürlich, eines Mannes wegen, mit dem sie nun und den gemeinsamen Kindern in Island lebt und dort ihre isländischen Krimis schreibt – auf Finnisch! Aber sie sorgt immer dafür, daß Finnisches in den Romanen eine Rolle spielt.

 

So weit, wie hier, geht sie sonst nicht. Denn mitten im Lösungswirrwarr weiß die ermittelnde Hildur Rúnarsdóttir, daß sie der Sache in Finnland selbst auf den Grund gehen muß und dort auch fündig wird. Aber von vorne: an allem ist Jakob schuld! Den hatte sie als Praktikanten kennengelernt und da beide gut zusammenarbeiten und sich gut verstehen, ist er jetzt richtig angestellt in

 

Der Krimi beginnt im Juni 1988 in Äkäslompolo an der Westküste Islands, was nur der Vorspann zum heute ist: Dezember 2021 in Ísafjörður, ebenfalls Westküste. Hildur hatten wir schon bei ihrem ersten Auftreten kennengelernt, dieser ist ihr dritter und wieder spielen ihre Schwestern Björk und Rósa, von denen sie nichts wußte und die auf den Faröern aufwuchsen und lebten, eine große Rolle. Aber Rósa ist verschwunden, nur mit Björk hat sie eine innige Beziehung, die sie gerade zum Flughafen bringt, zurück nach Hause. Es ist Vorweihnachtszeit und dies bestimmt das Geschehen vielfältig. Nicht nur äußerlich, weil überall die Kerzen, der Glitzer und die Weihnachtsmusik ertönt, sondern weil Verbrechen, gleich mit einem weihnachtlichen Touch versehen werden, denn jedes von ihnen wird mit der Volkssage von den dreizehn Weihnachtsgesellen verbunden, wo Bergtrolle den Menschen was anhängen, das sind Fleischkraller, Kerzenschnorrer u.a. Übeltäter.

Deshalb ist ihr, als sie die Nachricht vom Tod eines Mannes, der aufrecht unter Wasser stand und dem Fleischerhaken durch die Schultern getrieben wurden, und sich der Zusammenhang mit den 13 Weihnachtsgesellen nach und nach herausstellt, auch übel zumute, denn es waren ja 13! Auf was muß sie sich einrichten?

 

Und tatsächlich geschieht ein Übel nach dem anderen, aber nicht mehr tödlich, sondern nur gemein. Gleichzeitig, und man ahnt lange nicht die Zusammenhänge, ist das Hauptthema, daß eine freie Radikale durch Islands Pferdezuchten schleicht und trächtigen Pferden, eine Unmenge Blut entnimmt und gleichzeitig eine Fehlgeburt einleitet, damit sie bald wieder trächtig sind und erneut Blut… Schrecklich allein beim Lesen. Das ist in zivilem Maß sogar öffentlich und erlaubt, aber das Blut wird diesen Mutterschaftspferden nur in geringer Dosis entnommen, weil es für bestimmte für Menschen lebensnotwendigen Medikamenten Verwendung findet.

 

Mitten in diesen Verbrechen wird Jakob zum zweiten Handlungsstrang. Der ist im Streit mit seiner Exfrau, die aus Finnland nach Norwegen gezogen ist, vor norwegischen Gerichten um das Sorgerecht um seinen Sohn ständig unterlegen und hofft nun, daß, da die Ex einen neuen Mann hat, der in Finnlands Norden eine gute Position annahm, sich die dortigen Gerichte in vom ihm betriebenen Sorgerechtsprozeß stärker um sein Vaterrecht kümmern. Außerdem wird er nach langer Zeit seinen Sohn wiedersehen.

Also muß Hildur einerseits in Island alleine die den Weihnachtsgesellen zugeschriebenen Taten aufzuklären versuchen, muß dann andererseits, weil Jakob in Finnland des Mordes verdächtigt wird, sofort dorthineilen. Ja, sie hat zu tun und jeder will etwas von ihr. Aber das, was in Finnland Jakob vorgeworfen wird: Mord an seiner Ex und deren neuen Mann, zwingt sie einfach in den Norden Finnlands, wo es genauso kalt und eisig ist wie in Island.

Kurzum, es gelingt ihr, die Morde aufzuklären. Nein, natürlich war es nicht Jakob, der am Schluß mit seinem Sohn nach Island aufbricht, wo Hildur, die Zuverlässige, tatsächlich die Untaten aufklärte und eine böse Überraschung erlebt, wer Mörder, wer Mörderin ist.

 

Und dann erleben wir Leserinnen eine böse Überraschung. Denn im Epilog, Juni 2022 im deutschen Baden stoßen ein isländisches Ehepaar, die einen großen Pferdehof betreiben, der zu Beginn des Krimis Tatort war, mit einem anderen Paar auf die finanziell gut verlaufenen Geschäfte mit dem Blut an und auch darauf, wie gut sie es verstanden hatten, in Island die drei Schwestern gegeneinander zu hetzen und dann auch noch ihre Verbrechen mit den 13 Weihnachtsgesellen zu garnieren. O Schreck, o Graus. Auf jeden Fall der Auftakt, daß es weitergeht mit Hildur.

 

Bißchen viel auf einmal, weniger wäre hier mehr gewesen. Und der strickende Jakob, der bisher so sympathisch war rastet mindestens zweimal zu sehr aus. Aber Hildur hat ein weiteres Herz als wir.

 

Foto:
Umschlagabbildung

 

Info:
Satu Rämö, Hildur. Der Schatten des Nordlichts, Heyne Verlag 10/2024
ISBN 978 3 453 42819 5

Die bisherige Serie besteht aus. 

Die Spur im Fjord (2022)

Das Grab im Eis (2023)

Der Schatten des Nordlichts (2023)

 

Besprechung in WELTEXPRESSO

https://weltexpresso.de/index.php/buecher/30211-hildur-die-spur-im-fjord-von-satu-raemoe