Serie: Wiedergelesen, Wiedergehört, Wiedergesehen, Teil 7
Felicitas Schubert
München (Weltexpresso) – Immer die Frauen! Opfer, auch wenn sie Täterinnen sind. Und meist beides zusammen. WER ZUERST LÜGT ist eine starke Geschichte! Ein durchtriebener Krimi auch. Was es alles gibt! Wieso das meiste in Amerika vor sich geht, ist einfach zu erklären. Dort ist der größte Markt für Spannungsliteratur und deshalb wird dort auch um die Wette geschrieben. Wenn es so fintenreich ist, wie hier, gerne. Schon der Ausgangspunkt hat es in sich.
Evie Porter ist 26 Jahre und daß sich der erfolgreiche und umschwärmte Ryan, den alle haben wollen, sie aussucht und sie bittet, zu ihm in seine repräsentative Südstaatenvilla zu ziehen, das würde das Herz jedes Mädchen höher schlagen lassen. Nur Evie hat jetzt ein Problem. Denn sie ist eine Erfindung, zwar ist sie ein echter Mensch, der aber nicht Evie Porter heißt, denn sie wurde ja gezielt in Ryans Nähe gebracht. Auftraggeber ist ein Mr. Smith (ohne Mrs. Smith) und sie ist eine Trickbetrügerin, die diesen armen Tropf Ryan bearbeiten sollte, daß er ihre Nähe sucht.
Das Gewirre mit den Namen ist nicht alles. Es kommt noch doller. Auf einer Party wird ihr Lucca Marino vorgestellt. Das kann nicht sein, denkt sie. Denn Lucca Marino ist sie doch selbst. Nur hat sie ihren eigenen Namen jahrelange nicht benutzt. Was ist hier los? Denn sie ahnt, daß die Falsche umgebracht wurde und ihr der Anschlag galt.
Das ist erst der Anfang. Was ist mit Ryan, ist er der, der er zu sein scheint. Die vielen Wendungen sind alle am Schluß nachvollziehbar.
Im Ernst hier haben Sie mal einen Krimi, der nicht mit Ihnen spielt, sondern ernsthaft durchdacht keine Fehler aufweist und sie wie von selbst zum Ende führt.
Info:
Ashley Elston, Wer zuerst lügt, Trhiller, Knaur Verlag 2024
ISBN 978 3- 26 52938 6
Jack Jordan, Die Schlafwandlerin bei Droemer
Krimis werden dann zu Psychokrimis, wenn es nicht nur um die Aufklärung von Fällen geht, sondern wenn die Hauptfigur in einen Zwiespalt gerät, beispielsweise, daß sie aus persönlichen Gründen handeln muß, dann aber ihr Mandat, ihre Aufgabe, die wichtigste Zielsetzung nicht mehr erreichen kann, schlimmer, wenn das eine das andere bedingt. In solch eine Situation ist die ehrgeizige Strafverteidigerin Neve Harper geraten. Sie gilt als beste Anwältin Londons und steht nun vor dem Dilemma, ob sie den anwaltlichen Kodex einhält, alles für den Mandanten zu tun, oder ob sie kneift, weil ihr angedroht wird, wenn sie den Fall gewinnt, würde das, was sie für immer verorgen hielt, ihr dunkles Geheimnis ans Licht kommen. Klingt doch gut und ist auch spannend, aber eben auch verstörend.
Denn der Mandant ist des Mordes angeklagt, des Mordes an seiner Frau und seinen Kindern. Schlimmer kann es nicht kommen. Aber Neve Harper glaubt an seine Unschuld, auch wenn alle möglichen Indizien gegen ihn sprechen. Außerdem ist sie so gut, daß sie auch Indizien in den Wind reden kann. Aber ihr ist wichtig, daß sie wirklich an seine Unschuld glaubt, was jetzt aber die moralscihe Zerreißprobe verstärkt. Kann sie gut weiterleben, wenn sie bei dem Wissen, daß ihr Mandant unschuldig ist, diesen verurteilen läßt, nur damit sie als die Frau Saubermann da steht, einen Ruf, den sie sich hart erarbeitet hat.
Erst einmal nimmt die Geschichte ihren erwartbaren Gang. Aber dann schlägt der Autor zu und bei der Gerichtsverhandlung kommt es zum ersten Höhepunkt, beim Urteil, dem sofort der zweite folgt. Es ist immer gelungen, wenn der Leser etwas anderes erwartet hatte und sich jetzt sagt: Natürlich, natürlich! Zufrieden konstantiert man, daß sich alles zum Guten wendet und dann auf den letzten Zeilen kommt eine Nachricht, die alles auf Anfang stellt. Raffiniert ausgedacht und spannend geschrieben.
Info:
Jack Jordan, Die Schlafwandlerin, Thriller, Droemer Verlag 2025
ISBN 978 3 426 44629 4
Clémence Michallon, Das Gästezimmer bei blanvalet
Wieder geht es um Sein und Schein. Das ist ja nicht nur ein Probleme bei Krimis, bzw. eine Tatsache, die schnell zu Kriminalhandlungen führt, wenn die Distanz zwischen dem, was wirklich ist und dem, wie es nach außen erscheint, allzu groß ist. Hier auf jeden Fall ist Vorsicht geboten, denn der allseits beliebte Witwer Aidan, der kein Wässserchen trüben kann und als fürsorglich und jederzeit hilfsbereit gilt, ist ein Verbrecher oder wie soll man das nennen, wenn einer eine Frau in seiner Gartenhütte gefangen hält und das schon seit fünf Jahren!
Doch jetzt muß er umziehen, wohin mit Rachel, wie er sie nennt. Sie bittelt und bettelt, daß sie ins Haus darf, ins Gästezimmer, wo sie dahin vegetiert und wechselnd an der Heinzung oder am Bett angekettet wird. Dabei ist doch Aidans Tochter in der Nähe. Und nicht nur das. Da gibt es auch eine neue Frau. Was bdeutet das für die Gefangene und Geschändete, denn Aidan vergeht sich an ihr?
Auch hier sind es die überraschenden Wendungen, die für den Krimi einnehmen. Und, wichtig, es läuft nicht ab wie sonst, wenn man von gefangenen Frauen und ihren Peinigern liest!
Info:
Clémence Michallon, Das Gästezimmer, Psychothriller, blanvalet 2023
ISBN 978 3 7645 0840 1