Gone Girl“, ein Psychothriller von Gillian Flynn aus dem Scherz Verlag

Martina Ober

Ingelheim (Weltexpresso) - Es herrscht Aufregung in Carthage, einer Kleinstadt in Missouri. An ihrem fünften Hochzeitstag verschwindet die 38jährige Amy Elliot Dunne spurlos. Die Verwüstung im Hause der Dunnes lässt den Schluss zu, dass es sich um ein Gewaltverbrechen handelt. Da die Ehe der Dunnes offensichtlich nicht glücklich war, ist es verständlich, dass sich die Polizei in ihren Ermittlungen auf den Ehemann, Nick Dunne, konzentriert.

 

Die Geschichte der Ehe erzählt Amy in ihrem Tagebuch. Vor über 5 Jahren haben sich die beiden in New York kennen gelernt. Der familiäre Hintergrund kann unterschiedlicher nicht sein. Nick Dunne, ein Journalist, aus einfachen Verhältnissen stammend und Amy Elliot, eine hochintelligente Psychologin, deren Eltern Amy als Inspiration ihrer erfolgreichen Kinderbuchreihe „Amazing Amy“ gewählt haben. Aus den Tagebuchaufzeichnungen geht hervor, wie sich die Beziehung im Laufe der Jahre, nicht zuletzt durch die Arbeitslosigkeit beider und den Umzug nach Carthage, den Amy nicht wollte, verschlechtert hat. Amys Anteil am Vermögen aus der Kinderbuchreihe ist aufgebraucht, nachdem sie Nick und dessen Zwillingsschwester Margo beim Erwerb einer Bar in Carthage finanziell unter die Arme gegriffen hat.

 

Die Sympathie des Lesers liegt klar auf Seiten Amys, die, ihren Tagebuchaufzeichnungen zufolge, noch unerschütterlich an eine Rettung der Ehe glaubt. Nick hingegen, der bereits über ein Jahr ein Verhältnis mit einer jungen Frau hat, sieht sich einem immer höher werdenden Berg an Belastungsmaterial gegenüber. Als bekannt wird, dass Amy schwanger ist, kippt die öffentliche Meinung vollends und er sieht sich gezwungen, einen Anwalt zu engagieren.

 

Wie sehr sind wir dann überrascht, dass wir uns geirrt haben: Die Tagebuchaufzeichnungen, die wir verschlungen haben, weil es in unser durch den Roman vorgegebenes Bild gepasst hatte. Doch Amy ist die Böse! Bereits über ein Jahr schon plant sie die Vernichtung ihres Mannes. Die Tagebuchaufzeichnungen hat sie nur zu dem Zweck geschrieben, den Glauben der Gesellschaft an Nick Dunne zu erschüttern. Sie hatte seine Bewunderung und Liebe verloren, er hat sie durch ein jüngeres Modell ersetzt. Damit kann „Amazing Amy“, verwöhntes Einzelkind ihrer Eltern, nicht umgehen.


Bis ins Kleinste plant sie die Schritte ihres Verschwindens, um dann im Verborgenen zuzusehen, wie Ihr Mann verurteilt wird für ein Verbrechen, das er nicht begangen hat. Nick Dunne ist sicherlich als Mensch unzulänglich, trotzdem gehört ihm ab sofort unsere Sympathie. Wird er es schaffen, einen Fehler im Lügengespinst seiner Frau zu entdecken und sich zu entlasten?

 

Man kann schon sagen: raffiniert aufgebaut. Leider aber kommt, trotz des Erzählwechsels zwischen Amys Tagebuchaufzeichnungen und Nicks Betrachtungen der erste Teil etwas langatmig rüber. Die Spannung baut sich nur zögerlich auf. Erst als wir Amys wahres Wesen durchschauen, kommt Fahrt in die Sache. Unerwartet dürftig ist auch der Schluss. Wo bleibt da die Gerechtigkeit? Oder denken wir vielmehr an Rache?



INFO:

Gillian Fynn, Gone Girl,Scherz Verlag 2014

Taschenbuchausgabe im Fischer Verlag 2014

 

Gillian Fynn, geboren 1971 in Missouri, hat 2012 mit GONE GIRL den Durchbruch als Schriftstellerin geschafft. Danach wurden noch zwei weitere Bücher, „Dark Places“ und „Cry Baby“, veröffentlicht, die aber nicht an die Popularität von „Gone Girl“ herankommen. GONE GIRL wurde auch durch eine breite Medienaufmerksamkeit zum Publikumsrenner.