Hugendubel bereitet in Frankfurt die Leser auf die Buchmesse vor: zwei völlig unterschiedliche Lesungen

 

Sibylla von Suden

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – „Mit 45 Jahren, 7 Monaten und 11 Tagen“ hat diese Nina Sedano aus Frankfurt ihren Lebenstraum wahrgemacht und hatte das letzte der 193 UN-Staaten besucht: Turkmenistan! Unglaublich, was diese Frau wie Du und ich in DIE LÄNDERSAMMLERIN aufgeschrieben hatte und nun vor vielen vielen Zuhörern las, erzählte und Fragen beantwortete.

 

Wir hüteten uns, zu sagen, was wahr ist, daß wir schon mehrmals in Turkmenistan waren, allerdings zu UDSSR Zeiten, damals hieß es Turkmenien, ein so typisches islamisches Land in Zentralasien wie es unter der Decke der Sowjets das gesamte Zentralasien war. Hier aber war Turkmenistan mit seinen 6, 7 Millionen Einwohnern (Hessen also vergleichbar) nur das Zipfelchen auf dem I, will sagen, der Abschluß dessen, was mit Österreich als dem ersten Ausland für das Kind Nina begonnen hatte.

 

Tja, wie wird man Ländersammlerin. Die Autorin, die so schlicht wie glaubwürdig ihr eigenes Leben zum Ausgangspunkt für Schreiben machte, sagte unumwunden. „Dem Leben einen Sinn geben“. Denn ihre berufliche Tätigkeit – daß sie, die ausgebildete Bürokauffrau, mit ausländischen Banken und dem Kreditwesen zu tun gehabt hat, das erzählte sie erst ganz zum Schluß – also, ihre berufliche Tätigkeit hat sie nicht vom Hocker gerissen, aber entscheidender war, daß sich da in ihrem Leben nicht das auftat, was ihre Kindheit prägte, nämlich eine fürsorgliche Mutter und liebevolle Oma, bei der sie äußerst behütet ohne einen Vater aufgewachsen war. Das heißt, da war kein Mann, kein Kind, also keine Familie, wie sie das für sich für selbstverständlich gehalten hatte und deshalb wählte sie einen Plan B.

 

Daß dieser Plan B dann im Reisen bestand, das lag auf der Hand, denn es lag ihr immer schon, in fremde Kulturen einzutauchen und das Leben anderer besser verstehen zu lernen. So fing ja ihr Ländersammeln auch an. Die 30 Urlaubstage im Jahr konnte sie genial strecken auf bis zu 80 Urlaubstage, denn ihr Büro in Niederrad machte es ihr möglich, bis Freitagmittag zu arbeiten, nachmittags dann die paar Kilometer weiter im Flughafen Frankfurt zu starten und immer erst Montags ganz in der Früh dort wieder zu landen und direkt ins Büro zu fahren. Doch eines Tages war ihr das nicht genug. Sie kündigte, um das ganze Jahr reisen zu können. Sich die Kugel geben, nannte sie das: die Weltkugel.

 

Tatsächlich wurde bei Nina Sedano das Lesen und das Erzählen eins. Sie ist eine sehr unprätentiöse Autorin, zu unterschwelligem Humor neigend, was sie auf ihre Affinität zu allem Englischen zurückführt, wohin sie früh gelangte, und was sie einschließlich der Distanz zu all zu großen Emotionen mit Hilfe des englischen understatement prägte, im mündlichen Erzählen genauso wie in der schriftlichen Form. Auch sie kam übrigens schnell, allerdings ohne Aufforderung, auf ihre Lektorin zu sprechen – nachdem ihr Buch erst einmal, was ihre Hörer - nein, fast alles Hörerinnen in etwas fortgeschrittenem Alter - nicht glauben mochten, von allen Verlagen abgelehnt worden war – und sie dann aber von Eden books gefunden wurde. Diese Lektorin wollte den Beginn des ersten Kapitels überschreiben mit DAS ERSTE MAL. Da dächte doch jeder an Sex, meinte Nina Sedano, eben, war die Antwort der geschäftlich sicher erfolgreichen Lektorin. Gemeint war jedoch

die allererste Reise ins Ausland.

 

Die Autorin las von ihrer Reise nach Kenia, wo es in Nairobi nicht nur heiß war, sondern etwas anderes ihr einen schalen Geschmack im Munde bereitete, woraufhin sie mit feinem Lächeln das auf dem Lesetischchen bereitstehende Glas frischen Wassers zum Munde führte. Es ging nach Ruanda, Burundi, aber wir wollen ihre Reisen nicht wiedergeben, denn die kann man im Buch nachlesen.

 

Interessanter ist uns die Fragebereitschaft des Publikums, wobei Nina Sedano diese keineswegs herauskitzelte, sondern eher immer wieder betonte, daß ja jetzt Schluß sei. Schluß eben auch, damit die Kaufwilligen sich ihr Leseexemplar durch ein Autogramm der Autorin veredeln können. Doch die vielen Fragen waren da und bekamen auch eine Antwort. Sie hat nie einen Laptop oder ein Handy dabei. Sie bringt auf ihren Länderreisen entsprechende Reiseführer mit, die oft überaltert sind, was dann bedeutet, daß sie sich selbst schlau machen muß. Da hilft eigentlich immer mit dem Bus im Land unterwegs zu sein, denn da trifft man auf kundige Menschen, wobei sie sich schon zu Hause nach billigen Unterkünften erkundigt hat

 

Ihr Fremdsprachenkenntnisse allerdings sind beachtlich und ob Französisch, Italienisch, Englisch sowieso, sie kann parlieren, wie es mit dem jungen attraktiven Franzosen geschah, der sie mitten in der unbekannten Welt ansprach: „Kann ich Ihnen helfen?“, seinen Mercedes anbot, was sie annahm und sie ...da aber sagte sie und zeigte, daß sie auch etwas vom Marketing versteht: „Da höre ich auf, das können Sie ja selbst weiterlesen.“ Offen beantwortete sie auch die Fragen danach, wie sie die Reisen finanziere, denn unterwegs arbeite sie nicht, das verböten einmal die nötigen Arbeitserlaubnisse und sie fahre ja in diese Länder, um dort Land und Leute kennenzulernen. Sie hat das auch für sie günstig organisiert, einmal war sie neun Monate unterwegs, das war Südostasien, und hat 12 Länder hintereinander besucht. Und in Frankfurt, was ihr Heimat ist und wo sie bleiben will, da hat sie eine Eigentumswohnung und lebt sehr einfach, mit Fahrrad und so....

 

Die Fragen betrafen nicht nur die einzelnen Länder und welche ihr besonders viel bedeuteten, sondern auch die Formalitäten, sprich Schwierigkeiten, in bestimmte Länder einzureisen, wobei es im Iran besonders schwierig war. Beharrlichkeit und die Einhaltung der formalen Bestimmungen, was im Falle Irans ein polizeiliches Führungszeugnis und eine Bestätigung des „HIV negativ“ Status war. Letzten Endes ist es aber das Unsagbare, was auch sie betonte, als die Frage nach dem Sternenhimmel in der Wüste kam. Das Reisen bringt dann eine solche Unendlichkeit des Gefühls mit sich – ihr ging es so im Sudan 2011 – und in der Weite der Wüste ohne Licht und dem Himmelzelt über einem, sei man sich selber auf eine ganz bestimmte Art sehr nach. Als ist Reisen eben immer auch eine Fahrt zu sich selbst.

 

 

INFO:

 

Nina Sedano, Die Ländersammlerin, Eden Books

 

Freitag, 12. September 2014, 17.30 Uhr

 

Eintritt frei

 

Buchhandlung Hugendubel, Steinweg 12