Von einem der auszog, sich selber zu loben und Fritz Bauer zu schmähen

 

Conrad Taler

 

Bremen (Weltexpresso) - Es passiert nicht alle Tage, dass sich ein Rezensent lobend über ein Buch äußert, an dessen Zustandekommen er maßgeblich beteiligt war. Da runzelt jeder die Stirn, weil das nach Eigenlob riecht. Andererseits hat Eigenlob den Vorteil, meint der englische Satiriker Samuel Butler der Ältere, dass man dick und genau an der richtigen Stelle auftragen kann.

 

Vielleicht meinte das auch der Archivar des Fritz-Bauer-Instituts, Werner Renz, als er für die Nassauischen Annalen (Band 125, 2014) eine Lobeshymne über die Fritz-Bauer-Biografie von Ronen Steinke verfasste. Die Danksagung seines gelehrigen Schülers ließ er in aller Bescheidenheit unter den Tisch fallen. „Mein Dank gilt dem Fritz-Bauer-Institut in Frankfurt am Main, das mir den Status eines Gastwissenschaftlers mit allen dazugehörigen fachlichen und technischen Hilfestellungen freundschaftlich gewährt hat. Allen voran Werner Renz, sachkundig und zu meinem Glück auch großzügig.“ 1)

 

Geradezu wohltuend sei es, meint Werner Renz, dass Steinke sich nicht in Verehrung mit Fritz Bauer beschäftige, sondern dass er ihn als Journalist und Jurist aus Fachinteresse zum Gegenstand eines Buches gemacht habe. Der Autor scheue nicht davor zurück, tradierte Tabus zu brechen. So frage er nach Bauers Judentum. In seinen Studienjahren sei Bauer aktives Mitglied einer vorwiegend von Studenten jüdischer Herkunft gebildeten Verbindung gewesen. Nach seiner Rückkehr aus dem Exil (1949) habe er sich, wie Steinke darlege, aber entjudaisiert. Im Wissen um die antisemitischen Ressentiments der Deutschen habe Bauer nach der überzeugenden Deutung des Autors „seine Herkunft meist sekretiert“, also verheimlicht. Er habe Anerkennung durch die Deutschen gesucht, weil er sich Einflussnahme und Überzeugungskraft nur versprach, wenn es zwischen ihm und den vormaligen Gefolgsleuten Adolf Hitlers keine Fremdheit, kein Anderssein gab. Steinke zufolge habe sich Bauer entschieden, „von allem Jüdischen Abstand zu nehmen, um dafür wenigstens als Deutscher voll anerkannt zu werden“.

Was für Unterstellungen! Fritz Bauer hatte es nicht nötig, zu täuschen und zu tricksen, er wollte sich nicht bei den alten Gefolgsleuten Hitlers anbiedern. Er entstammte einer assimilierten jüdischen Familie. Nach seinen eigenen Worten war er nur nach den Rassegesetzen Jude. Verfolgt und ins KZ gesperrt wurde er 1933 als Sozialdemokrat. Aus dem Richteramt wurde er 1933 aufgrund seiner politischen Betätigung entlassen. Bei der Rückkehr aus dem Exil hat er sich als politisch Verfolgter bezeichnet. Ihm nachzusagen, er habe, um als Deutscher voll anerkannt zu werden, von allem Jüdischen Abstand genommen, ist absurd. Fritz Bauer dachte nicht in den Kategorien des Parteiprogramms der NSDAP von 1920, das unter Punkt 4 bestimmte: „Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein.“

Dass in Deutschland so über Fritz Bauer geschrieben werden kann, ohne dass sich dagegen vernehmbarer Widerstand regt, ist beschämend.



Anmerkung:

 

1) Seite 278 , Ronen Steinke, Fritz Bauer oder Auschwitz vor Gericht, Piper Verlag

 

 

Info:

 

Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors Kurt Nelhiebel, auch als Conrad Taler bekannt, in Heft 19 der Zweiwochenschrift "Ossietzky" vom 13. September 2014