Der neueste Mira-Valensky-Krimi der diesjährigen Leo-Perutz-Preisträgerin aus dem Folio Verlag

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Kein Wunder, daß man gleich zu diesem eleganten Buch greift, das Rot auf Schwarz wie in einer Spiegelung eine kaum zu erkennende Maske zeigt. Kein Wunder, denn gerade hat Eva Rossmann den Krimipreis der Stadt Wien erhalten, den die Stadt nach ihrem Experten für das Unsichere, Böse, Zwiespältige und Unerklärliche auf der Welt Leo-Perutz-Preis nennt.

 

Bekommen hatte Eva Rossmann den zum fünften Mal verliehenen Preis für den Vorgängerroman MÄNNERFALLEN, den vierzehnten Fall, den Eva Rossmann von ihrer Superjournalistin Mira Valensky so nebenbei aufklären läßt, denn eigentlich kommt die ja aus dem eher heiteren Gewerbe und fing mal mit dem Schreiben über Lifestyle und entsprechendes Personal an. Aber wie sehr sich beide Bereiche: die Berühmten, Reichen und Schönen einerseits und die abgründigen Verbrechen andererseits berühren, das zeigt nun jeder der Mira-Valensky-Krimis von vorne. So auch hier.

 

Dabei hat Mira Valensky ihren internationalen Trip fortgesetzt. Spielte MÄNNERFALLEN noch in Sardinien und anderen Orten,wobei die Ereignisse in Wien den Ausschlag gaben, so fängt's auch diesmal in Wien an, führt uns aber hauptsächlich nach Zypern in dessen griechischen Teil, wobei allerdings die EU in Brüssel, die Mira Valensky auch besucht, der Dreh- und Angelpunkt ist – wenigstens als Verursacher der ganzen Misere. Daß wir alle aber die EU und ihre Absichten besser zu würdigen hätten, das liest sich auch aus den vernünftigen Zeilen. Wie anfangs im Theaterstück geht es auch im richtigen Leben um Vertrauen und Krisen, mit einem Wort, wie man mit Vertrauenskrisen umgeht, was Treue bedeutet, Konflikt und Aufklärung auch.

 

Sortieren wir erst einmal die private Welt der Mira, wobei es ihr mühelos gelingt, alle diese Menschen in die Aufklärung der Fälle zu involvieren, ja eher ist es umgekehrt, die beste Freundin Vesna Krajer mit ihren erwachsenen Kinder läßt nämlich keine Gelegenheit aus, Mira als Privatdetektivin und mittels perfekter digitaler Überwachung und Durchsuchung fremder Rechner entscheidend zur Hand zu gehen. Mit dabei ist auch wieder Kater Gismo und Oskar, der Gefährte des Lebens und auch des Kochens. Mit dabei ist auch der Vesna zugehörige gutaussehende und erfolgreich Fernsehproduzent Valentin, doch oh Schreck oh Graus, da tut sich was mit dem uns auch bekannten Hans Tobler, seines Zeichens erfolgreicher Autohändler und noch mehr. Das wollen wir hier nur andeuten, daß nicht nur Verbrechen geschehen, sondern auch private Eruptionen alles durcheinanderwirbeln, nur Oskar, Gismo und Mira nicht, denkt der Leser – bis doch tatsächlich am Schluß gerade diese naseweise Vesna das sagt, was uns seit vielen Krimis auf der Seele brennt: das übertriebene Getue um das gute Leben mit Oskar und die stets aufgetragene Zuneigung und Verbindlichkeit der Mira sei nichts anderes als tiefe Angst, tiefe Lebensangst vor etwas Neuem. Das finden wir auch.

 

Oh weh, was deutet sich da an für die nächsten Krimis, denn so dahergeplappert darf das ja nicht sein. Nun aber rasch zu dem Neuen im Roman. Der Ort bestimmt die Geschichte. Erst lernen wir in Wien ein EU-Theaterprojekt OTHELLOS ERBEN kennen und mit ihm den Hauptdarsteller Paulus Reisinger. Witzige Geschichte, vor allem die Doppelaufführung, nach dem echten Shakespeare geht’s im Zweiten Teil rückwärts nach vorne. Paulus Reisinger, der mit dem Stück und seiner Gruppe durch Europa touren wird, ist verbandelt mit der EU-Taskforce-Leiterin Dagmar Wieser auf Zypern, einer Deutschen, von der die Zentrale in Brüssel erhofft, daß sie das nach dem Zusammenbruch des Bankensystems in Zypern besser hinbekommt, als es in Griechenland gelaufen ist.

 

Doch,nachdem Mira diese Dagmar gerade kennen- und schätzen gelernt hat, ist sie tot. Erschlagen mit einem Leuchter. Der Hauptverdächtige, ein Freund Reisingers, der mit diesem undurchsichtige Geschäfte in Bruckthal im Weinviertel macht – Reisinger ist dort auch noch Bürgermeister – und eine EU-Kontrolle besonders scheut, der kann's nicht gewesen sein, denn er flog rechtzeitig nach Wien zurück. Reisinger wird verletzt aufgefunden und liegt im Koma. Selbstmord? War er der Täter aus Eifersucht auf einen jüngeren Griechen, von dem dann auch noch Liebesmails an Dagmar und vice versa gefunden werden.

 

Sehr undurchsichtig das Ganze, wozu hinzukommt, daß die vor Flugangst bibbernde Mira ständig umherfliegen muß, mehrfach nach Zypern, was ja Rückflüge nach Wien bedeutet und dann auch noch Brüssel. Uns ist es ab irgendwann zu viel Durcheinander geworden: zu viele Flüge, zu viele Orte, zu viele Menschen. Wenn Eva Rossmann sozusagen als Nachwort zweiundzwanzig Personen und Institutionen dankt, dann liegt für uns darin das Problem. Es sind einfach zu viele Ansprüche und Interessen unter einem Hut, von der EU und den europäischen politischen Problemen angefangen, bis zu den familiären Verwicklungen in Zypern, über die wir noch gar nicht berichtet hatten.

 

Für den nächsten Fall der Mira Valensky, das wird der 16. sein, wünschen wir uns von der Autorin eine viel einfachere Geschichte, die trägt und uns als Leser auf die Suche nach dem Mörder mitnimmt. In diesem Krimi auf jeden Fall vertraute die Autorin ihrer eigentlichen Geschichte nicht. Vielleicht sind wir auch so streng, weil uns MÄNNERFALLEN viel besser gefallen hatte. Aber dafür hat sie ja auch den Leo-Perutz-Preis bekommen.